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K-Tipp 10/2002
15.05.2002
So können Sie sich bei Lieferverzögerung und Mängeln wehren
Kaufverträge für Möbel sind reich an Tücken. Wer sie ungelesen unterschreibt, verzichtet in vielen Fällen auf seine Rechte als Konsument, denn das Kleingedruckte ist selten zu seinen Gunsten.
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Das Bettsofa «Monster» hatte es Manuela Borter und Marco Hämmerli aus Windisch AG besonders angetan. Im Möbelgeschäft Mobitare in Dübendorf ZH bes...
So können Sie sich bei Lieferverzögerung und Mängeln wehren
Kaufverträge für Möbel sind reich an Tücken. Wer sie ungelesen unterschreibt, verzichtet in vielen Fällen auf seine Rechte als Konsument, denn das Kleingedruckte ist selten zu seinen Gunsten.
Markus Kellenberger mkellenberger@ktipp.ch
Das Bettsofa «Monster» hatte es Manuela Borter und Marco Hämmerli aus Windisch AG besonders angetan. Im Möbelgeschäft Mobitare in Dübendorf ZH bestellten sie letzten Dezember das besondere Möbel für ihren ausgebauten Dachstock.
Doch dort steht das fast 4700 Franken teure Stück noch heute nicht - und wird es auch nie, denn das «Monster» machte seinem Namen alle Ehre. Es wurde zwar geliefert, «passte aber weder durchs Treppenhaus noch durch die Dachlukarne», sagt Manuela Borter. Egal, wie die Möbelpacker das Ding auch drehten und wendeten, es war immer ein paar Zentimeter zu gross.
Enttäuscht wollten Borter und Hämmerli vom Kaufvertrag zurücktreten oder das sperrige Sofa gegen ein anderes eintauschen. Doch das geht nicht. «Das Möbel wurde auf Bestellung und nach den speziellen Wünschen der Kunden angefertigt», begründet Mobitare-Filialleiter Daniel Furrer den Entscheid.
«Fälschlicherweise gehen viele Leute davon aus, grundsätzlich ein Umtausch- oder Rückgaberecht zu haben», sagt Pia Grossholz vom Konsumentenforum kf in Zürich. Doch das gilt bei den meisten Möbelhäusern nur für so genannte Lagerware, nicht aber für auf Bestellung speziell angefertigte Möbel. Dieses Missverständnis führt oft zu Streitereien, bei denen die betroffenen Konsumenten den Kürzeren ziehen. Denn grundsätzlich gilt: Gekauft ist gekauft, sofern das Kleingedruckte nichts anderes vorsieht.
Häufigstes Problem: Zu lange Lieferfristen
Am häufigsten werden am Beratungstelefon des kf und auch des K-Tipp jedoch nicht unpassend grosse Möbel, sondern das teils massive Überschreiten der Lieferfristen reklamiert. Zwar versprechen viele Kaufverträge die Lieferung innert zehn bis zwölf Wochen. In Tat und Wahrheit aber warten viele Kunden deutlich länger. Das weiss auch Walter Blank vom Schweizerischen Möbelfachverband. «90 Prozent aller Kundenreklamationen, die an uns gelangen, betreffen nicht eingehaltene Liefertermine.»
Grund: Viele Einrichtungshäuser unterhalten kein Lager, sondern lassen Möbel nur auf Bestellung beim Hersteller produzieren. Und diese wiederum warten mit der Fabrikation, bis genügend gleichlautende Aufträge ein Umstellen der Maschinen rentabel machen.
Blank: «Das ist ärgerlich, aber die Händler haben darauf keinen Einfluss.»
Bei vielen Geschäften bleibt dem Kunden nichts anderes übrig, als zähneknirschend auf sein Möbel zu warten - vor allem dann, wenn er einen Vertrag unterschrieben hat, dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ihm ein Rücktrittsrecht wegen verspäteter Lieferung ausdrücklich absprechen. Denn häufig dienen die AGB, also das Kleingedruckte, nur einem Zweck, nämlich: Alle Risiken dem Käufer zuzuschieben.
Für Jacqueline Bachmann von der Stiftung für Konsumentenschutz SKS ist das ein unhaltbarer Zustand. Doch eine Besserung ist vorläufig nicht in Sicht. Denn: «Um die AGB ausgeglichener zu gestalten, braucht es ein griffiges Gesetz, das missbräuchliche Floskeln von vornherein verbietet und die Geschäftsrisiken fair auf alle Beteiligten verteilt», sagt sie.
Konsumentenschutz fordert Gesetz
Doch bisher hat es der Bundesrat versäumt, ein AGB-Gesetz vorzuschlagen. Im Sommer möchte Bachmann das Thema deshalb wieder anheizen. «Eine konsumentenfreundliche Lösung ist dringend nötig», sagt sie.
