ZeitschriftenPreise - Kiosk: Eine wahre Goldgrube
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saldo 10/2002
22.05.2002
Deutsche Zeitschriften kosten an Schweizer Kiosken rund 40 Prozent mehr als im Ursprungsland. Die Kiosk AG nutzt ihr Monopol und kassiert kräftig ab.
Wenn der Lastwagen mit der «Stern»-Lieferung am Autobahnzoll in Basel steht, kommt der Fahrer ins Schwitzen. An der Grenze zur Schweiz staut sich der Verkehr. Und für jede Stunde Verspätung bei der Lieferung an die Kiosk AG mit Sitz in Muttenz BL muss der Hamburger Verlag fünf Rappen Strafe pro Exemplar an den Schweizer Importe...
Deutsche Zeitschriften kosten an Schweizer Kiosken rund 40 Prozent mehr als im Ursprungsland. Die Kiosk AG nutzt ihr Monopol und kassiert kräftig ab.
Wenn der Lastwagen mit der «Stern»-Lieferung am Autobahnzoll in Basel steht, kommt der Fahrer ins Schwitzen. An der Grenze zur Schweiz staut sich der Verkehr. Und für jede Stunde Verspätung bei der Lieferung an die Kiosk AG mit Sitz in Muttenz BL muss der Hamburger Verlag fünf Rappen Strafe pro Exemplar an den Schweizer Importeur zahlen. «Das ist ungerecht», sagt Konrad Plümer, stellvertretender Verlagsleiter des «Stern». «Der Lastwagen für die Schweiz ist der Erste, der von der Druckerei losfährt. Schneller geht es wirklich nicht.»
«Das gibt es sonst nirgendwo in Europa»
Die Strafgebühr ist nicht das einzige Ärgernis: Der «Stern» kostet in Deutschland 2.50 Euro, in der Schweiz Fr. 4.90. Das macht einen Aufschlag von 33 Prozent. «Bei uns beschweren sich viele Schweizer Leser über diesen Preis», sagt Plümer. «Aber was sollen wir tun? Natürlich hätten wir gern einen Partner, der kostengünstiger arbeitet.» Für die Schweiz können die Verleger das vergessen. Die Kiosk AG ist Importeurin, Grossistin und Einzelhändlerin - alles in einem. Plümer: «Das gibt es sonst nirgendwo in Europa.»
Ein Monopol, das sich für die Kiosk AG lohnt: Für das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» verlangt sie 34 Prozent mehr als deutsche Händler. Für «Bravo» sind es 42 Prozent und für «TV Spielfilm» sogar 46 Prozent. Im Durchschnitt beträgt der Aufpreis rund 35 Prozent. Berücksichtigt man die tiefere Schweizer Mehrwertsteuer, liegt die Differenz bei rund 40 Prozent. Die Kiosk AG bestreitet, dass die Aufschläge so hoch sind. Sie habe Berechnungen, die tiefer lägen, sagt Sprecherin Stefania Misteli. Genaue Daten will sie aber nicht bekannt geben.
Die Kiosk AG ist eine Tochter der Berner Valora-Gruppe. Deren Geschäft blüht. Valora hat ihren Reingewinn letztes Jahr um 18 Prozent auf 119 Millionen gesteigert. Die Kiosk AG hat mit ihren 1300 Verkaufsstellen eine starke Stellung. Als Grossistin hat sie für die Deutschschweiz das Monopol. Ein ausländischer Verlag, der sein Blatt in der Schweiz verkaufen will, kommt nicht an ihr vorbei.
Dort, wo Konkurrenz unter den Grossisten herrscht, sind die Margen deutlich kleiner. Zum Beispiel in Österreich, wo sich drei Zeitungsgrossisten konkurrenzieren. Die Wiener Arbeiterkammer untersuchte dieses Frühjahr die Preise deutscher Zeitschriften. Das Ergebnis: In Österreich sind sie gegenüber Deutschland durchschnittlich nur 13,8 Prozent teurer. Dies, obwohl die Mehrwertsteuer auf Zeitungen in Österreich fast 8 Prozent höher ist als in der Schweiz.
Fast 90 Prozent Aufschlag für ein Fernsehmagazin
Die Kiosk AG behauptet, die Preise würden von den Verlegern festgelegt. Sie sei machtlos. Kassensturz fragte bei «Stern», «Spiegel» und «Bild» nach - und erfuhr, dass Verleger und Kiosk AG die Preise gemeinsam aushandeln. Fest steht: Beide verdienen an den überhöhten Schweizer Preisen. Sicher ist aber die Marge der Kiosk AG besonders hoch. «Auf Gran Canaria können wir "Computer-Bild" trotz Luftfracht billiger anbieten als in der Schweiz mit ihren hohen Händlerspannen», verrät Sabine Biermeier vom Axel-Springer-Verlag.
Und: Die Kiosk AG zwingt die Verleger, ihre Schweizer Preise zu erhöhen, wenn sie das für notwendig erachtet. Beispiel «TV 14»: Das Magazin kam zu günstigem Preis auf den deutschen Markt. So war es auch für die Schweiz vorgesehen. Die Kiosk AG stellte sich quer. Entweder ein höherer Preis oder kein Marktzugang, lautete die Devise. Resultat: «TV 14» ist hier erhältlich - mit 88 Prozent Aufschlag.
Thomas Vogel
Preisüberwacher - "Jetzt knöpfen wir uns die Zeitschriften vor"
Preisüberwacher Werner Marti hat jahrelang gegen die zu hohen Buchpreise gekämpft. Mit Erfolg. Seit dem 1. Mai dürfen Importbücher höchstens zwanzig Prozent teurer sein als in ihrem Ursprungsland. Für die Konsumenten ein Fortschritt.
«Jetzt knöpfen wir uns die Zeitschriften vor», sagt der Preisüberwacher. «Wir haben dieses Frühjahr bereits eine Anfrage an die Kiosk AG wegen der Preise für Computer-Bild gestartet. Die Antwort war aber nicht befriedigend.» Für Werner Marti ist klar: Um beim Schweizer Monopolisten weiterzukommen, braucht es einen langen Atem.