Autos als Schnäppchen
Wer sein neues Auto statt beim Markenhändler bei einem Direktimporteur kauft, spart viel Geld. Beispiel: der Verkaufsschlager VW Golf. Den gibts beim Direktimporteur bis zu 4000 Franken billiger.
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K-Tipp 3/2003
12.02.2003
Markus Kellenberger - mkellenberger@ktipp.ch
Die Schweiz ist das teuerste Land Europas - das spüren viele täglich im Portemonnaie. Im Vergleich zur EU ist bei uns im Schnitt alles fast 40 Prozent teurer, wie die europäische Statistikbehörde letzte Woche bekannt gab - das Essen, das Wohnen, das Leben, das Vergnügen und somit auch das blecherne Liebkind des mobilen Menschen.
«Die Autopreise müssen endlich runter auf europäisches Niveau», verlangt deshalb Jacqueline Bachmann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsu...
Die Schweiz ist das teuerste Land Europas - das spüren viele täglich im Portemonnaie. Im Vergleich zur EU ist bei uns im Schnitt alles fast 40 Prozent teurer, wie die europäische Statistikbehörde letzte Woche bekannt gab - das Essen, das Wohnen, das Leben, das Vergnügen und somit auch das blecherne Liebkind des mobilen Menschen.
«Die Autopreise müssen endlich runter auf europäisches Niveau», verlangt deshalb Jacqueline Bachmann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz SKS. Eine allgemeine Reduktion von 25 Prozent hält sie für angemessen.
Für Marco Belfanti ist das zu viel. Der Präsident des Verbandes freier Autoimporteure VFAS schätzt, dass die Preise der Markenhändler in der Schweiz im Schnitt 10 Prozent zu hoch sind. Schuld daran sind in seinen Augen in erster Linie die Generalimporteure wie Amag, Erb, Emil Frey und fabrikeigene Niederlassungen wie Citroën, Fiat und Ford, «die ihren Markenvertretern seit Jahren Verkaufsbedingungen und Preise diktieren».
Dass es nämlich billiger geht, beweisen täglich die rund 100 Mitglieder des VFAS, meist unabhängige Garagen und Händler. Bei ihnen sind neue Autos in der Regel tatsächlich 10 und mehr Prozent günstiger als beim Markenhändler.
Ein Beispiel: Der empfohlene Verkaufspreis der Amag für den VW Golf 1.6 Liter Comfortline beträgt 26 590 Franken. Beim Direktimporteur Auto Höngg in Zürich ist er in völlig gleicher Ausstattung volle 14 Prozent oder 3790 Franken günstiger zu haben, zwei Jahre Garantie inbegriffen. Mit dem beim Kauf gesparten Geld und dem neuen Auto lassen sich bereits schöne Ferien machen.
Ländertaxe verteuert die Neuwagen massiv
Doch es kommt noch besser, denn je teurer der Wagen, desto happiger die Prozente. Auto Züri West in Zürich bietet grosse Modelle von Audi, BMW, Jaguar und Mercedes häufig bis zu 30 Prozent unter dem Listenpreis der offiziellen Importeure an. Häufig fällt dann allerdings der Gratisservice weg, den die Markenhändler anbieten - und zur Auswahl steht dem Kunden nur, was bei Züri West auf dem Platz steht. Sonderwünsche gibt es keine.
Das funktioniert, weil die so genannten Direktimporteure im Gegensatz zu den Generalimporteuren ihre Wagen nicht beim Hersteller einkaufen, sondern in jenem Land, wo sie europaweit am billigsten auf den Markt kommen. So sparen sich diese Händler die Ländertaxe, die jeder Autofabrikant dem Generalimporteur auf den Fabrikpreis schlägt. Im Falle des Hochpreislandes Schweiz verteuert die Taxe die Fahrzeuge im Vergleich zu Tiefpreisländern wie Portugal und Griechenland massiv.
Kommt dazu, dass Markenhändler vom Importeur vorgeschriebene strenge Auflagen erfüllen müssen, was Fläche und Ausstattung der Ausstellungsräume, Reklamebeleuchtung, Ausbildung von Mechanikern und Verkaufspersonal und Schnickschnack wie Broschürenständer betrifft. Auch das schlägt sich im Verkaufspreis nieder.
Nur wenige Markenhändler stellen um
Die Verkaufsräume oder -plätze der meisten Direktimporteure hingegen sind so einfach wie möglich gestaltet. Das und der Verzicht auf Sonderleistungen - zum Beispiel Gratisservice für einzelne Modelle - sparen Geld und erlauben tiefe Verkaufspreise.
Seit Oktober 2002 sind Parallel- oder Direktimporte für alle Händler grundsätzlich erlaubt. Trotzdem ist so rasch keine grosse Veränderung zu erwarten. Grund: Die Mehrheit der Markenhändler bezieht ihre Autos weiterhin vom Generalimporteur. Für die meisten ist das bequemer, als in den Direktimport einzusteigen, denn viele Garagisten seien nicht eigentlich Unternehmer, sondern eher Angestellte ihres Markenimporteurs, wie Peter Schneider vom Autogewerbeverband bedauernd meint.
Kein Wunder, kann sich der Chef des grössten Schweizer Autoimporteurs Amag, Werner Bösiger, beruhigt zurücklehnen und verkünden, dass Autos in der Schweiz kaum billiger werden - zumindest nicht bei den Markenhändlern (siehe Interview).
