Absenz am Arbeitsplatz wegen Krankheit - Sieben Tage ohne Lohn?
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K-Tipp 9/2001
09.05.2001
Wegen einer hartnäckigen Mittelohrentzündung habe ich letzten Monat drei Wochen am Arbeitsplatz gefehlt. Zu meiner Enttäuschung hat mir mein Arbeitgeber für die erste Woche der Krankheit überhaupt keinen Lohn bezahlt; das seien Karenztage, sagte er mir. Für die restliche Zeit meiner Erkrankung erhielt ich nur 80 Prozent meines üblichen Lohnes als Krankentaggeld ausbezahlt. Ist dies korrekt?
Nein. Dass Sie sieben Tage lang keinen Lohn erhalten haben, ist keinesfalls zulässi...
Wegen einer hartnäckigen Mittelohrentzündung habe ich letzten Monat drei Wochen am Arbeitsplatz gefehlt. Zu meiner Enttäuschung hat mir mein Arbeitgeber für die erste Woche der Krankheit überhaupt keinen Lohn bezahlt; das seien Karenztage, sagte er mir. Für die restliche Zeit meiner Erkrankung erhielt ich nur 80 Prozent meines üblichen Lohnes als Krankentaggeld ausbezahlt. Ist dies korrekt?
Nein. Dass Sie sieben Tage lang keinen Lohn erhalten haben, ist keinesfalls zulässig.
Im Grundsatz gilt: Angestellte haben im Krankheitsfall einen gesetzlich garantierten Lohnanspruch - und zwar ab dem ersten Tag der Krankheit. Ob sie im Stundenlohn oder im Monatslohn angestellt sind, spielt dabei keine Rolle. Voraussetzung ist nur, dass das Arbeitsverhältnis auf mehr als drei Monate fest abgeschlossen wurde oder bereits mehr als drei Monate gedauert hat.
Diese so genannte Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers beträgt im ersten Anstellungsjahr drei Wochen, danach je nach Anstellungsdauer und regionaler Gerichtspraxis angemessen länger.
Beispiel: Nach 15 Dienstjahren endet die Lohnfortzahlungspflicht gemäss der Basler Gerichtspraxis (Basler Skala) nach 17 Wochen, gemäss Zürcher Skala nach
21 Wochen.
Damit Angestellte, die wegen Krankheit längere Zeit arbeitsunfähig sind, nicht in ein Finanzloch fallen, haben sehr viele Betriebe eine Kollektiv-Krankentaggeld-Versicherung abgeschlossen (in vielen Gesamtarbeitsverträgen ist das sogar vorgeschrieben). Üblicherweise sehen solche Versicherungen vor, dass bei längerer Krankheit in den meisten Fällen 80 Prozent des Lohnes gezahlt werden - und zwar zwei Jahre lang. Die Prämie muss der Betrieb mindestens zur Hälfte übernehmen.
Das Gesetz verlangt, dass die Leistung dieser kollektiven Taggeldversicherung «mindestens gleichwertig» sein muss. Sie darf also die Arbeitnehmer im Vergleich zur oben geschilderten gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nicht schlechter stellen. Und sie ist nur gültig, wenn eine schriftliche Abmachung vorliegt.
Allgemein geht man davon aus, dass diese Gleichwertigkeit gegeben ist, wenn der Lohn zwar nur 80 Prozent beträgt, dafür aber zwei Jahre lang kommt.
Gerichtlich nicht geklärt ist die Frage, ob eine solche Lösung (80 %, 2 Jahre) auch dann noch gleichwertig ist, wenn sie eine Wartefrist (Karenzfrist) von einem oder zwei Tagen beinhaltet; wenn also die angestellte kranke Person in den ersten zwei Tagen keinen Lohn erhält:
- Klar ist, dass diese Wartefrist für den Angestellten auf keinen Fall länger als zwei Tage sein darf, sonst ist die Versicherungslösung nicht mehr gleichwertig. Ab dem dritten Tag ist der Lohnanspruch in der Höhe von beispielsweise 80 Prozent also klar gegeben.
- Eine solche Karenzfrist von maximal zwei Tagen ist nur erlaubt, wenn sie schriftlich so abgemacht ist (oder in einem Gesamtarbeitsvertrag steht). Sagt der Arbeitsvertrag nichts über eine Karenzfrist, ist der Lohn ab dem ersten Krankheitstag geschuldet (ob zu 80 oder zu 100 Prozent ist juristisch umstritten).
- Natürlich ist es den Arbeitgebern unbenommen, für die Angestellten bessere Lösungen zu treffen, also beispielsweise Lohn in jedem Fall ab dem ersten Krankheitstag und/oder in der vollen Höhe. Anders ist die Situation, wenn Angestellte wegen eines Unfalles am Arbeitsplatz fehlen. Hier zahlt die obligatorische Unfallversicherung 80 Prozent des letzten Lohnes ab dem dritten Tag der Absenz. Der Arbeitgeber ist vom Gesetz verpflichtet, in den ersten beiden Tagen 80 Prozent des Lohnes zu zahlen.
(ge)