Abgekartetes Spiel im Büro
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K-Tipp 11/2002
29.05.2002
American-Express-Agentin schummelte
Vertreter von American Express suchen potenzielle Kunden am Arbeitsplatz auf und locken mit Gratis-Kreditkarten. Dabei nehmen sie es mit der Wahrheit nicht immer so genau.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Die Amexco-Agentin tauchte Mitte April 2002 bei Joe's Multimedia AG in Basel auf. Ihre Message an die Angestellten des Videoverleihs: Wer sofort unterschreibt, erhält eine American-Express-Goldkarte - ohne Jahresg...
American-Express-Agentin schummelte
Vertreter von American Express suchen potenzielle Kunden am Arbeitsplatz auf und locken mit Gratis-Kreditkarten. Dabei nehmen sie es mit der Wahrheit nicht immer so genau.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Die Amexco-Agentin tauchte Mitte April 2002 bei Joe's Multimedia AG in Basel auf. Ihre Message an die Angestellten des Videoverleihs: Wer sofort unterschreibt, erhält eine American-Express-Goldkarte - ohne Jahresgebühr.
«Keiner von uns wollte sich die Gelegenheit entgehen lassen», erinnert sich Mitarbeiter Jonas Gmür. «Alle füllten ein Antragsformular aus und gaben nebst ihren Personalien auch Bankkonto und Jahreseinkommen an.»
Der Clou: Unter der Rubrik «Beruf/Position» setzte die Agentin bei allen sechs Angestellten kurzerhand «Stv.» ins Formular. Denn eine Kaderfunktion ist für die Goldkarte fast ein Must.
Die Mogelei flog auf, als Kartenherausgeberin Swisscard die Antragsteller telefonisch kontaktierte, um die Angaben im Formular zu überprüfen. Da niemand stellvertretender Filialleiter war, wurden alle Anträge storniert.
Antragsformulare werden vernichtet
«Mir war das eigentlich egal», erzählt Jonas Gmür. Nicht egal war ihm jedoch, dass Swisscard die persönlichen Angaben im Formular behalten wollte. «Die Telefonistin sagte mir, die Daten würden für interne Zwecke verwendet.»
«Ein Missverständnis», meint dazu der Swisscard-Mediensprecher Jean-Marc Hensch. «Die Daten werden nicht weiter verwendet und die Antragsformulare vernichtet.»
«Überdurchschnittlich erfolgreiche» Methode
Das forsche Vorgehen der Agentin kann sich Hensch nicht erklären. Sie habe zwar «primär auf Provisionsbasis» gearbeitet, «musste aber wissen, dass aufgrund der strengen Qualitätskontrollen Fehler unverzüglich korrigiert werden». Die Agentin werde nicht länger für die Swisscard tätig sein.
Vom Direktverkauf der Kreditkarten an sich ist der Mediensprecher aber nach wie vor begeistert: Er sei «überdurchschnittlich erfolgreich» und ein weiteres Beispiel für die «innovativen Vertriebsmethoden» von American Express.
Kreditkarten - Antrag abgelehnt: Lassen Sie Ihre Daten löschen!
Wer eine Kredit- oder eine Kundenkarte beantragt, muss in der Regel Daten wie das Einkommen preisgeben. Doch welche Rechte haben Betroffene, wenn ihr Antrag abgelehnt wird?
- Fragen Sie bei der betreffenden Firma schriftlich an, welche Daten über Sie gespeichert sind. Legen Sie Ihrem Brief eine Kopie Ihres Passes oder Ihrer Identitätskarte bei. Die Auskunft ist gratis.
- Verlangen Sie, dass nicht mehr benötigte Angaben vernichtet respektive gelöscht werden. Gemäss Datenschutzgesetz darf ein Unternehmen Daten nur aufbewahren, wenn es daran ein «überwiegendes Interesse» hat.
«Das wäre etwa der Fall, wenn jemand im Antragsformular falsche Angaben gemacht hat», erklärt der Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, Kosmas Tsiraktsopulos. «Lehnt ein Karteninstitut einen Antragsteller aber wegen zu kleinem Einkommen ab, genügt es, im Computer einen entsprechenden Vermerk zu machen. Die übrigen Daten sind zu löschen.»
- Als Antragsteller können Sie nur verlangen, dass das Antragsformular vernichtet wird. Die Kartenfirma muss es Ihnen nicht herausgeben.
- Übrigens: Wer am Arbeitsplatz einen Vertrag unterschreibt, kann diesen in der Regel innert sieben Tagen widerrufen. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Kunde über das Widerrufsrecht informiert worden ist.