Im Garten blühts auch ohne Torf
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K-Tipp 8/2002
17.04.2002
Ein Grossteil der in Läden erhältlichen Erde schadet der Natur
Die meisten Sorten der bei uns verkauften Garten- oder Balkonerde enthalten noch immer Torf. Das ist überflüssig, denn es gibt umweltfreundliche Alternativen.
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Die Menge Erde, die Frau und Herr Schweizer jedes Jahr im Frühling aus den Läden sackweise nach Hause schleppen, würde die grosse Zürcher Bahnhofshalle gut zweimal füllen. Insgesamt...
Ein Grossteil der in Läden erhältlichen Erde schadet der Natur
Die meisten Sorten der bei uns verkauften Garten- oder Balkonerde enthalten noch immer Torf. Das ist überflüssig, denn es gibt umweltfreundliche Alternativen.
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Die Menge Erde, die Frau und Herr Schweizer jedes Jahr im Frühling aus den Läden sackweise nach Hause schleppen, würde die grosse Zürcher Bahnhofshalle gut zweimal füllen. Insgesamt sind es gegen 300 000 Kubikmeter.
Heimgebuckelt wird querbeet alles, was den Pflanzen Freude machen soll: Balkonerde, Topferde, Zimmerpflanzenerde, Nährhumus, Kübelpflanzenerde, Rosenerde, Universalerde und, und, und. Das Angebot an Mischungen für jeglichen Zweck und Ort ist riesig.
Das Gros der verkauften Erde stammt aus dem Ausland - hauptsächlich aus Deutschland, Frankreich sowie Osteuropa. Bei Jumbo macht der Anteil ausländischer Erde 100 Prozent, bei Coop 66, bei Migros 51 und in den Gartenzentren 30 Prozent aus.
Ausländische Erde ist in der Regel mit Torf vermischt. Und das ist aus Gründen des Umweltschutzes bedenklich. «Beim Torfabbau werden ganze Moorlandschaften unwiderbringlich kaputtgemacht», erklärt Hans Grob, Gartenberater bei Bioterra, der Zeitschrift für biologischen Land- und Gartenbau. Für ihn ist das eine sinnlose Umweltzerstörung, die hierzulande «dank des umfassenden Moorschutzes längst verboten ist».
Schweizer Rohstoffe ersetzen Torf
Stefan Hebeisen, Verkaufsleiter bei Ricoter, dem grössten Hersteller von Garten- und Balkonerde, stimmt Grob zu. Auch für ihn sind Torfzusätze, die den Säuregehalt des Bodens senken, im Hobbybereich unnötig. «Sie lassen sich weitgehend durch andere und zudem nachwachsende Rohstoffe ersetzen», sagt er. Entsprechende Produkte sind längst auf dem Markt.
Nebst dem völligen Verzicht auf Torf haben diese Erdeprodukte weitere Vorteile: Sie werden mehrheitlich in der Schweiz und aus Abfallmaterial hergestellt, das zum Beispiel bei der heimischen Zuckerrübenernte anfällt. «Ein sinnvoller Kreislauf», findet Hebeisen. Zudem entfallen bei heimischer Erde die langen internationalen Transportwege.
Fachleute empfehlen Hobbygärtnern deshalb, beim Kauf von Erde und bei der Verarbeitung auf folgende Punkte zu achten:
- Kaufen Sie torffreie einheimische Erde. Gartenzentren und Grossverteiler bieten zudem immer mehr naturnah oder biologisch hergestellte Produkte an.
- Gärtnereien, gemeindeeigene und lokale Kompostwerke verkaufen frische Erde in verschiedenen Qualitäten auch im Offenverkauf.
- Erde in Säcken: Die Verpackung sollte ganz sein. Löchrige Säcke lassen die Erde während der Lagerung austrocknen. Die für gesunden Boden wichtigen Mikroorganismen sterben ab. Prüfen Sie in solchen Fällen mit den Fingern, ob die Erde noch feucht ist.
- Öffnen Sie die Verpackung ein paar Stunden, bevor Sie die Erde brauchen. Durch die Lagerung ist die Erde stark gepresst. Frische Luft lockert sie.
Sortenvielfalt: «Trick zur Verkaufsförderung»
Ein Problem aber, mit dem sich der Hobbygärtner in den Gartenabteilungen konfrontiert sieht, löst die Checkliste nicht: Die Frage, ob der Käufer seinen Geranien nun Geranien-, Topf- oder Balkonerde respektive den Setzlingen Aussaat- oder Universalerde kaufen soll, steht und fällt mit der persönlichen Gartenphilosophie.
Ricoter bietet, wie andere Hersteller auch, eine Palette von Erdmischungen an. Für Manager Stefan Hebeisen macht das Sinn, denn jede Pflanze habe andere Ansprüche, nicht nur an den Standort, sondern auch an die Beschaffenheit und die Zusammensetzung des Bodens. «Wir testen das selber aus und die Resultate geben uns Recht», sagt er.
Biogartenfachmann Grob sieht das völlig anders. Nach seiner Erfahrung deckt eine gute Komposterde die meisten Ansprüche der Pflanzen rund ums und im Haus genügend ab. Das grosse Angebot an Spezialerden sei vorwiegend ein «Trick zur Verkaufsförderung».
Fundamental will sich Grob aber nicht geben. «Die Kunden müssen selber entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen», meint er. Und dazu brauche es nichts anderes als ein wenig Vertrauen in den eigenen grünen Daumen.
Infos für Hobbygärtner
- Bioterra: Kostenloses Beratungstelefon, telefonische Auskunft Montag und Donnerstag, 16 bis 18 Uhr, Tel. 01 463 55 77. Bioterra bietet zudem eine umfassende Bodenanalyse an. Weitere Infos: service@bioterra.ch
- Hilfreiche Links rund ums Thema «Garten» finden Sie unter www.ktipp.ch/garten