0900er-Nummern: Bern schläft
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K-Tipp 13/2002
21.08.2002
Deutschland sagt Betrügereien mit teuren Telefonnummern den Kampf an. In der Schweiz tut sich nichts.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Bei der Rechtsberatung des K-Tipp ist man sich nach den unzähligen Anfragen der letzten Monate einig: Telefonrechnungen, die oft für mehrere hundert oder gar tausend Franken unerklärliche Verbindungen auf teure Servicenummern mit Vorwahl 0900, 0901 oder 0906 verzeichnen, sind heute fast an der Tagesordnung.
Schuld ...
Deutschland sagt Betrügereien mit teuren Telefonnummern den Kampf an. In der Schweiz tut sich nichts.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Bei der Rechtsberatung des K-Tipp ist man sich nach den unzähligen Anfragen der letzten Monate einig: Telefonrechnungen, die oft für mehrere hundert oder gar tausend Franken unerklärliche Verbindungen auf teure Servicenummern mit Vorwahl 0900, 0901 oder 0906 verzeichnen, sind heute fast an der Tagesordnung.
Schuld daran sind in vielen Fällen so genannte Dialer, also Wählprogramme, die Internet-Surfern Zugang zu kostenpflichtigen Angeboten im Netz ermöglichen. Einmal auf den Computer heruntergeladen, kappen die Dialer dessen Internet-Verbindung über die sonst übliche Einwahlnummer und stellen sie über eine kostspielige Servicenummer sofort wieder her.
Illegal wird die Sache dann, wenn sich ein Dialer heimlich als Standardverbindung vom Computer ins Internet installiert: Betroffene surfen dann oft stundenlang ahnungslos über die teure Servicenummer - und bei deren Betreiber klingelt die Kasse.
Solch fiese Machenschaften nimmt die Regierung Deutschlands jetzt ins Visier. Sie setzt den Hebel primär bei den Telefongesellschaften an, die ja für die Betreiber von Servicenummern das Inkasso besorgen und dabei kräftig mitverdienen. Die Telefongesellschaften sollen neu unter anderem verpflichtet werden,
- Servicenummern zu entziehen, wenn sie gesicherte Kenntnis haben, dass deren Betreiber gegen Vorschriften verstossen,
- ihre Kunden ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass sie auf der Telefonrechnung aufgeführte Forderungen von Servicenummern-Betreibern bestreiten können.
Beim Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom) reagiert man auf die neuen deutschen Vorschriften gelassen. «Vom Resultat her entsprechen diese Vorschriften weitgehend dem schweizerischen Status quo», meint Bakom-Sprecher Roberto Rivola.
Anders sieht das Matthias Nast von der Stiftung für Konsumentenschutz: «Einmal mehr zeigt sich, dass Deutschland und die EU der Schweiz im Konsumentenschutz um Längen voraus sind - und zwar nicht bloss in den "klassischen" Bereichen, sondern auch punkto neue Technologien und Telekommunikation.»
Kontrollen haben Seltenheitswert
Wer in der Schweiz eine Servicenummer betreibt, um Internet-Angebote mittels Dialer zu verrechnen, hat sich an bestimmte Regeln zu halten (siehe K-Tipp 20/01). Über deren Einhaltung muss das Bundesamt für Kommunikation wachen. Doch es hat bisher nur in sechs Fällen interveniert. Und eine Servicenummer wurde noch nie entzogen.
Möglicher Grund für diese magere Bilanz: Das Bakom führt Kontrollen nur bei Missbrauchsverdacht durch. «Bei über 100 000 Servicenummern würde ein Überblick über alle Nummern ein unverhältnismässiges Kontrollsystem bedingen», rechtfertigt sich das Bundesamt.