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K-Tipp 4/2000
23.02.2000
Weissmacher-Zahnpasten im Test: 7 von 10 sind ungenügend.
Statt Nikotin- und Teeflecken sanft zu entfernen, schmirgeln die meisten Weissmacher-Zahnpasten den Zahnhals mit aggressiven Methoden ab. Und sie putzen nicht besser als herkömmliche Pasten.
Welche Farbe haben meine Zähne", fragt die Lehrerin erwartungsvoll lächelnd ihre Schüler. "Beige", kommt verschämt die Antwort. Der Werbespot, aus dem diese Szene stammt, hat die Lösung gegen beige Zähne parat: ei...
Weissmacher-Zahnpasten im Test: 7 von 10 sind ungenügend.
Statt Nikotin- und Teeflecken sanft zu entfernen, schmirgeln die meisten Weissmacher-Zahnpasten den Zahnhals mit aggressiven Methoden ab. Und sie putzen nicht besser als herkömmliche Pasten.
Welche Farbe haben meine Zähne", fragt die Lehrerin erwartungsvoll lächelnd ihre Schüler. "Beige", kommt verschämt die Antwort. Der Werbespot, aus dem diese Szene stammt, hat die Lösung gegen beige Zähne parat: eine so genannte Weissmacher-Paste.
Diese speziellen Zahnpasten verkaufen sich immer besser. Innerhalb weniger Jahre eroberten sie in der Schweiz einen Marktanteil von beinahe 20 Prozent.
Eines haben alle Produkte gemeinsam: Sie versprechen weissere Zähne. Und sie buhlen um die Kundschaft mit viel versprechenden Namen wie Sensation White oder Natural White.
Thomas Imfeld, Professor an der Klinik für Präventivzahnmedizin der Universität Zürich, sieht im Boom der Weissmacher-Zahnpasten eine Zeitgeist-Entwicklung. "Auch wenn keine medizinischen Gründe für weisse Zähne sprechen, sind sie doch ein erstrebenswertes Ziel der Bevölkerung geworden."
Allerdings versprechen die WeissmacherPasten meist mehr, als sie halten. Statt die Zähne sanft zu reinigen, schmirgeln sie das empfindliche Dentin ab. Das ergab eine Studie der Klinik für Präventivzahnmedizin an der Universität Zürich, die in der Schweizer Monatsschrift für Zahnmedizin veröffentlicht wurde. Untersucht wurden zehn der meistverkauften Weissmacher-Zahnpasten.
Ein Zahn besteht aus dem Zahnbein (Dentin) und einer Kappe aus hartem Zahnschmelz; diese Kappe reicht bis zum Zahnfleisch. Geht das Zahnfleisch zurück, ist das empfindliche Dentin freigelegt und dann ungeschützt der Zahnbürste und der Zahnpaste ausgesetzt (siehe Grafik auf Seite 19).
Weil Dentin bedeutend weicher ist als der Zahnschmelz, ist es empfindlicher gegenüber schmirgelnden Zahnpasten.
Besonders betroffen durch diese aggressiven Pasten sind also Konsumentinnen und Konsumenten mit freiliegenden Zahnhälsen. "Praktisch jeder, der älter ist als 50 Jahre, hat mit Zahnfleisch-Schwund zu kämpfen", weiss Thomas Imfeld.
Falsches Zähneputzen führt aber immer mehr auch bei jüngeren Leuten zu Zahnfleischrückgang. Ein weit verbreitetes Problem also. Und deshalb ist bei Weissmacher-Pasten besondere Vorsicht angebracht.
Abreibung: Meistens zu stark
Acht der getesteten Produkte reiben das Dentin stark oder sogar sehr stark ab. Schonend gehen lediglich Cleanicdent und Rembrandt Original ans Werk (siehe Tabelle).
Die Migros bestätigt die gefundenen Werte. Sie weist in einer Stellungnahme aber dennoch darauf hin, dass man Candida White wie eine normale Zahnpasta anwenden könne. "Falsch", sagt Imfeld. "Für Leute mit freiliegenden Zahnhälsen ist die Paste nicht für den täglichen Gebrauch geeignet."
Die Produzentin von Odol, die Firma SmithKline Beecham, bestätigt die gefundenen Ergebnisse ebenfalls, ist aber mit der Bewertung durch Imfeld nicht einverstanden. "Die Studie beurteilt nach Massstäben, die nicht weltweit wissenschaftlich anerkannt sind", kritisiert der Weltkonzern.
SmithKline Beecham empfiehlt deshalb Odol-dent 3 Samtweiss weiterhin für den täglichen Einsatz. Auch diese Empfehlung bezeichnet Imfeld als falsch. Für Personen mit Zahnfleisch-Schwund sei die Paste nicht für eine mehrmalige tägliche Anwendung geeignet.
Aufrauung: Problemfall Füllungen
Ein wichtiger Faktor für weisse Zähne ist das Kriterium Aufrauung. Je weniger eine Zahnpasta nämlich den Zahn aufraut, desto mehr glänzt er. Das ist wie bei einem Autolack. Mit einem rauen Putzschwamm zerkratzt man den Lack, was ihn matt erscheinen lässt.
Vorsicht ist vor allem geboten, wenn Sie Füllungen in den vorderen Zähnen haben. Mikrofeine Kratzer in den Füllungen nehmen ihnen den Glanz. Resultat: Die farblich den Zähnen angepasste und daher unsichtbare Füllung ist plötzlich als solche zu erkennen.
Für Leute mit solchen Füllungen sind demnach nur Cleanicdent, Rembrandt Original sowie Signal Natural White geeignet. Sie zerkratzen Füllungen und Zähne nur wenig.