«Ein völlig falsches Signal»
Ein hoher Stromverbrauch zahlt sich aus: Dieses ökologisch verkehrte Szenario wird vielleicht bald schon rechtlich verankert.
Inhalt
K-Tipp 18/2007
29.10.2007
Gery Schwager
Als Mitte Oktober die Vernehmlassung zur Stromversorgungsverordnung (StromVV) zu Ende ging, gab es praktisch keine Reaktionen. Dabei hätte dieses Regelwerk aus dem Bundesamt für Energie (BFE), das der Bundesrat im Dezember definitiv verabschieden will, durchaus Aufmerksamkeit verdient.
Zum Beispiel wegen des vorgesehenen Schlüssels zur Überwälzung der sogenannten Durchleitungskosten. Diese fallen an auf dem Weg der Elektrizität über die diversen N...
Als Mitte Oktober die Vernehmlassung zur Stromversorgungsverordnung (StromVV) zu Ende ging, gab es praktisch keine Reaktionen. Dabei hätte dieses Regelwerk aus dem Bundesamt für Energie (BFE), das der Bundesrat im Dezember definitiv verabschieden will, durchaus Aufmerksamkeit verdient.
Zum Beispiel wegen des vorgesehenen Schlüssels zur Überwälzung der sogenannten Durchleitungskosten. Diese fallen an auf dem Weg der Elektrizität über die diversen Netzebenen (Höchst-, Hoch-, Mittel- und Niederspannung) bis zur Steckdose. Die Stromversorger müssen sie künftig getrennt vom eigentlichen Strompreis ausweisen.
Und da kommt die StromVV ins Spiel: Sie will den Versorgungsunternehmen erlauben, sich bei der Berechnung der Durchleitungskosten zu 70 Prozent auf die beanspruchte Höchstleistung abzustützen und den effektiven Stromverbrauch nur zu 30 Prozent zu gewichten.
Was das auf Stufe der Haushalte bewirken kann, zeigt eine Analyse von Energiefachmann Heini Glauser (siehe Kasten). Glauser hat die StromVV für die Schweizerische Energie-Stiftung genau unter die Lupe genommen und geht bei seiner Kalkulation von den Zahlen eines typischen Mittelland-Elektrizitätswerks aus.
Danach könnten bei einem sparsamen Haushalt mit einem Jahresstromverbrauch von nur 1000 Kilowattstunden (kWh), der durch den Betrieb eines Elektroherds mit vier Platten und Backofen eine Höchstleistung von 10 Kilowatt (kW) beansprucht hat, Durchleitungskosten von 47,8 Rp./kWh resultieren. Ein Haushalt mit Elektrospeicherheizung jedoch, der 35 000 kWh Strom frisst und eine Spitzenleistung von 20 kW beansprucht, kommt auf bloss 5,6 Rp./kWh. Und für beide Haushalte gilt: Reduzieren sie den Stromverbrauch, steigt der Durchleitungspreis pro kWh an.
«Verordnung gegen sparsamen Konsum»
«Die StromVV gibt ein völlig falsches Signal», kritisiert Glauser. «Sie läuft dem Postulat des effzienten und sparsamen Konsums diametral entgegen, indem sie Dauerverbraucher klar bevorteilt und dem Spitzenleistungsbezug viel zu viel Gewicht einräumt.»
Beim BFE wehrt man sich. Die Stromversorger seien nicht gezwungen, den 70-30-Prozent-Schlüssel bei der Tarifgestaltung anzuwenden, macht das Amt geltend und verweist unter anderem auf Artikel 16 der StromVV. Gestützt darauf könnte der Durchleitungspreis bei Haushalten weitgehend nach dem Verbrauch kalkuliert werden.
Allerdings: Artikel 16 wurde vom BFE bloss «als Variante zur Diskussion gestellt». Ob er den Bundesratsbeschluss überstehen wird, ist offen. Der einflussreiche Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen hat bereits gefordert, ihn «ersatzlos zu streichen».