Keine glatte Sache
Chemische Mittel für glattes Haar enthalten krebserregende Stoffe und sind verboten. Coiffeure bieten die Behandlung trotzdem an.<br />
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K-Tipp 19/2010
14.11.2010
Letzte Aktualisierung:
01.11.2011
Beat Camenzind
Viele Hollywood-Stars lassen ihre Haare dauerhaft glätten. In Mode-Zeitschriften berichten sie, wie toll die neue Behandlung sei.
Die Hersteller versprechen «bis zu fünf Monate Geschmeidigkeit, Glanz und Glätte». Und das mit einem einzigen Coiffeurbesuch auch bei extrem krausen Haaren.
Wer sich dieser Prozedur unterzieht, braucht Geduld und ein dickes Portemonnaie: Eine Behandlung mit Keratin Complex etwa dauert je nach Haarlänge und -di...
Viele Hollywood-Stars lassen ihre Haare dauerhaft glätten. In Mode-Zeitschriften berichten sie, wie toll die neue Behandlung sei.
Die Hersteller versprechen «bis zu fünf Monate Geschmeidigkeit, Glanz und Glätte». Und das mit einem einzigen Coiffeurbesuch auch bei extrem krausen Haaren.
Wer sich dieser Prozedur unterzieht, braucht Geduld und ein dickes Portemonnaie: Eine Behandlung mit Keratin Complex etwa dauert je nach Haarlänge und -dichte bis zu drei Stunden. Und kostet zwischen 300 und 700 Franken.
Der Trend scheint auch in der Schweiz angekommen zu sein: Hier ist vor allem das Produkt Keratin Complex weit verbreitet. Es kann zwar in keinem Laden gekauft werden, aber allein in der Region Zürich gibt es rund zwanzig Coiffeursalons, die dieses Mittel einsetzen.
Das Problem: Keratin Complex enthält viel Formaldehyd. Das belegt ein Bericht des Chemischen Untersuchungsamtes Karlsruhe. Es fand zwischen 1,6 und 2 Prozent Formaldehyd. Das ist bis zu zehnmal so viel, wie das Gesetz in der Schweiz erlaubt (0,2 Prozent).
Das Amt schreibt: «Ohne Formaldehyd funktionieren solche Produkte nicht.» Der Stoff kann Atemwege, Haut und Augen reizen sowie starke Allergien und Krebs auslösen.
Keratin Complex wird in der Schweiz von der Zuger Firma Insignis AG vertrieben. Gemäss einem von der Insignis beauftragten Labor sei in ihrem Produkt kein Formaldehyd gefunden worden.
Zu einem andern Schluss kommen die Gesundheitsbehörden von Irland: Sie nahmen das Mittel unter die Lupe und wiesen zwischen 1,7 und 1,9 Prozent Formaldehyd nach. Und was passiert in der Schweiz?
Beim Bundesamt für Gesundheit bestätigt man lediglich, dass das Produkt aufgrund der zu hohen Formaldehydwerte in der Schweiz verboten sei. Konkrete Massnahmen wie Kontrollen bei Coiffeursalons oder ein Rückruf für das Produkt sind aber nicht geplant.
Die irischen Behörden nahmen Keratin Complex und vergleichbare Haarglättungsmittel vom Markt. Zudem meldeten sie diese im europäischen Warnsystem für gefährliche Produkte «Rapex».
Dabei handelt es sich um folgende Produkte, die auch in der Schweiz im Einsatz sind (Formaldehydanteil in Klammer):
- Açai Professional Smoothing Solution; Marke: Brazilian Blowout (9,5 %)
- Functional Keratin Hair Taming System; Marke: Global Keratin (1,7 %)
- Brazilian Keratin Treatment; Marke: Marcia Teixeira (2 %)
Es geht auch ohne Chemie
Wer seine Haare ohne chemische Behandlung glätten will, kauft sich ein Haarglätteisen.Der K-Tipp hat letztes Jahr zehn Haarglätteisen getestet (siehe Ausgabe 13/09).
Acht erhielten die Note «gut», sieben davon sind heute noch erhältlich. Das günstigste der guten Eisen das Satrap Flat Keramik von Coop gibts noch immer für 39 Franken. Bei Glätteisen muss man folgende Punkte beachten:
- Haare im trockenen Zustand glätten.
- Das Eisen vom Haaransatz zu den Spitzen ziehen. Nie länger als zwei Sekunden an einer Stelle bleiben.
- Feines und dünnes Haar benötigt tiefere Temperaturen als normales oder dickes Haar.
- Bei häufigem Gebrauch Haarpflegemittel verwenden.
- Geräte mit schmalen Keramikzangen gleiten am besten und sind am einfachsten zu bedienen.