Angst vor horrender Rechnung
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K-Tipp 13/2001
22.08.2001
Swisscom reduziert Zahl der Nummern-Sperrsets
Telefonabonnenten sind sauer: Wer seinen Anschluss für bestimmte Rufnummern sperren lassen will, hat keine befriedigende Auswahl mehr.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Siegfried Bill aus Turgi AG hatte keine Lust, plötzlich eine Telefonrechnung über 4000 Franken zu erhalten. Genau dies war seinem Sohn passiert, nachdem er die Internetverbindung unabsichtlich über eine 0906er-Nummer hergestellt hatte un...
Swisscom reduziert Zahl der Nummern-Sperrsets
Telefonabonnenten sind sauer: Wer seinen Anschluss für bestimmte Rufnummern sperren lassen will, hat keine befriedigende Auswahl mehr.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Siegfried Bill aus Turgi AG hatte keine Lust, plötzlich eine Telefonrechnung über 4000 Franken zu erhalten. Genau dies war seinem Sohn passiert, nachdem er die Internetverbindung unabsichtlich über eine 0906er-Nummer hergestellt hatte und fortan ahnungslos für stolze Fr. 4.23 pro Minute im Netz surfte.
Bill liess deshalb von der Swisscom Sperrset 9 aktivieren. Damit unterband er die Möglichkeit, über seinen Anschluss die kostspieligen Business- und Sex-Telefonnummern mit Vorwahl 0900, 0901 und 0906 anzuwählen.
Doch im Frühsommer teilte die Swisscom den Kunden fast aller Sperrsets mit, dass sie ihr Angebot «anpassen» und einige Sets aufheben werde. Den Abonnenten von Set 9 empfahl sie als Alternative das neue Set 3. Dieses sperrt die 0906er-Sexnummern - aber auch die Carrier Selection, also die Möglichkeit, Einzelgespräche über einen anderen Telefonanbieter zu führen.
Bill war gar nicht erfreut. Um schwindelerregend hohe Telefonrechnungen auszuschliessen, hätte er weiterhin auch die 0900er- und 0901er-Nummern sperren wollen. «Ich kann es nicht verstehen, dass die Swisscom ihren Abonnenten dieses einfache Schutzmittel entzieht», hält er konsterniert fest.
Und Siegfried Bill ist kein Einzelfall. Die Empörung darüber, dass sich neu nur noch deutlich mehr oder deutlich weniger Verbindungen sperren lassen als mit dem bisherigen Set 9, ist verbreitet.
Viele Leute reagieren zudem sauer, weil die Swisscom mit ihren neuen Sperrsets stets auch die Carrier Selection verunmöglicht. Das sei «sehr unschön», klagt etwa Kurt Spühler aus Winterthur und spricht von «kundenfeindlichem Vorgehen», während Winfried Straub aus Bronschhofen SG die «monopolistische Anbindung an Swisscom» kritisiert.
Dazu kommt, dass die Swisscom lückenhaft überdie Neuerungen informiert hat: Abonnenten des bisherigen, nur die Sexnummern unterdrückenden Sets 8 erfuhren nichts von der bevorstehenden Sperrung der Carrier Selection - wegen einer «Panne unsererseits», wie Swisscom-Sprecher Sepp Huber die Wogen zu glätten versucht.
Zugleich verteidigt Huber aber die konsequente Sperrung der Carrier Selection. Der Kundenvertrag und - im Falle der Sexnummern - auch das Gesetz verlangten, die vom Kunden gewünschte Sperre «vollumfänglich sicherzustellen»; dazu müsse man eben auch die Umgehungsmöglichkeit über andere Anbieter ausschliessen. Falsch, heissts dazu bei anderen Telefonfirmen. In Deutschland zum Beispiel seis möglich, die Sexnummern lückenlos zu unterdrücken, ohne die Carrier Selection zu sperren; «das ist bloss eine technische Frage», so Beat Geiser von Tele2. Bei der Swisscom-Konkurrenz ist daher von inakzeptabler Wettbewerbs-Verzerrung die Rede. Tele2 hat gar Anzeige bei der Wettbewerbskommission eingereicht und auch das Bundesamt für Kommunikation prüft die Sache.
Die Swisscom indes unterstreicht, die Carrier Selection werde für die Sperrset-Abonnenten ja nicht völlig abgeklemmt. Es bestehe nämlich die Möglichkeit, das Sperrset mit einem persönlichen Zahlencode selber aus- und einzuschalten. Dass so die Durchwahl zu anderen Telefonanbietern klar komplizierter wird, ist für die Swisscom kein Thema.
Für viele Sperrset-Abonnenten allerdings schon.
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Entweder fast alles oder fast nichts - die Auswahl ist bescheiden
Seit drei Wochen gibts nur noch vier Varianten zum Sperren von Nummern:
- Set 1: Sperrt alle abgehenden Verbindungen inklusive der Carrier Selection, also der Möglichkeit zu Einzelgesprächen über andere Telefonanbieter.
- Set 2: Sperrt neben der Carrier Selection alle Verbindungen auf die mit 0900 und 0901 beginnenden Business- sowie auf die mit 0906 beginnenden Erotiknummern, die bis Fr. 4.23 pro Minute kosten. Zudem werden alle Verbindungen ins Ausland sowie auf die Kurznummern 1151 bis 1154 und 1159 (internationale Auskunft) gesperrt.
- Set 3: Sperrt nur Verbindungen auf die mit 0906 beginnenden Erotiknummern sowie die Carrier Selection.
- Set 4: Sperrt die Carrier Selection. Jedes Sperrset lässt sich mit einem persönlichen Zahlencode aus- und einschalten. Wer neu ein Sperrset abonniert, erhält den Code zugeteilt. Bisherige Sperrset-Abonnenten können ihn unter Tel. 0800 800 800 anfordern.
Die Sperrsets 1, 2 und 4 kosten monatlich 3 Franken; dazu kommt eine einmalige Einrichtungsgebühr von 18 Franken. Sperrset 3 ist gratis.