Ärger im Kinderparadies
Zigarettenrauch und Videos als Babysitter: Spielecken in Einkaufszentren sind oft alles andere als kinderfreundlich.
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K-Tipp 6/2006
22.03.2006
Martin Arnold - redaktion@ktipp.ch
Ein kleiner Junge spielt mit ein paar Bauklötzen. Direkt daneben sitzt seine Mutter an einem Bistro-Tisch - und raucht. Tatort: die Spielecke im Media Markt des Westcenters in St. Gallen. Edoardo Alderisio, Geschäftsführer im Media Markt, ist diese Situation peinlich: «Unser Einkaufszentrum ist eigentlich rauchfrei. Doch unsere Kunden bestürmten uns, dort eine Raucherecke einzurichten. Das ist für die Gesundheit der Kinder sicher nicht besonders gut.»
Damit trifft Alderisio...
Ein kleiner Junge spielt mit ein paar Bauklötzen. Direkt daneben sitzt seine Mutter an einem Bistro-Tisch - und raucht. Tatort: die Spielecke im Media Markt des Westcenters in St. Gallen. Edoardo Alderisio, Geschäftsführer im Media Markt, ist diese Situation peinlich: «Unser Einkaufszentrum ist eigentlich rauchfrei. Doch unsere Kunden bestürmten uns, dort eine Raucherecke einzurichten. Das ist für die Gesundheit der Kinder sicher nicht besonders gut.»
Damit trifft Alderisio den Nagel auf den Kopf: «Die Lunge Heranwachsender ist besonders anfällig für Schädigungen», erklärt Johannes Wildhaber, Spezialist für Lungenerkrankungen am Kinderspital Zürich. Passivrauchen schwäche die Lungenfunktion und das Immunsystem, wodurch man anfällig für Infekte und Asthma werde. Neueste Forschungen gehen bei Erwachsenen von einem dreieinhalb Mal so grossen Lungenkrebs-Risiko aus, wenn diese als Kind regelmässig Rauch ausgesetzt waren, jedoch nie selber geraucht haben.
Alderisios löblicher Vorsatz: «Ich werde die Spielecke umgehend zur rauchfreien Zone erklären und stattdessen frisches Obst aufstellen lassen.»
Wie eine K-Tipp-Stichprobe in verschiedenen Einkaufszentren im Raum Zürich/Ostschweiz zeigt, ist die verqualmte Spielecke in St. Gallen kein Einzelfall. So darf auch im Säntispark in Abtwil unmittelbar neben der Kinder-Rutschbahn gepafft werden. Ein ähnliches Bild im Winterthurer Zentrum Shopping Seen: Die Raucherzone des Migros-Restaurants liegt kaum drei Meter von der Kinderspielecke entfernt.
Flimmerkiste soll Kinder ruhig stellen
«Rauchende Eltern möchten - genauso wie die nicht rauchenden - in Sichtweite ihrer Kinder sitzen, damit sie diese beaufsichtigen können. Wir haben auch schon Reklamationen von rauchenden Eltern erhalten, die beanstandeten, diesem Wunsch würde von uns zu wenig Rechnung getragen», sagt Claudia Schumm-Robustelli von der Migros Ostschweiz.
Auch wenns den Kindern im Media Markt St. Gallen stinkt, zumindest das Spielangebot kann sich sehen lassen: Es gibt eine Rutschbahn, ein Spielhaus, einen Tisch und weitere Spielmöglichkeiten. Vor allem aber ist der Media Markt einer der wenigen Läden, der darauf verzichtet, die Kinder bloss mit einer Flimmerkiste ruhig zu stellen. Diesbezüglich schneiden Interio St. Gallen, Coop Bau und Hobby in Wil und der Schlösslipark Frauenfeld schlecht ab. Im Coop Bau und Hobby Wil zum Beispiel sitzen die Kinder auf alten Holzbänken zwischen Tontöpfen versteckt unter einer Treppe und schauen dröge in die Glotze.
Geschäftsführer Karl Dilitz begründet dies so: «Kinder lieben Höhlen. Sie suchen Geborgenheit.» Ulrike Koller, Sprecherin von Coop Region Ostschweiz, verhehlt die wahre Absicht nicht: «Wir haben bei der Spielecke im Schlösslipark Frauenfeld seit jeher ein Videogerät installiert, um eine gewisse Ruhe in den Bereich zu bringen.»
Kinderfreundlich: Ikea machts vor
Sogar Kasse mit der Kinder-Unterhaltung macht man bei Top-Tip und Conforama in St. Gallen, im Einkaufszentrum Breite in Wil, beim Jumbo Frauenfeld und im Media Markt Dietlikon. Diese Zentren haben ausschliesslich Spielgeräte im Angebot, die mit einem Geldstück in Bewegung zu setzen sind.
Einen kostenlosen und professionellen Service für Eltern gibts hingegen im Möbelhaus Ikea in Dietlikon ZH: Auf 180 Quadratmetern können Kinder im «Märliwald» auf Bällen herumhüpfen, es hat einen Spielplatz mit zahlreichen Turngeräten, und die Kinder können auch malen.
Ausserdem stehen die Kleinen hier unter Aufsicht - im Gegensatz zu allen anderen vom K-Tipp besuchten Einkaufszentren. Wenn ein Kind seine Eltern braucht, werden diese von der Betreuerin mit einem eigens abgegebenen Handy zurückgerufen. Auch diese Dienstleistung ist gratis. Ikea offeriert zudem Babynahrung, es gibt einen Stillraum, einen Wickeltisch (auch auf dem Männerklo) und Windeln.
Kennen Sie weitere gute oder schlechte Beispiele von Spielecken in Einkaufszentren? Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit auf www.ktipp.ch.