Wärs eine Filmszene, man würde belustigt den Kopf schütteln. Doch was Barbara Singer aus Zürich und Ursula Kaspar aus Urdorf ZH berichten, hat wirklich stattgefunden – und war gar nicht lustig.
Die beiden Frauen buchten vor Jahresfrist bei Swiss einen Retourflug nach Südafrika. Die Reise sollte von Zürich über Johannesburg nach Kapstadt und zehn Tage später auf der gleichen Route zurück führen. Der Hinflug erfolgte nach Plan. Singer und Kaspar erlebten unbeschwerte Ferien, die sie mit einem Besuch des Krüger-Nationalparks im Nordosten Südafrikas krönten.
Nun befindet sich Kapstadt jedoch ganz im Südwesten des Landes. Deshalb hielten es die beiden Frauen für vernünftiger, die Rückreise in die Schweiz nicht von dort, sondern vom viel näher beim Krügerpark liegenden Johannesburg aus anzutreten und auf den Flug Kapstadt–Johannesburg zu verzichten.
Sie riefen also die Swiss-Vertretung in Johannesburg an – und erhielten eine unerwartete Antwort. «Höchst unwirsch wurden wir darauf hingewiesen, dass das nicht gehe und man uns in Johannesburg stehen lassen werde, falls wir die Strecke Kapstadt–Johannesburg nicht fliegen sollten», erinnert sich Barbara Singer.
Verspätete Ankunft und Zusatzkosten
Den beiden Frauen blieb nichts anderes übrig, als am Morgen des Rückreisetages für 600 Franken pro Person vom Krügerpark nach Kapstadt zu fliegen – und zwar über Johannesburg, da kein Direktflug erhältlich war. In Kapstadt starteten sie gegen Abend zur Heimreise in die Schweiz, die sie zum zweiten Mal an diesem Tag nach Johannesburg führte.
Damit war aber nicht alles ausgestanden. Flug LX 4135 von Kapstadt nach Johannesburg hatte nämlich Verspätung – und zwar so viel, dass Singer und Kaspar in Johannesburg den Swiss-Anschlussflug nach Zürich verpassten. Nach einigem Hin und Her wurden sie auf einen Air-France-Flug via Paris nach Zürich umgebucht, wo sie schliesslich rund acht Stunden nach der verpassten Swiss-Maschine eintrafen.
Ein paar Tage später verlangten sie von Swiss schriftlich eine Erklärung zu diesen Vorfällen. Immerhin hatte die Airline ihnen mit dem schroffen Nein zur Idee, direkt ab Johannesburg heimzufliegen, reichlich Ärger, Zusatzkosten von 1200 Franken und eine verspätete Ankunft eingebrockt.
Nach einem Monat kam die Antwort: Swiss verwies darin auf ihre Beförderungsbedingungen, deren Artikel 3 Tickets prinzipiell für ungültig erklärt, wenn nicht alle Teilstrecken in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden. Bei Verzicht auf die Teilstrecke Kapstadt–Johannesburg wäre deshalb die Buchung Johannesburg–Zürich sofort gelöscht worden. Als Trostpflästerchen erhielten Singer und Kaspar einen Swiss-Reisegutschein im Wert von 100 Franken. Darauf hätten sie gerne verzichtet – nicht aber auf eine befriedigende Erklärung zur fragwürdigen Ticketpolitik. Doch auf diese warten sie bis heute vergeblich.
Der K-Tipp hat schon mehrmals über Folgen des schikanösen Artikels 3 der Swiss-Beförderungsbedingungen berichtet. Ähnliche Vertragsklauseln finden sich bei diversen weiteren Fluggesellschaften – obwohl sie bereits vor mehreren deutschen Gerichten und jüngst auch vor dem Zivilgericht Basel-Stadt nicht standgehalten haben (siehe unten).
Gegenüber dem K-Tipp führt Swiss aus, jedes Ticket werde zu einem bestimmten Tarif erworben, wobei günstige Tarife Änderungen an der Flugreise in der Regel nicht zuliessen. In solchen Fällen «werden wir eine Reservierung unter allen Umständen streichen, auch wenn der Reisende uns vor Abflug über das Nicht-Wahrnehmen eines Reiseabschnittes informiert». Barbara Singer und Ursula Kaspar können nur verständnislos den Kopf schütteln.
Swiss unterliegt vor Gericht gegen K-Tipp-Leserin
Gute Nachricht für Schweizer Fluggäste: Das Zivilgericht Basel-Stadt hat Swiss per Urteil verpflichtet, eine Passagierin zu entschädigen, die zu Unrecht gezwungen worden war, trotz eines gültigen Retourtickets für den Rückflug ein zweites Mal zu zahlen. Swiss hatte gestützt auf eine Klausel auf dem Ticket behauptet, dieses sei für den Rückflug nach Paris ungültig, weil die Frau den Hinflug in die Schweiz verfallen liess.
Auch einige andere Airlines erklären Flugscheine für ungültig, wenn die Teilstrecken nicht lückenlos und exakt in der gebuchten Reihenfolge abgeflogen werden (siehe K-Tipp 1/07, 7/07, 19/07, 4/08). Diese sogenannte Verfallsklausel wird Fluggästen mit Retourtickets oft zum Verhängnis, kann aber auch bei Flügen über mehrere Etappen groteske Folgen haben (siehe oben).
Diverse deutsche Gerichte haben die Klausel ebenfalls für unzulässig erklärt – letztmals Mitte Dezember das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem gegen British Airways angestrengten Verfahren.
In dem vom K-Tipp unterstützten Musterprozess hat erstmals ein Schweizer Gericht die Klausel als ungültig bezeichnet. Laut Entscheid des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 2. Dezember muss Swiss der Passagierin die Kosten von 452 Franken für jenes Ticket zurückerstatten, das diese wegen des verweigerten Rückflugs kaufen musste. Dazu kommt eine Parteientschädigung von 175 Franken. Die Urteilsbegründung steht noch aus.
Weitere Opfer der Verfallsklausel, die ebenfalls Klage einreichen wollen, können beim K-Tipp kostenlos ein Merkblatt zur Vorgehensweise beziehen, und zwar über die Hotline-Nummer 044 266 17 17 oder www.ktipp.ch > Service > Merkblätter.