Inhalt
K-Tipp 13/2002
21.08.2002
Wanderkarten sollen detailliert, aber trotzdem übersichtlich sein. Etliche Kartenhersteller schaffen diesen Spagat nicht.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Schlechtes Wetter zieht auf, die Beine sind müde. Und die Wegweiser sind unklar. Wichtig wäre jetzt eine gute Wanderkarte. Doch viele Karten sind ihr Geld nicht wert. Das zeigt ein K-Tipp-Vergleich von sieben Wanderkarten - darunter fünf topografische Karten, eine Luftbild- und eine Panorama- oder Vogelschaukarte...
Wanderkarten sollen detailliert, aber trotzdem übersichtlich sein. Etliche Kartenhersteller schaffen diesen Spagat nicht.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Schlechtes Wetter zieht auf, die Beine sind müde. Und die Wegweiser sind unklar. Wichtig wäre jetzt eine gute Wanderkarte. Doch viele Karten sind ihr Geld nicht wert. Das zeigt ein K-Tipp-Vergleich von sieben Wanderkarten - darunter fünf topografische Karten, eine Luftbild- und eine Panorama- oder Vogelschaukarte: Zwei Karten erhielten die Note «genügend», zwei weitere gar «ungenügend».
Testpunkte waren:
- Die Qualität des Kartenbildes: Ist der Massstab vernünftig? Hats genügend Höhenlinien? Sind auch Kirchen als Orientierungshilfen eingetragen? Hats ein Koordinatensystem? Sind Signaturen in einer Legende erklärt?
- Wanderweg-Angaben: Unterscheidet die Karte geteerte und ungeteerte Wanderwege? Wie viele Wanderwege sind eingetragen? Hat es Angaben zu den Wanderzeiten?
- Angaben zum öffentlichen Verkehr: Sind Bergbahnen und Postautolinien eingetragen? Auch Haltestellen? Sind die Kursbuch-Fahrplanfelder, zum Beispiel auf der Rückseite, angegeben?
- Touristische Informationen: Hat es Vorschläge für Wanderungen? Sind Restaurants, Berghütten, Campingplätze und Schwimmbäder eingetragen?
Panoramakarte ohne Orientierungshilfen
Durchgefallen ist im K-Tipp-Test die Panoramakarte aus dem Skorpion-Verlag. Eine sichere Orientierung ist mit dieser Karte nicht möglich. Denn sie hat keine Höhenlinien, Orts- und Flurnamen sind rar, und Orientierungshilfen - zum Beispiel Kirchen - fehlen. Wer diese Karte studiert, kann nicht mit Sicherheit sagen, wo das Gelände ansteigt und wo es abfällt.
Bernhard Anderegg, Inhaber des Skorpion-Verlags, lässt diese Kritik jedoch nicht gelten: «Der Vorteil der Panoramakarte ist, dass man sich das Gelände vorstellen kann.» Er gibt zwar zu, dass topografische Karten mehr Details enthalten. Doch er fragt: «Wer kann eine topografische Karte lesen? Vielleicht ein OL-Läufer oder ein Soldat, der im Militär gut aufgepasst hat.»
Ebenfalls «ungenügend» ist die Ausflugs- und Touristikkarte fürs Berner Oberland aus dem Hause Kümmerly + Frey. Sie wird wie alle anderen getesteten Karten von Verlag und Handel als Wanderkarte angepriesen. Doch sie verdient diesen Namen nicht.
Frust für Wanderer: Massstab 1 : 120 000
Allein der Massstab von 1:120 000 ist für eine Wanderkarte unbrauchbar - weil ungenau. Und weil es nur eine Höhenlinie pro 100 Meter hat, können Wanderer steile Auf- und Abstiege nicht erkennen. Zudem sind, im Vergleich zu anderen Karten, nur sehr wenige Wanderwege eingetragen.
Kümmerly + Frey nimmt die K-Tipp-Kritik ernst. Der Verlag will die Karte künftig nicht mehr unter den Wanderkarten führen. Geschäftsführer Peter Niederhauser wehrt sich aber für die Karte: «Sie gibt eine Übersicht über ein grösseres Gebiet und sie liefert Anregungen für Wandermöglichkeiten. Für die genauere Planung braucht es dann eine Karte mit einem grösseren Massstab, zum Beispiel unsere Wanderkarte 1:60 000.»
Klarer Testsieger ist die Wanderkarte der Waadtländer Editions MPA. Grundlage ist die Landestopografie-Karte 1:25 000. Zusätzlich eingetragen sind Berg- und Wanderwege, Wanderzeiten, Restaurants, Aussichtspunkte und Haltestellen. Diese Angaben sind zwar rot eingezeichnet, trotzdem bleiben alle Details gut lesbar.
