Banken werben mit falschen Versprechen
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K-Tipp 3/2001
14.02.2001
«Spesenfreie» Privatkonten Nicht immer spesenfrei
Wenn es um den Zahlungsverkehr geht, sind Grossbanken für Kleinkunden wenig attraktiv. Jetzt gehen kleine Banken in die Werbeoffensive. Aber sie versprechen oft zu viel.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Spesenfrei»: Mit diesem Schlagwort werben gegenwärtig viele kleinere Banken an Plakatwänden, in Zeitungen und Zeitschriften für ihre Privat- oder Lohnkonten. Die Absicht: Sie buhlen um die Gunst vo...
«Spesenfreie» Privatkonten Nicht immer spesenfrei
Wenn es um den Zahlungsverkehr geht, sind Grossbanken für Kleinkunden wenig attraktiv. Jetzt gehen kleine Banken in die Werbeoffensive. Aber sie versprechen oft zu viel.
Marco Diener mdiener@ktipp.ch
Spesenfrei»: Mit diesem Schlagwort werben gegenwärtig viele kleinere Banken an Plakatwänden, in Zeitungen und Zeitschriften für ihre Privat- oder Lohnkonten. Die Absicht: Sie buhlen um die Gunst von Neukunden, die mit der Spesen-Politik ihrer jetzigen Bank unzufrieden sind.
Der Werbespruch klingt zwar gut. Nur: Er stimmt nicht immer. Dies zeigen die folgenden Beispiele:
- Deposito-Cassa der Stadt Bern: Sie wirbt intensiv für ihr «spesenfreies» Lohnsparkonto. Was an den Plakatwänden allerdings nicht steht: «Spesenfrei» ist das Konto nur, wenn der Saldo durchschnittlich 5000 Franken beträgt. Und wer lässt schon - angesichts von derzeit nur 1,5 Prozent Zins - so viel Geld auf dem Privatkonto?
Doch selbst im Fall, dass durchschnittlich 5000 Franken auf dem Konto liegen, fallen fürs Einschicken der Zahlungsaufträge und für den Bargeldbezug im Ausland Kosten an. Ohne den Saldo von 5000 Franken wirds erst recht teuer.
- Raiffeisenbanken: Sie haben von Bank zu Bank ganz unterschiedliche Konditionen. Gemeinsamkeit: Damit Kunden vom «spesenfreien» Mitglieder-Privatkonto profitieren können, müssen sie einen Anteilschein von 200 Franken zeichnen. Und je nach Bank kann es auch dann noch vorkommen, dass Portokosten für das Verschicken der Monatsauszüge, für die Grundgebühr der EC-Karte oder für Bargeldbezüge im Ausland anfallen. Auch das Einschicken der Zahlungsaufträge kostet den Kunden in der Regel Geld - falls er das Couvert nicht selber bei der Bank einwirft.
- Ähnliches gilt auch für die angeblich «spesenfreie» Bank Coop: Sie stellt keine Bedingungen, aber sie verlangt für Portokosten, EC-Karte und Bargeldbezüge im Ausland Spesen.
- Bezirkssparkasse Uster (BSU): «Spesenfrei» ist auch das Privatkonto der BSU nicht. Kosten fallen an fürs Einschicken der Zahlungsaufträge, für den Bargeldbezug im Ausland und für die Grundgebühr der EC-Karte.
- Ersparniskasse Schaffhausen: Hier ist die EC-Karte gratis. Aber das Einschicken der Zahlungsaufträge und Bargeldbezüge im Ausland kosten.
Damit ist klar: Die Banken, die angeblich spesenfreie Konten anbieten, sind zwar im Vergleich zu Grossbanken günstig. Doch auch sie verlangen teilweise für ganz alltägliche Dienstleistungen Geld. Und für speziellere Dienstleistungen sowieso.
Immerhin hat die Bank Coop inzwischen ihre Werbekampagne korrigiert. Der Ausdruck «spesenfrei» ist verschwunden; neu heisst es nur noch «bankspesenfrei».
Das sei korrekt, findet Bank-Coop-Sprecherin Corina Blum. Denn: «Die einzigen anfallenden Spesen sind die Porti, die wir weiterbelasten.» Das stimmt nur bedingt: Auch die Bank Coop verlangt für die EC-Karte 20 Franken Grundgebühr. Und auch der Bargeldbezug im Ausland ist nicht gratis.
Unter «Spesen» verstehen nicht alle das Gleiche
Die Verantwortlichen des Raiffeisen-Verbandes ziehen sich elegant aus der Affäre. Sie interpretieren den Begriff Spesen sehr eng. «Porti, die Gebühr für die EC-Karte und die Gebühren für Bargeld-Bezüge im Ausland gehören nicht dazu», sagt Product-Manager Adrian Töngi. Deshalb behaupten sie weiterhin locker, ihr Mitglieder-Privatkonto sei spesenfrei.
Falls Sie eine Bank mit vorteilhaften Konditionen fürs Privat- oder Lohnkonto suchen, gehen Sie am besten so vor:
- Besorgen Sie sich von den Banken Prospekte mit den Spesen und den Zinsen.
- Leider gibt es viele Banken, deren Prospekte nicht vollständig oder nicht verständlich sind. Fragen Sie deshalb in der Bank genau nach den Preisen für jene Dienstleistungen, die Sie in Anspruch nehmen möchten. Einen Preisvergleich der gebräuchlichen Bank-Dienstleistungen finden Sie im K-Tipp 1/01.
- Wesentlich ist, ob Ihnen die Bank die Portokosten belastet, die sie ihrerseits der Post zahlen muss.
Stellen Sie insbesondere folgende Fragen:
- Erhalten Sie von der Bank pauschalfrankierte Couverts für Ihre Korrespondenz?
- Wie viel kostet ein Bargeldbezug bei einer anderen Bank?
- Wie viel kostet ein Bargeldbezug im Ausland?
- Verlangt die Bank auch Spesen für Zahlungseingänge?
- Ist die EC-Karte gratis?
- Wie viel kosten vorgedruckte Einzahlungsscheine?
- Und achten Sie auch auf den Zins. Aber denken Sie daran: Auch der beste Zins macht horrende Spesen nicht wett.
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