Bei einem Spitalaufenthalt erhielt ein Patient eine Blutkonserve, die mit dem Aids-Virus infiziert war. Als feststand, dass der Mann dadurch HIV-positiv geworden war, hat ihn der zuständige Chefarzt darüber nicht aufgeklärt. Fünf Jahre später brach beim Mann Aids aus - und erst jetzt wurde ihm seine Diagnose eröffnet.

Damit hat sich der Chefarzt der schweren Körperverletzung schuldig gemacht. Zu seiner Verteidigung brachte der Arzt vor, er habe den Mann psychisch und körperlich nicht belasten wollen; zudem sei der Patient schon sehr alt gewesen, und es habe damals noch keine Erfolg versprechende Therapien gegeben.

Doch damit kam der Arzt vor Gericht nicht durch. Denn die Aufklärungspflicht ist eine zentrale Aufgabe des Arztes. Ein Mediziner darf nur dann eine schlechte Diagnose verschweigen, wenn klar ist, dass diese den Patienten gesundheitlich schwer schädigen würde.

(em)

Entscheid des Kantonsgerichts St.Gallen, zitiert nach Schweiz. Juristenzeitung, Ausgabe 2/06