Zweifel an der Neutralität von Ombudscom
Die Ombudscom soll bei Streitigkeiten zwischen Telecomfirmen und deren Kunden vermitteln. Nur: In zwei krassen Fällen fielen die Vorschläge der Schlichtungsstelle einseitig zugunsten der Anbieter aus.
Inhalt
K-Tipp 04/2009
21.02.2009
Letzte Aktualisierung:
24.02.2009
Beatrice Walder K-Tipp
Fall 1: Betrag zahlen, obwohl er rechtlich nicht geschuldet ist
K-Tipp-Leser Marcel Spichiger hat vom Telefonanbieter Sunrise eine Zweimonats-Rechnung für sein Handy über 3725 Franken erhalten (siehe dazu auch K-Tipp 16/08). Ein Grossteil dieser Kosten war innerhalb von vier Tagen zusammengekommen. Spichiger war von einer Lawine mit kostenpflichtigen SMS eingedeckt worden. In seiner ...
Fall 1: Betrag zahlen, obwohl er rechtlich nicht geschuldet ist
K-Tipp-Leser Marcel Spichiger hat vom Telefonanbieter Sunrise eine Zweimonats-Rechnung für sein Handy über 3725 Franken erhalten (siehe dazu auch K-Tipp 16/08). Ein Grossteil dieser Kosten war innerhalb von vier Tagen zusammengekommen. Spichiger war von einer Lawine mit kostenpflichtigen SMS eingedeckt worden. In seiner Not wandte er sich an die Ombudscom, die bei Streitigkeiten zwischen Kunden und den Telefonanbietern eine aussergerichtliche Lösung suchen sollte. Im Fall von Spichiger schlug die Ombudscom vor, er solle 3500 der total 3725 Franken zahlen – obwohl der Betrag rechtlich nicht geschuldet war.
Fall 2: Betrag zahlen, obwohl er rechtlich nicht einklagbar ist
Eine Betroffene erhielt von Telefonanbieter Talk Talk eine Rechnung in der Höhe von 3429 Franken. Sie hatte bei einem TV-Quiz unzählige Male versucht, durchzukommen. Die Ombudscom schlug der Kundin vor, 3200 Franken zu zahlen. Aus rechtlicher Sicht ist aber klar: Eine Forderung aus Spiel und Wette ist nicht einklagbar (K-Tipp 17/08). Ueli Grüter, Rechtsanwalt und Dozent für Konsumentenrecht, folgert: «An diesen Beispielen sieht man, dass die Tätigkeit der Ombudscom problematisch ist.» Die Schlichtungsvorschläge der Ombudscom seien nicht objektiv. Sein Hauptvorwurf betrifft Carol Franklin, die Leiterin der Schlichtungsstelle: Sie sei keine Juristin und argumentiere nur teilweise rechtlich – aber zugunsten der Telefonanbieter. Grüter verlangt deshalb: «Auch bei aussergerichtlichen Lösungsvorschlägen sollte das Recht die Leitplanke sein.» Gerade bei Rechnungen von mehreren Tausend Franken müsste die Ombudscom abklären, ob die Kunden rechtlich überhaupt verpflichtet wären, zu zahlen. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Kunden auf Veranlassung der Ombudscom dem Frieden zuliebe einen Betrag zahlen, der gar nicht geschuldet ist.
Franklin wollte sich zu Grüters Vorwürfen nicht äussern. Sie verwies lediglich auf das Reglement der Ombudscom. Danach stehe eine Einigung zwischen den Parteien im Vordergrund – und nicht die rechtlichen Ansprüche. Übrigens: Die Firma Ragunt, Inhaberin der Telefonnummer, auf die Spichiger hereingefallen ist, hat nachträglich «aus Kulanz» auf die Forderung verzichtet. Die Ombudscom hatte gar nie mit Ragunt verhandelt, sondern nur mit der Mobile Technics, die für den technischen Ablauf der Anrufe verantwortlich war.
Das müssen Sie wissen
- Wer mit seiner Telefonrechnung nicht einverstanden ist, sollte sich bei einer Rechtsberatungsstelle erkundigen, ob die Forderung berechtigt ist.
- Ist nur ein Teil der Rechnung bestritten, sollte der Rest fristgerecht bezahlt werden.
- Ist die Forderung ganz oder teilweise unberechtigt, sollte mit einem eingeschriebenen Brief bei der Telefongesellschaft reklamiert werden. Wichtig: Der Anschluss darf nicht abgestellt werden, wenn der unbestrittene Teil der Rechnung bezahlt wird.
- Teilen Sie dem Telecomanbieter oder dessen Inkassobüro mit, dass Sie bei einer Betreibung Rechtsvorschlag erheben.
- Schickt der Telefonanbieter trotzdem einen Zahlungsbefehl, kann die Betreibung durch einen innert 10 Tagen erklärten Rechtsvorschlag gestoppt werden. Das Unternehmen muss dann die angebliche Forderung vor Gericht einklagen und belegen, dass die Forderung zu Recht besteht.