Würden Sie Ihren nächsten Neuwagen bei einem Direktimporteur oder einem Markenhändler kaufen? Ihre Meinung ist gefragt. Diskutieren Sie im Forum auf www.ktipp.ch
Darauf müssen Sie beim Kauf von Direktimport-Autos achten
Der tiefe Direktimport-Preis lässt keine Sonderleistungen zu, wie sie Markenhändler je nach Modell anbieten (etwa Gratisservice). Beziehen Sie das in Ihre Preiskalkulation mit ein. In der Regel machen solche Zückerchen den Preisunterschied aber nicht wett - selbst über Jahre hinweg.
Achten Sie bei Bestellung und Kauf auf diese Punkte:
- Holen Sie Offerten von Markenhändlern und Direktimporteuren ein.
- Kontrollieren Sie die Ausstattungsliste des Autos.
- Preise, Sonderleistungen und Garantien vergleichen. Alle in Europa produzierten Autos, die meisten aus Asien und den USA haben 2 Jahre Werksgarantie. Sie beginnt mit der Werksauslieferung, das Datum steht im Serviceheft. Fordern Sie eine Verlängerung, falls ein Teil der Garantie beim Kauf bereits abgelaufen ist.
- Innerhalb der Garantiezeit erledigt jede Markengarage Garantiearbeiten, sofern das Serviceheft Fahrgestellnummer, Garantiebeginn und Stempel des Auslieferers enthält.
- Leisten Sie eine Vorauszahlung nur bei einem exotischen Modell oder sehr speziellen Farben.
- Bevorzugen Sie Händler mit eigener Werkstatt.
- Bei den TCS-Geschäftsstellen sind Broschüren zu Servicekosten und Direktimport erhältlich (für Nichtmitglieder zu je Fr. 10.-); Händleradressen: Verband freie Autoimporteure Schweiz VFAS, Limmattalstr. 136, 8049 Zürich, www.vfas.ch
Interview mit Amag-Boss Werner Bösiger
«Zusatzleistungen zahlt am Schluss immer der Konsument»
Die Schweizer Autopreise müssen runter, verlangen Konsumentenschützer und viele Garagisten und Händler. Doch Amag-Chef Werner Bösiger blockt ab. Der grösste Schweizer Autoimporteur hält die hohen Preise für gerechtfertigt.
Direktimporteure verkaufen Autos bis zu 30 Prozent billiger als Markenhändler, die ihre Fahrzeuge via Generalimporteure - etwa Amag, Emil Frey und Erb - beziehen. Ihre Kunden müssen sich geprellt fühlen.
Werner Bösiger: Die Preisunterschiede sind nicht so gross, wie behauptet wird. Zwei Beispiele: Den meisten Kunden geht es nicht um einen reinen Kauf, sondern um den Tausch altes gegen neues Fahrzeug. Und: Vom Direktimporteur offerierte Autos sind oft auch deshalb vordergründig günstiger, weil sie schlechter ausgestattet sind als Wagen eines Markenvertreters.
Direktimporteure sagen, das mit dem Ausstattungsunterschied sei ein von Markenhändlern erfundenes Märchen.
Das stimmt nicht. Nehmen wir zum Vergleich den VW Golf. Er ist in der Schweiz günstiger zu haben als in Deutschland. In viele Länder liefert das Werk Neuwagen, die mit weniger Komfort ausgestattet sind. Werden solche Fahrzeuge dann von einem Direktimporteur aus einem dieser Länder zu verlockend guten Konditionen in die Schweiz geholt, fehlen diese Ausstattungen.
Man kann Preise auch hochhalten, indem man grundsätzlich umfangreich ausgestattete Neuwagen anbietet.
Unsere Marktanalysen zeigen, dass die Mehrheit der Schweizer Kunden überdurchschnittlich ausgestattete Autos will. Fehlt Komfort wie elektrische Fensterheber, werden sie extra bestellt - und bezahlt.
Trotzdem: Auch wo die Ausstattung nachweislich dieselbe ist, bezahlten Autokäufer beim Direktimporteur je nach Modell deutlich weniger als bei Ihnen. Da stimmt doch etwas nicht.
Wir, die offiziellen Schweizer Importeure, bieten je nach Modell und Marke Dienstleistungspakete an - zum Beispiel 10 Jahre Gratisservice oder eine Mobilitätsgarantie. Das sind teure Kundendienstleistungen, die der Importeur voll aus der eigenen Tasche bezahlt.
Das nehme ich Ihnen nicht ab. Jeder Zusatzservice wird von Ihnen voll auf den Kaufpreis geschlagen.
Absolut und über alle auf der Welt existierenden Produkte gesehen haben Sie natürlich Recht - am Schluss zahlt immer der Konsument. In unserer Branche ist es heute jedoch so, dass ein Vertreter, der jede Serviceleistung eins zu eins dem Kunden überwälzt, im Konkurrenzkampf nicht bestehen kann. Zudem kann der Konsument, der beim Markenvertreter einkauft, sicher sein, gut ausgebildetes Personal vorzufinden, das ihn über Jahre hinweg kompetent und kulant betreut.
Auch ein Direktimporteur kann sich schlecht ausgebildetes Personal und einen miesen Service nicht leisten.
Sicher. Trotzdem glaube ich nicht, dass sich die Direktimporteure sowohl tiefe Preise als auch Sonderleistungen für ihre Kundschaft leisten können. Und die Kundschaft wiederum muss selber vergleichen, wo sie für ihr Geld mehr bekommt.
Gerade hier treiben Sie ja ein regelrechtes Versteckspiel, denn angesichts der fast unzähligen Marken-, Modell- und Händler-abhängigen Zusatz- und Sonderleistungen machen Sie einen fairen Preisvergleich so gut wie unmöglich.
Wir betreiben kein Versteckspiel, wir stellen uns dem freien Wettbewerb.
(kel)