Alte Karten - neue Baustoffe
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K-Tipp 14/2000
06.09.2000
Kreditkarten Recyclingfirmen bedauern Wegwerfhaltung der Herausgeber
Ausgediente Kreditkarten sind zu 100 Prozent wieder verwertbar. Theoretisch. Meist jedoch landen sie in der Verbrennungsanlage, denn separates Sammeln ist aufwändig.
Pirmin Schilliger redaktion@k-tip.ch
Das Portemonnaie des Durchschnittsschweizers enthält Karten und Ausweise aus Plastik für ganz unterschiedliche Zwecke: Kreditkarten, Postcard, Halbtax-Abo, Identitätskarte, M-Cumu...
Kreditkarten Recyclingfirmen bedauern Wegwerfhaltung der Herausgeber
Ausgediente Kreditkarten sind zu 100 Prozent wieder verwertbar. Theoretisch. Meist jedoch landen sie in der Verbrennungsanlage, denn separates Sammeln ist aufwändig.
Pirmin Schilliger redaktion@k-tip.ch
Das Portemonnaie des Durchschnittsschweizers enthält Karten und Ausweise aus Plastik für ganz unterschiedliche Zwecke: Kreditkarten, Postcard, Halbtax-Abo, Identitätskarte, M-Cumulus, Coop Supercard, UBS-Kundenkarte.
Die Lebensdauer dieser Plastikkarten aus Kunststoffen wie Polycarbonat (PC), Polyvinylchlorid (PVC), PET oder ABS ist beschränkt. Spätestens nach drei bis vier Jahren müssen sie ersetzt werden. Die alten Karten landen meistens im Papierkorb und gehen später in Verbrennungsanlagen in Rauch auf.
«Eigentlich ein Unsinn», sagt dazu Peter Hofmann, Geschäftsführer der Cardag AG in Oberentfelden AG, die jährlich über 80 Millionen Karten produziert. Besser als das Verbrennen wäre das Recycling. «Jede Karte, die wir produziert haben, nehmen wir auch wieder zurück», versichert Hofmann. Die Produzenten shreddern und sortieren diesen Abfall und spedieren ihn an Recycling-Firmen.
Die Sager AG in Dürrenäsch AG etwa stellt aus altem PVC neue Rohrisolationen und Profile für Betonverschalungen her. «Wir können die ausgedienten Plastikkarten hundertprozentig wieder verwerten», erklärt Firmenleiter Ruedi Sager.
Aus Kreditkarten werden zum Beispiel Stossstangen
Auch die Trüb AG in Aarau, Herstellerin der Eurocard und der UBS-Kundenkarte, nimmt alte Karten zurück. Für das Recycling ist die Firma ELKU in Ueken AG besorgt. Was einmal eine Kreditkarte war, wird so unter anderem zu Stossstangen, Veloständern und Sitzbänken verarbeitet.
Grösstenteils sind es aber die Produktionsabfälle der Hersteller, die in Dürrenäsch und Ueken rezykliert werden. «Von den Kartenherausgebern und -benützern hingegen kommt verschwindend wenig zu uns zurück», erklärt Hofmann. Er schätzt die Rücklaufquote auf weniger als zehn Prozent.
Der Grund dafür liegt bei den Herausgebern der Karten. Nur ganz wenige zeigten bis anhin Interesse, beim Entsorgungskonzept mitzuspielen. Die SBB und die Post nehmen die alten Karten an den Kundenschaltern zurück. Allerdings machen sie die Kunden nicht gross darauf aufmerksam.
Rolf Grünhut, Geschäftsführer des Kartenherstellers Printoplast in Affoltern am Albis, stellt fest: «Die meisten Leute wissen gar nicht, dass es eine Recyclingmöglichkeit gibt.» Einzig auf der aus PET fabrizierten IKEA Family Card ist das Recycling-Zeichen aufgeprägt.
Wer bei Coop seine alte Profit-Karte loswerden möchte, dem wird am Kundenschalter beschieden: Fortschmeissen! Ähnlich tönt es bei vielen weiteren Kartenherausgebern. Sie raten, die alte Karte mit der Schere zu zerschneiden und in den Papierkorb zu werfen.
Bei der UBS nehmen Kundenberater alte Konto- und Kreditkarten zwar am Schalter entgegen. Doch werden die Karten später, wie Felix Oeschger vom UBS-Cardcenter erklärt, verbrannt. Das Material sei zu unrein, das Heraustrennen der Mikrochips vor der Wiederverwertung zu aufwändig.
Die Karten einzusammeln wäre ganz einfach
«Falsch», erklärt Martin Ott, Leiter Logistik bei der Trüb AG. «Auch aus dem Kunststoffgemisch kann ein Rezyklat gewonnen werden.»
Und Sager ist überzeugt: «Wenn die Herausgeber mitspielen würden, könnte man die alten Karten ganz einfach einsammeln. Dafür brauchte es nicht viel mehr als einen kleinen Behälter an den Kundenschaltern und etwas Information.»
Natürlich rennt kein vernünftiger Mensch einzig einer ausgedienten Karte wegen an den Bankschalter. Ist der Gang zur Bank aber ohnehin fällig, kann man die alte Kreditkarte am Schalter gleichzeitig entsorgen.
«Recycling lohnt sich nur, wenn man dafür keine eigene Logistik aufbauen muss», erklärt Hans-Peter Fahrni, Abfallchef beim Bundesamt für Umwelt (Buwal). Deshalb gibt das Buwal auch keine Empfehlungen ab, was mit den alten Plastikkarten passieren soll. Schliesslich handle es sich im Vergleich zu anderen Abfällen um Kleinstmengen.
Nur etwa 0,7 Prozent des weltweiten Verbrauchs an PVC geht nämlich auf Konto der Plastikkarten. In unserem Land dürften im Moment jährlich 70 bis 100 Tonnen alte Kreditkarten anfallen.