Der Fall ist typisch und kommt immer wieder vor: Ein Makler kommt ins Haus, er redet von günstigeren Prämien bei einer anderen Krankenkasse und davon, dass ein Wechsel - bei gleicher Versicherungsdeckung - kein Problem sei. Der Kunde unterschreibt und landet im Schlamassel.
So passierte es in diesem Frühjahr einer 70-jährigen Rentnerin aus Niederlenz AG. Der freie Kassenvermittler Reto G. rechnete der Helsana-Kundin vor, sie komme bei der Groupe Mutuel günstiger weg. Dann kündigte er nicht nur die obligatorische Grundversicherung (was die Kundin gewünscht hatte), sondern auch die Privatspital-Versicherung.
Auch den Gesundheitsfragebogen füllte der Makler unsauber aus. Etliche Gebresten der Rentnerin seien eine Bagatelle, versicherte er, das müsse man nicht erwähnen.
Es kam, wie es kommen musste. Ein Arztbericht brachte ernsthafte Beschwerden an den Tag, die Groupe Mutuel lehnte eine Aufnahme in die Zusatzversicherung ab. Zum Glück hatte die Helsana ein Einsehen: Sie nahm die Rentnerin - trotz rechtsgültiger Kündigung - ohne Gesundheitsprüfung wieder auf.
Die Groupe Mutuel hat sich inzwischen vom Makler Reto G. «wegen gravierender Fälle von Falschberatungen» getrennt. Dieser bestreitet die Vorwürfe im Fall der Rentnerin. Der Fall zeigt: Bei Krankenkassenvertretern oder freischaffenden Agenten ist Vorsicht angebracht. Das müssen Sie beachten:
- Viele Vermittler nennen sich «neutral» und «unabhängig» - was selten der Fall ist: In der Regel verkaufen sie nur Angebote von einigen wenigen Kassen, die ihnen Geld (Provisionen) für Neukunden zahlen. Das heisst umgekehrt: Billigere oder bessere Angebote von denjenigen Krankenkassen, die Vermittler nicht belohnen, fallen so unter den Tisch. Tipp: Achten Sie darauf, dass Ihnen der Makler mindestens drei Offerten von verschiedenen Kassen vorlegt.
- Oft führen Vermittler den nicht geschützten Begriff «Treuhand» im Namen. Über die Qualität der Beratung sagt dies nichts aus.
Vorsicht bei Kinderwunsch!
- Viele Vermittler drehen Kunden Lockvogelangebote an. Etwa mit einem Prämienblatt mit scheinbar sehr günstigen Tarifen - ohne zu sagen, dass die angegebenen Tarife mit einer Wahlfranchise verbilligt sind. Und ohne zu sagen, von welcher Krankenkasse diese Prämien sind. Oft sind solche Angebote auch Kombinationen von Grund- und Zusatzversicherungen, die sich mit keiner anderen Krankenkasse korrekt vergleichen lassen. Seriöse Vermittler machen keine marktschreierische Werbung mit konkreten Prämienangaben.
- Seien Sie skeptisch, wenn der Makler sagt: «Mein Angebot garantiert Ihnen die gleiche Leistung, die Sie jetzt bei Ihrer Krankenkasse haben.» Die Zusatzversicherungen der Krankenkassen sind nur schwer vergleichbar.
- Eine zusätzliche Falle droht Frauen mit Kinderwunsch. Wenn sie zum Gebären eine Spitalversicherung halbprivat oder privat neu abschliessen oder zu einer anderen Kasse wechseln, besteht dort eine Karenzfrist für Schwangerschaft. Sie können dann gemäss Reglement erst halbprivat oder privat gebären, wenn sie mindestens ein Jahr lang (oder zwei Jahre, je nach Versicherung) bei der entsprechenden Gesellschaft versichert waren. Viele provisionsgesteuerte Vermittler «vergessen», Frauen auf diesen Umstand hinzuweisen.