Um eine Lösung bemüht ist auch Mobitare. Das Möbelhaus will Manuela Borter und Marco Hämmerli mit ihrem Sofa nicht im Regen stehen lassen. Es bietet seinen Kunden deshalb an, das Möbel mit «Übermass», wie es im Kaufvertrag ausdrücklich heisst, ein paar Monate im Laden auszustellen. Findet es einen Liebhaber, dessen Türen oder Fenster gross genug sind, kommt das Paar glimpflich weg - falls nicht, wird aus dem «Monster» ein finanzieller Albtraum.
Lieferverzögerung: Verzichten Sie nicht auf Ihr Rücktrittsrecht
Wer einen Kaufvertrag für Möbel unbesehen unterschreibt, verzichtet häufig auf seine Rechte. Heikel sind besonders die Vertragsklauseln zur Lieferverzögerung und zur Garantie.
Der bestellte Tisch ist seit acht Wochen überfällig, aber der Verkäufer vertröstet auf den nächsten Monat und weist auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen hin: Spätestens jetzt merkt der Käufer, dass er einen einseitigen Vertrag unterschrieben hat.
Zu spät. Denn von einem unterzeichneten Kaufvertrag gibt es (ausser bei Abzahlungs- und Haustürverträgen) kein Zurück. Es gilt, was im Kleingedruckten steht. Und das ist meist nicht zum Vorteil des Kunden.
Auch vom Richter darf der Käufer in einem solchen Fall keine Hilfe erwarten. Denn die Schweiz kennt als einziges Land in Europa kein Gesetz, das es erlauben würde, branchenübliche einseitige Geschäftsbedingungen als ungültig zu erklären.
Verhandeln Sie über das Kleingedruckte
Bleibt nur die Vorsorge. Käufer sollten vor dem Vertragsabschluss das Kleingedruckte genau lesen und notfalls mit dem Verkäufer über eine Streichung oder Änderung nachteiliger Klauseln verhandeln.
Denn so viel ist klar: Konsumentinnen und Konsumenten sind nicht verpflichtet, vorformulierte Verträge tel quel zu akzeptieren. Streichen sie eine ungünstige Vertragsbestimmung - und ist der Verkäufer damit einverstanden -, gilt in diesem Punkt automatisch das Obligationenrecht.
Besonders beachten sollten Möbelkäufer die Bestimmungen zur Lieferverzögerung und zur Garantie.
Bestehen Sie auf Ihren Rechten bei Mängeln
Der K-Tipp empfiehlt, folgende Klauseln, die auch im Mustervertrag des Schweizerischen Möbelfachverbandes enthalten sind, zu streichen:
- «Lieferverzögerungen berechtigen die Käuferin oder den Käufer weder zur Vertragsannullierung noch zur Geltendmachung irgendwelcher Ansprüche.»
Diese Bestimmung nimmt dem Kunden das gesetzliche Recht, vom Vertrag zurückzutreten, falls das Möbel auch innerhalb einer Nachfrist nicht geliefert wird. Eine konsumentenfreundliche Alternative wäre etwa die Regelung der Migros: «Der Kunde hat das Recht zum Vertragsrücktritt ohne Kostenfolge, sofern der vereinbarte Liefertermin um mehr als vier Wochen überschritten wird.»
- «Wandelung und Minderung sind ausgeschlossen.»
Wer diesen Satz stehen lässt, verzichtet auf sein Recht, im Fall eines Mangels sein Geld zurückzuverlangen oder einen Abzug am Kaufpreis zu machen. Er hat dann nur Anspruch auf eine Reparatur des Möbels.
Käufer sollten ausserdem darauf achten, dass die Garantiedauer nicht kürzer ist als die gesetzliche Garantie von einem Jahr.
Verlangen Sie wenn nötig den Chef
Nützlich sind auch folgende Tipps:
- Fragen Sie nach, wenn Sie eine Vertragsklausel nicht verstehen. Lassen Sie sich nicht zur Unterschrift drängen und verlangen Sie nötigenfalls Bedenkzeit.
- Wenn der Verkäufer über einzelne Vertragsklauseln nicht mit sich reden lässt, verlangen Sie den Chef. Nützt auch das nichts, gehen Sie in ein anderes Geschäft.
Rügen Sie Mängel mit eingeschriebenem Brief
- Im Fall einer Lieferverzögerung setzen Sie dem Geschäft eingeschrieben eine Nachfrist von zwei bis vier Wochen. Nach Ablauf dieser Frist können Sie wiederum per Einschreiben vom Vertrag zurücktreten - sofern Sie beim Abschluss nicht darauf verzichtet haben.
- Prüfen Sie die Möbel sofort und rügen Sie Mängel unverzüglich mit eingeschriebenem Brief. Achtung: Telefonische Mängelrügen sind wertlos. Wird ein Mangel nicht gleich behoben, machen Sie beim Bezahlen der Rechnung einen Abzug in Höhe des ungefähren Minderwerts. Zahlen Sie deshalb nie den ganzen Preis im Voraus.
Thomas Müller