Der Eisenarmut-Macher
Die Eisenwerte im Blut schwanken - je nach Lebensbedingungen oder Geschlecht. Doch folgt man den Theorien des Basler Arztes Beat Schaub, hätten Tausende von Menschen eine Eiseninfusion nötig.
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Gesundheitstipp 4/2007
18.04.2007
Tobias Frey
Der Arzt Beat Schaub streckt einen Apfel mit Nägeln in die Kamera. So behandelte man zu Grossmutters Zeiten Patienten, die zu wenig Eisen im Blut hatten. Der saure Apfel löst Eisen aus den Nägeln. Wer nachher den Apfel isst, nimmt auch gelöstes Eisen auf.
Schaub macht nur ein Spässchen: Für dieses Hausmittel hat der Basler Arzt wenig übrig: «Ein paar Nägel im Apfel genügen nicht», verkündet er auf der Titelseite der «Gesundheit Sprechstunde» (Ausgabe 05/2007). Schaub...
Der Arzt Beat Schaub streckt einen Apfel mit Nägeln in die Kamera. So behandelte man zu Grossmutters Zeiten Patienten, die zu wenig Eisen im Blut hatten. Der saure Apfel löst Eisen aus den Nägeln. Wer nachher den Apfel isst, nimmt auch gelöstes Eisen auf.
Schaub macht nur ein Spässchen: Für dieses Hausmittel hat der Basler Arzt wenig übrig: «Ein paar Nägel im Apfel genügen nicht», verkündet er auf der Titelseite der «Gesundheit Sprechstunde» (Ausgabe 05/2007). Schaub setzt auf modernste Technik: auf Infusionen, gelegt zum Beispiel in seiner Praxis in Binningen BL. Die Praxis nennt er auch «Eisenzentrum». In der «Gesundheit Sprechstunde» behauptet der Arzt, in der Schweiz leide «wahrscheinlich» eine Million Menschen an Eisenmangel. Damit wären Tausende ein Fall für eine Infusion. Schaub behauptet auch, die bisherigen Mindestwerte für Eisen im Blut seien zu tief.
Bis heute gilt: Die Konzentration für das gebundene Eisen im Blut, das Ferritin, soll in der Regel mindestens 30 Nanogramm pro Milliliter Blut betragen. Für Schaub hingegen sollten 50 die Norm sein und über 100 seien «optimal». Dafür rührt er in der «Gesundheit Sprechstunde» kräftig die Werbetrommel.
Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser ?ndet das absurd: «Der angestrebte Wert von 100 ist viel zu hoch.» Auch Etzel Gysling, Arzt und Herausgeber der Fachzeitschrift «Pharmakritik», bekräftigt, Fachleute seien sich über die Kriterien für Eisenmangel einig: «Und das ist ein Wert unter 30.»
Wie man aus gesunden Menschen Kranke macht
Die Behandlung mit Eiseninfusionen ist teuer: Sie kostet schnell 500 bis 1000 Franken. Die Krankenkassen müssen die Behandlung bezahlen, wenn Tabletten nicht genügend wirken. Ein einträgliches Geschäft für Eisenzentren und Infusionshersteller. Kein Wunder, kritisiert auch der Krankenkassenverband Santésuisse die Kampagne des Basler Eisenarztes. Sprecher Peter Marbet: «Das ist ein wunderbares Beispiel, wie man mit neu de?nierten Werten aus gesunden Menschen Kranke macht.» Marbet warnt: «Die Kosten für eisenhaltige Präparate steigen bereits heute stark an.»
Schaub weist die Kritik zurück: Die Kosten für wiederholtes Abklären von Symptomen und deren Behandlungen seien «wesentlich höher» als eine einmalige Eiseninfusion.
Die Praxis von Schaub ist nicht nur Eisenzentrum, er bezeichnet sie auch als «Forschungszentrum». Um seine Theorien zu belegen, beruft sich der Arzt in der «Gesundheit Sprechstunde» auf «zehn Jahre patientenorientierte Forschung». Er verweist auf Patientendaten, die er gesammelt und ausgewertet habe. Schaub erwähnt auch Studien, die seine Theorien belegen sollen. Doch weder Gysling noch Walser kennen Studien, die solche hohen Eisenwerte im Blut als Normen rechtfertigen würden.
Im «Gedankenaustausch» mit Eiseninfusionen-Herstellern
Schaub räumt ein, im «Gedankenaustausch» mit dem Hersteller von Eiseninfusionen zu sein. Auch arbeite das Zentrum «im Auftrag von Produkteherstellern». Trotzdem sei sein Forschungszentrum «völlig unabhängig», schreibt er dem Gesundheitstipp.
Wie man Eisenmangel erkennt und bekämpft
Hinweise auf Eisenmangel:
- Müdigkeit, Depressionen
- Schlafstörungen
- Kopfschmerzen, Schwindel
- Nackenverspannungen
Suchen Sie einen Arzt auf, wenn solche Symptome länger anhalten.
So kommen Sie zu mehr Eisen:
- Viel Eisen enthalten: Rotes Fleisch, Leber, Linsen, Vollkornprodukte, Nüsse, Mais
- Trinken Sie zum Essen Saures, der Körper kann das Eisen besser aufnehmen. Vitamin C hat die gleiche Wirkung
- Trinken Sie weniger Tee, Kaffee und Rotwein, sie hemmen die Aufnahme von Eisen im Darm. Das Gleiche gilt für Zink- und Kalziumpräparate
- Eisenpräparate sind rezeptfrei in jeder Apotheke erhältlich