- Viele Makler arbeiten mit vorgedruckten Kündigungsformularen, die der Kunde nur noch unterschreiben muss. Vorsicht: Es kommt immer wieder vor, dass Sie damit beispielsweise auch die Zusatzversicherungen kündigen, obwohl Sie nur die Grundversicherung kündigen wollten. Tipp: Unterschreiben Sie keine leeren vorgedruckten Antragsformulare (Blankoformulare). Unterschreiben Sie erst, wenn alles ausgefüllt ist, und verlangen Sie eine Fotokopie. So können Sie überprüfen, ob der Makler nachträglich noch etwas verändert hat. Und: Unterschreiben Sie keine Vollmacht, die es dem Makler erlaubt, frei über Ihre Versicherungen zu verfügen.
- Vorsicht beim Gesundheitsfragebogen (nur bei Zusatzversicherungen). Wenn der Vermittler zu einem bestimmten Leiden sagt, es sei unerheblich oder längst verjährt, dann ist er ein schlechter Vermittler. Weil die Krankenkassen in den Zusatzversicherungen Antragsteller mit einem Leiden ablehnen dürfen, ist die Versuchung für den Makler gross, bestehende gesundheitliche Probleme als nicht erwähnenswert unter den Tisch fallen zu lassen. Sonst verdient er weniger oder nichts.
Bei falschen Angaben: Keine Bezahlung
Sie sind verpflichtet, im Gesundheitsfragebogen alle Fragen zu Ihren bisherigen Leiden peinlich genau zu beantworten. Auslassungen können schlimme Folgen haben: Sie haben das Antragsformular unterschrieben und sind somit allein verantwortlich, wenn bestehende Leiden oder frühere Operationen nicht aufgeführt sind. Die Kasse darf die Bezahlung verweigern und Ihnen erst noch die Zusatzversicherung rückwirkend kündigen, falls sie fehlende Angaben entdeckt.
Tipp: Es besteht kein Grund, den Fragebogen in Anwesenheit eines Policenverkäufers auszufüllen. Nehmen Sie sich dafür genügend Zeit.
Viele Verkäufer nutzen die Krankenkasse als Türöffner, um ihren Opfern anschliessend eine unnötige Lebensversicherung zu verkaufen; hier winken ungleich höhere Provisionen als bei den Krankenkassen. Wer dann leichtgläubig unterschreibt, macht unter Umständen einen teuren Fehler. Das kann auch beim Verkauf von Fonds-Sparplänen der Fall sein.
Zusatzversicherungen: Nächster Kündigungstermin Ende September
Ab Anfang Oktober erhalten Sie von Ihrer Krankenkasse die neuen Prämien für das Jahr 2006 mitgeteilt. Bei der Grundversicherung haben Sie anschliessend genug Zeit (bis Ende November), um sich einen Wechsel zu überlegen - egal, ob die Prämie steigt oder gleich bleibt.
Bei den Zusatzversicherungen sieht es anders aus:
- Falls die Zusatzversicherung teurer wird, können Sie sie auch nach der Prämienmitteilung im Oktober noch kündigen.
- Falls die Prämie gleich bleibt (was sehr oft der Fall ist!), können Sie eine solche Zusatzversicherung nur noch bis Ende September kündigen. Wer sparen will, sollte sich also noch im September überlegen, ob er eine Zusatzversicherung wirklich braucht.
Aber Vorsicht: Eine vorsorgliche Kündigung ist bei den Zusatzversicherungen nicht möglich. Wenn Sie voreilig kündigen und dann diesen Schritt bereuen - etwa weil Sie bei keiner anderen Krankenkasse Aufnahme gefunden haben -, so fallen Sie vielleicht zwischen Stuhl und Bank, weil auch Ihre bisherige Kasse nicht verpflichtet ist, Sie wieder aufzunehmen.
Es ist also sehr wichtig, dass Sie eine Zusatzversicherung erst kündigen, wenn eine andere Kasse Ihnen schriftlich bestätigt hat, dass man Sie ohne Vorbehalte aufnimmt - es sei denn, Sie wollen künftig ganz auf die entsprechende Versicherung verzichten.