Wenn die Pensionskasse das Traumhaus finanziert
Immer öfter finanzieren Versicherte ihr Eigenheim mit Pensionskassenguthaben, die man dafür beziehen oder auch bei der Bank verpfänden kann.<br />
K-Geld vergleicht die beiden Möglichkeiten.
Inhalt
K-Geld 1/2003
31.01.2003
Valentin Handschin
Sollen wir unsere Pensionskassengelder für die Haus-Finanzierung einsetzen? Diese Frage stellen sich Anna und Paul Rohrschacher. Das Ehepaar besitzt insgesamt 410 000 Franken Pensionskassenguthaben. Für die Finanzierung eines selbst bewohnten Eigenheims erlaubt das Gesetz den Vorbezug oder die Verpfändung dieser Gelder.
Das Haus kostete vor fünf Jahren 800 000 Franken. Darauf lasten eine erste Hypothek von 520 000 Franken und eine zweite von 120 000 Franken. Für die erste Hyp...
Sollen wir unsere Pensionskassengelder für die Haus-Finanzierung einsetzen? Diese Frage stellen sich Anna und Paul Rohrschacher. Das Ehepaar besitzt insgesamt 410 000 Franken Pensionskassenguthaben. Für die Finanzierung eines selbst bewohnten Eigenheims erlaubt das Gesetz den Vorbezug oder die Verpfändung dieser Gelder.
Das Haus kostete vor fünf Jahren 800 000 Franken. Darauf lasten eine erste Hypothek von 520 000 Franken und eine zweite von 120 000 Franken. Für die erste Hypothek zahlt das Ehepaar 3,5 Prozent Zinsen (18 200 Franken), für die zweite 4,5 Prozent (5400 Franken). Die jährliche Zinslast beträgt also 23 600 Franken.
Hypothekarzinsen darf man bei der Einkommenssteuer abziehen. Für Rohrschachers resultiert dadurch bei ihrem Grenzsteuersatz von 30 Prozent eine Steuer-Einsparung von 7080 Franken. Nach Steuern kostet ihre Hypothek deshalb 16 520 Franken (siehe Tabelle).
Anna und Paul Rohrschacher überlegen nun, ob es günstiger wäre, sich 120 000 Franken vom Pensionskassenguthaben ausbezahlen zu lassen. Damit könnten sie die zweite Hypothek vollständig amortisieren. Als weitere Möglichkeit prüfen sie eine Verpfändung der PK-Gelder, damit die Bank für die Hypothek einen günstigeren Zins offeriert.
In speziellen Fällen ist der Vorbezug besser
Mit der Rückzahlung der zweiten Hypothek kann man das Budget entlasten. Wenn das Ehepaar aber seine Altersvorsorge nicht schmälern will, muss es mehr Geld fürs Alter sparen: Da Pensionskassenguthaben derzeit mit 3,25 Prozent verzinst werden, entgehen den Rohrschachers bei einem Vorbezug von 120 000 Franken jährlich 3900 Franken Zinsen. Das heisst, das Vorsorgekapital wächst entsprechend langsamer. In dieser Rechnung sind zudem die Zinseszinsen nicht enthalten, die umso stärker ins Gewicht fallen, je mehr Zeit bis zur Pensionierung verbleibt.
Auch die steuerlichen Folgen muss das Ehepaar einkalkulieren: Die Amortisation der zweiten Hypothek führt zu einem geringeren Steuerabzug (siehe Tabelle). Berücksichtigt man die entgangenen Zinsen des vorbezogenen PK-Kapitals, würde die Finanzierung des Hauses das Ehepaar mit jährlich 16 640 Franken belasten - 120 Franken mehr als bisher! Diese Lösung ist deshalb nicht attraktiv.
«Unter dem Strich spart man mit dem Vorbezug von Pensionkassenkapital in den meisten Fällen nichts», bestätigt Peter Bannwart, Kundenberater beim Hypothekenzentrum Zürich. «Trotzdem gibt es Situationen,in denen der Kapitalbezug die beste Lösung sein kann.» Das zeigen einige Beispiele:
- Mit Vorbezügen kann die Besteuerung der Kapitalauszahlung von PK-Guthaben reduziert werden.
Versicherte, die sich im Hinblick auf die Pensionierung für die Variante Kapitalbezug entschieden haben, können die Kapitalauszahlung in Tranchen aufteilen und damit Steuern sparen. Diese sind nämlich von der Höhe der jeweils ausbezahlten Summe abhängig und betragen zwischen 6 und 15 Prozent.
- Versicherte, für die eine eingeschränkte Verfügungsgewalt über ihr PK-Guthaben ungünstig ist, sollten ebenfalls die Variante Vorbezug wählen.
Über das in der Pensionskasse angesparte Vorsorgekapital kann man nicht frei verfügen, man kann es zum Beispiel nicht vererben. Personen, deren Lebenspartner oder Erben im Todesfall keinen Anspruch gegenüber der Pensionskasse haben, sind dadurch im Nachteil.
Anstatt möglichst viel Kapital in der Pensionskasse zu bilden, kann man mit einem Vorbezug die Hypothek reduzieren und dafür selber mehr - frei verfügbare - Ersparnisse anlegen.
- Für manche Eigenheimbesitzer sind die Hypothekarzinsen finanziell plötzlich nicht mehr tragbar - zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit.
Dann sind die Eigentümer unter Umständen gezwungen, die Zinsbelastung mit einem Vorbezug zu reduzieren. Bessert sich die finanzielle Situation dann wieder, kann man die entstandene Vorsorgelücke durch zusätzliche Ersparnisse wieder kompensieren.
