Arbeiten - und dafür bezahlen
Knallharte Lohnpolitik bei der Generali: Haben Aussendienstmitarbeiter Pech, müssen sie nach der Kündigung sogar noch Geld zurückzahlen.
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K-Tipp 4/2006
22.02.2006
Marco Diener - mdiener@ktipp.ch
Nur gut anderthalb Jahre arbeitete Martin Franzen (Name geändert) bei der Generali-Versicherung. Aber daran erinnern wird er sich noch lange. Denn sein ehemaliger Arbeitgeber verlangt fast 11 000 Franken von ihm.
Und das kam so: Franzen liess sich Anfang 2004 als Aussendienstmitarbeiter bei der Generali anstellen. Seine Aufgabe: Lebensversicherungen verkaufen. Sein Lohn: monatlich Fr. 800.- Fixum plus Fr. 1400.- Provisions-Vorschuss. Dafür hätte Franzen monatlich zwei Lebensver...
Nur gut anderthalb Jahre arbeitete Martin Franzen (Name geändert) bei der Generali-Versicherung. Aber daran erinnern wird er sich noch lange. Denn sein ehemaliger Arbeitgeber verlangt fast 11 000 Franken von ihm.
Und das kam so: Franzen liess sich Anfang 2004 als Aussendienstmitarbeiter bei der Generali anstellen. Seine Aufgabe: Lebensversicherungen verkaufen. Sein Lohn: monatlich Fr. 800.- Fixum plus Fr. 1400.- Provisions-Vorschuss. Dafür hätte Franzen monatlich zwei Lebensversicherungen verkaufen sollen. Wären es mehr gewesen, hätte er eine zusätzliche Provision erhalten.
Fr. 1742.85 Lohn für einen Fulltime-Job
Doch Franzen verkaufte weniger. Zudem kam es vor, dass Kunden nicht zahlten oder vom Vertrag zurücktraten. Auch dies wurde Franzen angelastet. Deshalb gelang es ihm nie, die ausbezahlten Vorschüsse mit Versicherungsabschlüssen auch tatsächlich zu verdienen.
Bei seiner Kündigung lag Franzen mit 9000 Franken im Minus. Zwei Monate später warens - weil weitere Versicherte kündigten - fast 11 000 Franken. Und seine Schuld bei der Generali könnte noch weiter wachsen. Denn die Rechnung wird erst im Februar 2008 geschlossen.
In den 20 Monaten seiner Anstellung hat Franzen an Fixa und Provisions-Vorschüssen total Fr. 45 600.- erhalten. Davon muss er 10 743.- zurückzahlen. Mit anderen Worten: Pro Monat hat er gerade mal Fr. 1742.85 verdient - für eine Vollzeitstelle!
Franzen war entsetzt, als er nach der Kündigung erfuhr, dass er für seine Arbeit auch noch würde draufzahlen müssen. Rechtlich sind die Verträge zwar in Ordnung. Aber Laien können deren Tragweite kaum erfassen.
Marco Baur, stellvertretender CEO und Verkaufsleiter der Generali, sieht in den Verträgen nichts Ungewöhnliches. «Andere Versicherungen arbeiten ähnlich», sagt
er. Routinierte Mitarbeiter kämen bei der Generali auf Löhne von monatlich 5000 bis 7000 Franken. Spitzenverdiener sogar auf über 12 000 Franken. Allerdings komme es immer wieder vor, dass Mitarbeiter beim Austritt im Minus lägen.
Dank K-Tipp: Rechnung geschlossen
«Unser ehemaliger Angestellter», erklärt Baur, «hat Vorschüsse erhalten, diese aber nicht vollumfänglich verdient. Deshalb muss er einen Teil zurückzahlen.»
Zurückzahlen muss Franzen allerdings auch, weil Leute, denen er Policen verkauft hat, von ihren Verträgen zurückgetreten sind oder nicht mehr zahlen. Dieses Risiko wälzt die Generali zum Teil auf ihre Aussendienstler ab.
Marco Baur rechtfertigt dies: «So verhindern wir, dass unsere Mitarbeiter einfach Umsatz bolzen. Mit dieser Regelung werden sie dazu angehalten, Policen nur Leuten zu verkaufen, die das tatsächlich wollen und auch bezahlen können.»
Immerhin: Nach Intervention des K-Tipp hat die Generali Franzen angeboten, seine Rechnung per sofort abzuschliessen. So kann sie nicht noch mehr ins Minus fallen. Wenigstens das.