Nass vor Schweiss ohne Anstrengung
Übermässiges Schwitzen belastet Betroffene häufig schwer. saldo sagt, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt und wie sie wirken.
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saldo 11/2006
07.06.2006
Angelica Schorre
Tellergrosse Schweissflecken unter den Armen, tropfende Hände und in den Schuhen quietscht es vor Nässe: Viele Menschen leiden unter übermässigem Schwitzen - Hyperhidrose in der Fachsprache. Der Grund kann eine Krankheit wie zum Beispiel eine Überfunktion der Schilddrüse oder Diabetes sein. Aber auch Entzündungen, Vergiftungen und Drogenentzug lassen den Schweiss fliessen.
Laut dem Universitätsspital Zürich leidet aber rund 1 Prozent der Bevölkerung unter einer echten Hy...
Tellergrosse Schweissflecken unter den Armen, tropfende Hände und in den Schuhen quietscht es vor Nässe: Viele Menschen leiden unter übermässigem Schwitzen - Hyperhidrose in der Fachsprache. Der Grund kann eine Krankheit wie zum Beispiel eine Überfunktion der Schilddrüse oder Diabetes sein. Aber auch Entzündungen, Vergiftungen und Drogenentzug lassen den Schweiss fliessen.
Laut dem Universitätsspital Zürich leidet aber rund 1 Prozent der Bevölkerung unter einer echten Hyperhidrose, die durch eine Fehlsteuerung des Nervensystems verursacht wird. Je nach Schwere des Leidens gibt es heute für Betroffene verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Ein Überblick über ihre Wirkungen und Risiken:
- Behandlung mit Aluminiumsalzen: Bei übermässigem Achselschweiss können aluminiumchloridhaltige Lösungen helfen, die in der Apotheke auf Rezept hergestellt werden. Sie müssen während vier Wochen jeweils vor dem Schlafen eingerieben werden. Dann nur noch ein- bis zweimal pro Woche. Die Aluminiumsalze sorgen dafür, dass die Schweissdrüsen mit der Zeit verschlossen werden. Die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.
- Behandlung mit Medikamenten: Anticholinergika wirken auf das Nervensystem ein und hemmen so die Aktivität der Schweissdrüsen. Der Zürcher Allgemeinpraktiker Thomas Walser rät von solchen Behandlungen jedoch eher ab: «Es gibt zu viele Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit oder Sehstörungen. Anticholinergika können sogar grünen Star zur Folge haben.» Diese Medikamente werden von der Krankenkasse bezahlt.
- Behandlung mit Gleichstrom: Bei der sogenannten Iontophorese werden Hände und Füsse in flache Schalen mit lauwarmem Wasser gehalten und von einem schwachen Gleichstrom durchflossen. Dadurch wird die Reizschwelle der Schweissausscheidung erhöht. Anwendungen sind vier- bis fünfmal pro Woche empfohlen. Nach fünf Wochen reichen wöchentliche Erhaltungstherapien. Der Zürcher Dermatologe Erich E. Küng rät, entsprechende Geräte zuerst zu mieten. Wenn die Behandlung erfolgreich verläuft, bezahlt die Krankenkasse 850 Franken an die bis zu 1300 Franken teuren Geräte.
- Behandlung mit Botox: Stark verbreitet, aber ebenso umstritten sind Injektionen mit dem Nervengift Botox, das in Handflächen, Fusssohlen oder Achselhöhlen gespritzt wird. Die Schweissausscheidung wird so für 4 bis 12 Monate unterdrückt. «Diese Behandlung kann problemlos wiederholt werden. Es entstehen - ausser kleinen Blutergüssen - keine Nebenwirkungen», sagt Erich E. Küng. Thomas Walser jedoch warnt: «Solange Botox wirkt, können bei falscher Anwendung viele kleine Muskeln schwach oder ganz gelähmt werden.» Die Kosten einer Behandlung liegen zwischen 600 und 800 Franken. Botox wird in der Regel nicht aus der Grundversicherung, sondern allenfalls aus der Zusatzversicherung bezahlt.
- Behandlung des Nervensystems: Unter Vollnarkose können im Sympathikus die Schaltstellen stillgelegt werden, welche die Schweissproduktion steuern. Die Operation wird mit Hilfe eines Endoskops durchgeführt und gehört in die Hände eines Spezialisten. «Diese Behandlung sollte man nur anwenden, wenn der Leidensdruck des Betroffenen sehr gross ist», sagt Facharzt Rolf Inderbitzi vom Lungenzentrum in Zürich, «ich rate dem Patienten eher ab.» Als Nebeneffekte trete bei rund 60 Prozent der Betroffenen kompensatorisches Schwitzen auf: Statt an den Händen schwitzen die Patienten nach der Operation zum Beispiel am Bauch. Die Operation wird normalerweise ambulant durchgeführt. Die Kosten belaufen sich auf 5000 bis 7000 Franken und werden in der Regel von den Krankenkassen bezahlt.
- Behandlung mit Ultraschall: Das Achselfettgewebe, in dem die Schweissdrüsen eingebettet sind, kann mit Ultraschalltechnik abgesaugt werden. Bei diesem ambulanten Eingriff können aber auch die Nerven, die zu den Schweissdrüsen führen, beeinträchtigt werden, warnt Dermatologe Küng. Der Eingriff kostet rund 1500 Franken und wird von den Krankenversicherern nicht vollständig übernommen.