Das Ehepaar Rohrschacher entscheidet sich für eine Verpfändung. Dies bedeutet, dass ihre Pensionskassengelder als Sicherheit hinterlegt werden. Da PK-Guthaben ein erstklassiges Pfand sind, kann die Bank damit ihr Kreditrisiko reduzieren. Sie verzichtet deshalb darauf, für die zweite Hypothek einen höheren Zins zu verlangen, sondern verlangt wie für die erste Hypothek 3,5 Prozent (siehe Tabelle). Die jährlichen Hypozinskosten betragen nun noch 15 680 Franken - 840 Franken weniger als ohne Verpfändung!
Viele Banken geben günstigere Zweithypotheken
Peter Bannwart vom Hypothekenzentrum zieht Bilanz: «Die Verpfändung ist meist die bessere Lösung als der Vorbezug.» Das Geld bleibt bei der Pensionskasse und wird dort weiterhin verzinst. Bei Tod oder Invalidität gibt es keine Minderung der Pensionskassenleistungen.
Die Verpfändung von Vorsorgegeldern reduziert das Kreditrisiko: Viele Banken wie die UBS und die meisten Kantonalbanken gewähren dann günstigere Kredite.
«Wir bringen eine mögliche Verpfändung von Pensionskassengeldern zur Sprache, wenn weniger als 20 Prozent Eigenkapital vorhanden ist», sagt Jeannette Wild von der Raiffeisen-Gruppe. «Bei einer Verpfändung gewähren wir bei der zweiten Hypothek 1 Prozent Zinsrabatt.» Bei manchen Versicherungen - etwa bei Zürich Leben - ist die Verpfändung aus reglementarischen Gründen nicht möglich.
Zurückhaltend ist man bei der Migrosbank. «Wir stehen sowohl der Verpfändung als auch dem Vorbezug skeptisch gegenüber», erklärt Ruedi Vetter von der Abteilung Finanzierungsentscheid Gesamtbank. «Wenn ein Kunde es wünscht, gehen wir darauf ein, machen ihn aber deutlich auf die Risiken aufmerksam. Zudem lassen wir eine allfällige Leistungsminderung von seiner Pensionskasse berechnen und nötigenfalls durch zusätzliche Versicherungen abdecken», sagt Vetter. Eine zweite Hypothek werde trotzdem nicht günstiger.
Ursula Gut vom CS-Produktmanagement Hypotheken sagt: «Credit Suisse hat keine Einwände gegen das Verwenden von Pensionskassenguthaben. Bisher haben wir meistens den Vorbezug vorgeschlagen, denn so bringt der Kunde Eigenkapital ein.»
Gut betont aber, dass die CS diese Geschäftspolitik gerade überarbeite. «Wir werden die Verpfändung dem Vorbezug gleichstellen.» Ob die Credit Suisse in Zukunft gegen Verpfändung von Vorsorgegeldern generell günstigere Zinsen für zweite Hypotheken gewähren wird, wird derzeit geprüft.
Was Sie beachten sollten
- Konkubinatspaare müssen die Immobilie im Miteigentum erwerben, wenn sie Vorsorgegelder für die Finanzierung einsetzen. Stirbt ein Partner, verlangt die PK vorbezogene Guthaben zurück, da sie keine Ehegattenrente schuldet.
- Bis zum 50. Altersjahr können alle angefallenen PK-Gelder beansprucht werden. Über 50-Jährigen steht die Hälfte des PK-Vermögens zur Verfügung - sofern das Guthaben höher ist als mit 50 - oder der Betrag, der sich bis zum 50. Altersjahr angesammelt hat.
- Offerten mehrerer Banken oder Versicherungen einholen: Nicht alle Anbieter gewähren «günstigere» zweite Hypotheken, wenn Sie Pensionskassengeld einsetzen.
- Manche Banken lassen das gesamte Guthaben bei der PK verpfänden, obwohl die Hypothek viel tiefer ist. Der verpfändete Betrag sollte deshalb nicht höher sein als 110 Prozent der betreffenden Hypothek.
- Pensionskassen benötigen für die Auszahlung der Guthaben bis zu sechs Monate Zeit. Das kann den Hauskauf verzögern.
Vorbezug oder Verpfändung?
Das sind die Vor- und Nachteile des Vorbezugs von Pensionskassengeld:
+ Kleinere Hypothekarschuld
+ Zinslast wird reduziert
+ Grösserer finanzieller Spielraum
+ Man kann Ersparnisse bilden, über die man frei verfügen darf
+ Man kann die Steuern auf Kapitalbezügen reduzieren
- Schmälert das Guthaben bei der Pensionskasse
- Bei Invalidität oder Tod zahlt die PK weniger Geld
- Keine Zinsen auf dem vorbezogenen Kapital
- Es muss mehr Geld fürs Alter gespart werden
- Es können weniger Hypozinsen von den Steuern abgezogen werden
- Wird die Immobilie verkauft oder vermietet oder stirbt der Versicherte, muss das bezogene Geld an die PK zurückbezahlt werden
Vor und Nachteile der Verpfändung:
+ Die zweite Hypothek gibt es bei den meisten Banken zum Zinssatz der Erstrang-Hypothek
+ Es entsteht keine Vorsorgelücke, das angesparte Kapital bleibt bei der PK und wird weiterhin mit 3,25 % verzinst
- Auf Pensionskassengelder können Gläubiger nicht zugreifen. Dieser Schutz geht durch die Verpfändung verloren. Wenn die Hypothek nicht ordnungsgemäss verzinst oder zurückbezahlt wird, kann die Bank das Pfand verwerten.