Kundenkarten - Schöne neue Kartenwelt
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saldo 10/2000
24.05.2000
Grossverteiler scheuen keinen Aufwand für ihre Kundenkarten: Sie locken mit Prämien und Rabatten. Einkäufer bezahlen dies mit persönlichen Daten.
Die Zuschriften an die Redaktion endeten bereits vor dem Beitrag im Kassensturz mit markigen Urteilen: "eine Frechheit", "unbrauchbar", "lächerlich". Grund des Ärgers ist die neu eingeführte Coop-Supercard.
Rückblende: Vor drei Jahren kam die Migros mit der M-Cumulus-Karte auf den Markt, Coop zieht nun nach: Die al...
Grossverteiler scheuen keinen Aufwand für ihre Kundenkarten: Sie locken mit Prämien und Rabatten. Einkäufer bezahlen dies mit persönlichen Daten.
Die Zuschriften an die Redaktion endeten bereits vor dem Beitrag im Kassensturz mit markigen Urteilen: "eine Frechheit", "unbrauchbar", "lächerlich". Grund des Ärgers ist die neu eingeführte Coop-Supercard.
Rückblende: Vor drei Jahren kam die Migros mit der M-Cumulus-Karte auf den Markt, Coop zieht nun nach: Die alte Profitcard wird durch die Supercard ersetzt. Das Prinzip: Wer bei Coop seine Supercard vorweist, erhält neu Punkte gutgeschrieben. Dafür gibts ein Geschenk, das die Punktesammler aus einem Katalog auswählen.
Grossverteiler im 21. Jahrhundert setzen wieder auf eine Methode, die schon der Tante-Emma-Laden kannte, um Kunden bei der Stange zu halten: die Rabattmärkli. Doch in der Sprache der Marketingleute heissen diese heute "Kundenbindungs-Programme". Der Zweck bleibt derselbe: Wer mehr einkauft, wird mit Rabatten oder Prämien beschenkt.
Migros: "Wir wollen die Daten der Kunden nutzen"
Die neuen Kundenkarten sind jedoch mehr als Rabattmärkli. Ebenso wichtig wie das Binden der Kunden ist ihre Erfassung und Auswertung. Wer seine Karte vorweist, hinterlässt seine Einkaufsdaten: Was wann wo eingekauft wurde, wird gespeichert.
Migros und Coop wenden aber ein unterschiedliches Verfahren an. "Wir wollen diese Daten nutzen und haben dies von Anfang an den Kunden mitgeteilt", sagt Christian Arpagaus, Verantwortlicher von Migros Cumulus. Dadurch könne Werbung viel gezielter verschickt werden. Technisch ist die Migros aber noch gar nicht so weit, dass die einzelnen Produktedaten ausgewertet werden können. Das soll sich laut Arpagaus bald ändern. Wer übrigens seine Adresse für M-Cumulus sperren lassen will, kann dies bei der Anmeldung angeben oder nachträglich noch machen.
Anders die Haltung von Coop. "Uns interessiert der gläserne Konsument nicht", lässt Coop-Chef Hansueli Loosli seit Jahren verlauten. Dennoch steht in den Geschäftsbedingungen zur Supercard, dass der Inhaber Coop gestatte, seine Adresse für Marketingzwecke zu verwenden. Ein Widerspruch? "Wir erfassen den Gesamtumsatz, nicht aber die einzelnen Produkte der Einkäufe", versicherte Jörg Ackermann, Mitglied der Coop-Geschäftsleitung, im Kassensturz. Auf die Frage, ob dies auch in Zukunft gelte, antwortete er: "Wir haben uns momentan dazu verpflichtet."
Kunden bezahlen die Rabatte mit ihren Daten
Doch aufgepasst, im Kleingedruckten steht: "Mit der ersten Verwendung der Supercard anerkennt der Karteninhaber unwiderruflich die vorliegenden allgemeinen Bedingungen." Wer also seine Adresse für Werbezwecke sperren lassen will, muss dies zuvor beim Kundendienst der Supercard veranlassen.
Erstaunlich. Coop erfüllt damit bereits die Bedingungen des Datenschutzes. Kosmas Tsiraktsopulos, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten: "Diese Programme sind legitim, vorausgesetzt, dass die Kunden wissen, wofür ihre Daten verwendet werden." Doch den Einkäufern müsse bewusst sein: "Gratis sind solche Rabatte und Geschenke nicht - vielmehr erhalten sie Ware gegen Information."
Pasquale Ferrara