Abhören kinderleicht

Handygespräche lassen sich ganz einfach abhören. Das zeigt eine K-Tipp-Stichprobe. Zudem können Hacker ohne Weiteres auf Kosten anderer telefonieren.

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K-Tipp 15/2011

17.09.2011

Letzte Aktualisierung:
20.09.2011

Christian Birmele

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Die Handynetze sind sicher: Das behaupteten die Schweizer Telecom- Firmen, als der K-Tipp sie mit dem Resultat eines Sicherheitstests in Deutschland konfrontierte. Dabei wurde aufgezeigt, wie einfach es ist, zum Beispiel in einer Stadt wie Berlin private Handy-Gespräche mitzuhören (siehe K-Tipp 13/11).

Sind die Schweizer Netze tatsächlich besser geschützt? Der K-Tipp machte auf dem Bundesplatz in Bern die Probe aufs Exempel. Handy- Sicherheitsexperte Luca Melette von den Security Research Labs in Berlin versuchte, Gespräche abzuhören, SMS mitzulesen und den Datenverkehr mitzuschneiden. Dafür benutzte Melette einen handelsüblichen Laptop, ein Motorola-Handy und ein spezielles Programm, das man im Internet kostenlos beziehen kann.

Nur Swisscom bot eine Weile Widerstand

Das Resultat ist erschreckend. Innert weniger Minuten konnte sich Melette in die Handynetze von Orange und Sunrise einklinken. «Beide Netze stehen weit offen – sie verwenden eine veraltete Verschlüsselung», erklärt er. Im Praxistest konnte Melette sowohl Gespräche als auch SMS mühelos abfangen und auf seinem Computer speichern – in Echtzeit wohlgemerkt.

Etwas schwieriger war es bei Swisscom. Dort werden Gespräche und SMS mittels sogenannter «Randomization» verschleiert. Das wäre eigentlich sicher. Doch der Schlussteil jedes SMS wird unverschleiert übertragen. Das nutzte Melette aus: Nach rund eineinhalb Stunden konnte er auch Telefonate und SMS von Swisscom-Kunden mithören.

Doch es kommt noch schlimmer: Jedes Mobiltelefon bekommt vom Handynetz eine eindeutige Identifikationsnummer – die sogenannte TMSI. Damit werden die Gespräche und SMS dem Kunden zugeordnet und abgerechnet. In keinem der geprüften Netze wird diese Nummer häufig geändert. Die mögliche Folge: Ein Hacker übernimmt die TMSI und kann auf Kosten des Opfers Gespräche führen und SMS verschicken. Das Opfer merkt erst etwas, wenn es die Rechnung erhält.

Auch der Datenverkehr liesse sich abfangen. Nach eingehender Analyse aller Netze konnte Melette aber nicht ausschliessen, auch Unbeteiligte abzuhören. Das wäre strafbar – deshalb brach er den Test ab.

Bundesamt hat keine Lösung zur Hand

Der Gipfel: Trotz der beängstigenden Resultate des Praxistests können die Telecomfirmen und das Bundesamt für Kommunikation zurzeit keine Lösungen präsentieren. Das Bundesamt schreibt nur: «Uns ist kein realer Fall bekannt, in dem eine Person abgehört wurde.» Wer sichergehen wolle, sollte über das UMTS-Netz telefonieren. Tatsache ist jedoch: Die meisten modernen Handys verwenden zwar UMTS, können aber nicht darauf fixiert werden. Es gibt also keine Gewissheit, dass ein Telefonat über eine sichere Leitung geht.

Ein weiteres Argument der Telecomfirmen: Man könne zwar eine bessere Verschlüsslung einführen, diese sei aber mit älteren Handys nicht kompatibel. Dem widerspricht Fachmann Melette: «Wir haben schon vor Jahren nachgewiesen, dass man die Sicherheitslücken auch älterer Handys ohne grossen Aufwand stopfen kann.»

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