Gut fürs Wohlbefinden des Herstellers
Halsbänder, Armbänder, Pflaster: Die Produkte der japanischen Marke Phiten sind ebenso verbreitet wie unnütz.
Inhalt
K-Tipp 15/2007
18.09.2007
Marco Diener
Ob Schwinger oder Schwimmer, Volleyballer oder Basketballer – viele schwören auf die Wirkung der Produkte von Phiten (sprich: Feiten). Und dies, obwohl der Hersteller den Beweis für deren Wirkung bislang schuldig geblieben ist.
Noch im April schrieb Importeur Walter Seeholzer dem K-Tipp, Phiten sei «nicht wissenschaftlich geprüft». Jetzt heisst es plötzlich, es gebe «mehrere Studien». Vorweisen kann er aber keine.
Doch was ist Phi...
Ob Schwinger oder Schwimmer, Volleyballer oder Basketballer – viele schwören auf die Wirkung der Produkte von Phiten (sprich: Feiten). Und dies, obwohl der Hersteller den Beweis für deren Wirkung bislang schuldig geblieben ist.
Noch im April schrieb Importeur Walter Seeholzer dem K-Tipp, Phiten sei «nicht wissenschaftlich geprüft». Jetzt heisst es plötzlich, es gebe «mehrere Studien». Vorweisen kann er aber keine.
Doch was ist Phiten überhaupt? Es sind mit Titan versetzte Schmuckstücke, Pflaster und Kleider. Das Titan wird laut Seeholzer in einem speziellen Prozess «informiert und gibt diese Informationen später an den Körper weiter». Der Laie staunt.
Im Katalog ist auch von vitalisiertem, also belebtem Titan die Rede. Dieses entwickle Schwingungen, wirke «regulierend und harmonisierend auf gestörte elektrische Strömungen der Körpers».
«Das ist kompletter Unsinn», sagt der Berner Biochemie-Professor Bernhard Erni: «Wer so etwas kauft, ist selber schuld.» Titan könne keine Schwingungen erzeugen. «Energetisierung, Vitalisierung, Harmonisierung» – all das seien Schlagwörter, die schön klingen, aber nichts aussagen. Und: Ausgerechnet Titan sei ein Metall «mit schlechter elektrischer Leitfähigkeit».
In einem Punkt hat Importeur Seeholzer indessen Recht. Laboranalysen haben gezeigt, dass in den Produkten tatsächlich Spuren von Titan sind – im Wert von ein paar Rappen.
Offensive Werbung in Apotheken
Erhältlich sind die Phiten-Produkte in Apotheken, Drogerien, Sportgeschäften, ja sogar in Bauernhof-Läden. In Apotheken werden sie teils sehr offensiv beworben («wirkt gegen Migräne»). Öffentlich wollte aber keiner der angefragten Apotheker Red und Antwort stehen.
Überhaupt fanden sich keine Fachleute, die für Phiten-Produkte einstehen. Im Gegenteil: Sportmediziner Walter O. Frey sagt zwar, er sei «durchaus offen für Produkte aus alternativen Bereichen». Aber für Phiten gebe es «keinerlei wissenschaftliche Existenzberechtigung».
Produkte nur auf Japanisch deklariert
Sein Kollege Beat Villiger kennt «keine wissenschaftliche Publikation, die einen Effekt zeigt». Deshalb lässt er die Hände von Phiten. «Ich habe zu viele Wundermittel kommen und auch wieder gehen sehen», sagt Villiger.
Laut Sportpsychologe Daniel Birrer wollen Sportler «ihre Leistung optimieren. Und dafür probieren sie manches aus.» Ähnliche Trends habe es schon früher gegeben: «Vor ein paar Jahren zum Beispiel die Nasenpflaster. Inzwischen sind sie praktisch wieder verschwunden.»
Importeur Seeholzer lässt die Kritik kalt. «Dereinst wird man Sachen beweisen können, die sich heute noch nicht vollständig erklären lassen, wie zum Beispiel die Wirkung unserer Produkte», sagt er.
Ungemach droht Phiten von den Berner Behörden. Der Kantonsapotheker hat kritisiert, dass die Produkte nur auf Japanisch deklariert sind. Nun laufen Abklärungen, ob Öle und Gels unter die Lebensmittel- oder die Heilmittel-Gesetzgebung fallen.
Übrigens: Laut Importeur Seeholzer haben die Phiten-Produkte keine Nebenwirkungen. Fragt sich nur, wie etwas eine Nebenwirkung haben soll, das gar keine Wirkung hat.
Phiten-Accessoires für Pferde: Zum Wiehern
Phiten bietet nicht nur die bekannten Arm- und Halsbänder aus Plastik an, sondern ein riesiges Sortiment von Produkten zu Preisen von Fr. 9.90 bis 419.–. Darunter Gels, Fingerringe, Pflaster, Massageöle, Bandagen, Socken, T-Shirts, Unterwäsche und Zahnpasta. Letztere soll mit Gold angereichert sein und die Durchblutung des Zahnfleischs fördern. Der Preis: Fr. 17.90 pro Tube.
Auch Tiere bleiben nicht von Phiten-Produkten verschont. Neben Halsbändern für Katzen gibts ganz neu auch Halsbänder, Manschetten und Decken für Pferde. Kostenpunkt: bis zu Fr. 499.–.
Phiten ist nicht allein
Auch Elemade, Atex-Pro und Hip-Titan verdienen mit Wellness-Schmuck. Bemerkenswert die Werbung von Hip-Titan: «An der WM 2002 in Asien», behauptet der Importeur, «trugen die meisten japanischen und koreanischen Fussballer Hip-Titan-Armbänder und -Halsketten.» Dabei verbietet der Weltfussballverband Fifa den Spielern aus Sicherheitsgründen, Schmuck, also auch Arm- und Halsbänder, zu tragen.