Schade nur, dass eine ausführliche Legende zu den Signaturen fehlt. So haben Wanderer, die im Kartenlesen ungeübt sind, etwas Mühe, alle Zeichen auf Anhieb richtig zu verstehen.
Top: Die Karte der Landestopografie
Platz zwei belegt die Wanderkarte 1:50 000 der Landestopografie. Im Gegensatz zur normalen Landestopografie-Karte mit dem gleichen Massstab hat sie einen gelben Umschlag und trägt die Bezeichnung T.
Auch bei ihr fehlt eine ausführliche Legende. Ansonsten lässt diese Karte nur wenig Wünsche offen. Die Wanderkarte der Landestopografie ist übrigens die einzige Karte, die praktisch die gesamte Schweiz abdeckt. Nur einige Grenzregionen fehlen.
Die Editions MPA hingegen konzentrieren sich vornehmlich auf die Romandie, für die Deutschschweiz sind nur vereinzelte Karten erhältlich.
Die anderen Verlage decken mit ihren Karten vor allem die touristischen Gebiete ab.
Eine Überraschung im K-Tipp-Vergleich ist die Top-Swiss-Erlebniskarte aus dem Hause Hallwag. Sie ist keine eigentliche Karte, sondern ein Luftbild. Darauf sind Strassen, Wege, Bahnen, Bäche besonders hervorgehoben. Dank des Massstabs von 1:15 000 ist jeder Schopf erkennbar. Allerdings fehlen Höhenlinien. Grosser Nachteil: Wer gerne ausgedehnte Wanderungen unternimmt, braucht dazu mehrere Karten. Übrigens: Eine Schwäche haben alle getesteten Karten - sie unterscheiden nicht zwischen geteerten und ungeteerten Wanderwegen. Viele Wanderer möchten geteerte Wege meiden.
Wichtig bei Wanderkarten: Höhenlinien, Orientierungshilfen und Details
Beim Kauf einer Wanderkarte sollten Sie am besten so vorgehen:
- Wählen Sie einen Massstab von 1 : 25 000 bis 1 : 50 000. Karten mit einem Massstab unter 1 : 25 000 sind übersichtlich, aber für lange Wanderungen brauchts mehrere Karten. Bei einem Massstab über 1 : 50 000 fehlen wichtige Details.
- Ideal sind Karten mit einer so genannten Äquidistanz von 20 Metern. Das heisst: Pro 20 Meter hat es eine Höhenlinie.
- Achten Sie darauf, dass die Karte viele Höhenangaben, Orts- und Flurnamen angibt.
- Sind Bahnhöfe, Kirchen oder Friedhöfe eingezeichnet, werden Sie sich in Dörfern besser orientieren können.
- Die Karte sollte mit einem rechtwinkligen Kilometernetz überzogen sein. So finden Sie Orte, die zum Beispiel in Wanderführern mit diesen Kilometerangaben versehen sind, auf der Karte ohne Mühe.
- Die Legende der Signaturen muss vollständig sein. Für Karten der Landestopografie sind in Buchhandlungen kostenlose Broschüren mit der Zeichenerklärung erhältlich.
- Sofern Sie auch in anderen Gebieten wandern möchten, wählen Sie am besten eine Karte aus einer Serie, die Ihre bevorzugten Gebiete abdeckt.
- Wenn die Karte zwischen Wanderwegen und Bergwegen unterscheidet, erhalten Sie einen Anhaltspunkt über den Schwierigkeitsgrad.
- Praktisch sind Karten mit eingetragenen Wanderzeiten.
- Achten Sie darauf, dass Bergbahnen, Postautolinien und Haltestellen eingezeichnet sind. Ist das Fahrplanfeld eingetragen, müssen Sie im Kursbuch nicht lange suchen.
- Einige Karten enthalten Wandervorschläge - oft mit Hinweisen zu Sehenswürdigkeiten.
- Wenn Sie unterwegs gerne einkehren oder übernachten, sind Angaben über Restaurants und Berghütten, aber auch Campingplätze wichtig.
- Im Sommer schätzen Sie vielleicht auch eingezeichnete Schwimmbäder.
- Achten Sie auf das Ausgabejahr. Fehlt es, wird die Karte nicht sehr fleissig nachgeführt.
- Viele Verkehrsvereine bieten verblüffend gute Karten zu vernünftigen Preisen an.