Biowelle erfasst Forellenteich
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K-Tipp 13/2000
23.08.2000
Forellen mit Knospe-Label: Coop will ab 2001 Schweizer Bio-Fische verkaufen, Migros wartet noch ab
Nach den glücklichen Hühnern kommen die glücklichen Fische: Ab nächstem Jahr gibts erstmals Schweizer Zucht-Forellen mit dem Gütezeichen Knospe.
Pia Seiler pseiler@k-tip.ch
Schluss mit zu engen Zuchtbecken aus Beton. Schluss mit Antibiotika im Futter, damit die Forellen den Stress in ihrem kurzen Leben besser bewältigen: Bio Suisse lanciert ihr Gü...
Forellen mit Knospe-Label: Coop will ab 2001 Schweizer Bio-Fische verkaufen, Migros wartet noch ab
Nach den glücklichen Hühnern kommen die glücklichen Fische: Ab nächstem Jahr gibts erstmals Schweizer Zucht-Forellen mit dem Gütezeichen Knospe.
Pia Seiler pseiler@k-tip.ch
Schluss mit zu engen Zuchtbecken aus Beton. Schluss mit Antibiotika im Futter, damit die Forellen den Stress in ihrem kurzen Leben besser bewältigen: Bio Suisse lanciert ihr Gütezeichen Knospe erstmals auch für Schweizer Speisefisch.
Der Dachverband der Biobauern hat in zweijähriger Arbeit strenge Richtlinien für künftige Knospe-Fischzüchter erarbeitet. Projektleiter Hans Ramseier hat daraufhin alle 100 in der Schweiz registrierten Fischzuchten angeschrieben. 15 haben sich interessiert gezeigt; bereits definitiv entschieden hat sich die Blausee AG bei Kandersteg BE.
Blausee-Direktor Marcel Baillods setzt seit Jahren schon auf artgerechte Haltung von Regenbogen-Forellen. «Nun möchten wir auch noch einen offiziellen Stempel dafür», sagt Baillods.
Strenge Vorgaben für Forellenzüchter
Mit dem Knospe-Programm verpflichten sich die Fischzüchter, folgende Standards einzuhalten:
- Die Forellen verbringen mindestens die Hälfte ihres Lebens in Naturteichen - mit Naturböden, natürlicher Bepflanzung, Rückzugsmöglichkeiten und unterschiedlichen Strömungen.
- Bio Suisse schreibt eine schonende Nutzung vor: Die Dichte ist auf 20 kg Fisch pro 1000 kg Wasser begrenzt.
- Chemisch-synthetische Futtermittel sind verboten. Das Futter darf keine Leistungsförderer, keine Antibiotika, keine genveränderten Substanzen enthalten.
- In Intensivzuchten legen Forellen schnell an Gewicht zu und sind oft schon mit sechs Monaten ausgewachsen. Knospe-Fische aber müssen mindestens 18 Monate alt sein, bevor sie getötet werden.
- Es ist üblich, die Forellen in einer Anlage nach der Grösse auszusortieren. «Das ist ein grosser Stress für die Tiere», sagt Hans Ramseier. «Deshalb ist die Anzahl dieser Prozeduren auf ein Minimum zu begrenzen.»
- Die Tötung muss sofort nach der Entnahme aus dem Wasser erfolgen - oder besser noch im Wasser. «Die Fische dürfen nicht einfach liegen gelassen werden, bis sie verarbeitet werden und erstickt sind», so Ramseier.
Blausee-Direktor Marcel Baillods rechnet mit Anpassungskosten von «einigen zehntausend Franken». Er muss zusätzliche Schattenplätze für die Fische schaffen und die Fischdichte überprüfen. Zwar beträgt die heutige Dichte am Blausee im Schnitt lediglich 1 kg Fisch pro 1000 kg Wasser - 20 kg wären erlaubt. Doch Bio Suisse beurteilt jeden einzelnen Teich der Anlage. Zudem ist das vorgeschriebene Biofutter teurer als das bisher verwendete.
Absatzprobleme für seine jährlich rund 50 Tonnen Forellen hat Baillods nicht zu befürchten. Ein Grossteil der Fische auf dem Schweizer Markt stammt aus problematischen Intensivzuchten. Oder aus industriellem Fischfang, bei dem die Produktionsfirmen den Meeresgrund regelrecht abrasieren. Erstmals nun bietet die Knospe Gewähr für eine kontrollierte, tier- und umweltgerechte Fischproduktion.
Knospen-Forelle: 15 bis 20 Prozent teurer
Coop Schweiz ist denn auch «sehr interessiert» an den Knospe-Fischen. «Das liegt auf unserer Linie», sagt Coop-Pressesprecher Karl Weisskopf. Die erste Zuchtforelle mit Knospe soll Anfang nächsten Jahres auf den Markt kommen und 15 bis 20 Prozent mehr kosten als eine Forelle ohne Knospe.
Migros wiederum, die mehr als die Hälfte des gesamten Fisch-Detailhandels abdeckt, will abwarten. «Die Fisch-Knospe steckt noch in den Anfängen», sagt Markus Fehr, Product Manager Fisch bei Migros. «Die Mengen sind zu klein.» Doch auch die Migros hat die Bedürfnisse der Konsumenten nach artgerechter Fischerei erkannt und setzt vorerst auf das internationale Gütezeichen MSC für Meerfische.
Tatsächlich ist die kleine Menge auch für Coop ein Problem. Der Grossverteiler setzt jährlich 150 Tonnen Forellen um. Wie viele davon künftig mit Knospe, hänge vom Angebot ab. Coop-Sprecher Karl Weisskopf: «Das Angebot an zertifizierten Fischen - ganz gleich welcher Art - ist praktisch noch inexistent. Da muss noch eine kräftige Entwicklung auf Anbieterseite erfolgen.»
Traditionelle Fischzüchter schwer zu überzeugen
Für diese Bemerkung hat Rolf König, Präsident der Schweizer Fischzüchter, kein Gehör. Er sieht keinen Handlungsbedarf. Viel lieber stellt König seine Mitglieder als «Kleinbetriebe mit Naturteichen» dar, «die an sieben Tagen in der Woche 70 bis 80 Stunden arbeiten und sich so mühsam über die Runden bringen».
Wenn die Naturteiche schon vorhanden sind: Wäre da die Knospe nicht Anreiz für eine bessere Rendite? Der oberste Fischzüchter geht darauf nicht ein und bemerkt nur: «Wir leben in einer Zeit, in der von gewissen Kreisen das Rad immer wieder neu erfunden werden will.»
Zu diesen «gewissen Kreisen» gehört Knospe-Projektleiter Hans Ramseier. Er freut sich zunächst einmal, dass aus den unzähligen Absichtserklärungen der letzten Jahre ein konkretes Produkt entstanden ist. Und hofft, dass noch möglichst viele Fischzüchter auf die Biowelle im Fischteich springen.
GÜtezeichen für fischE - Fisch-Labels und faire Fischer
Knospe für Zuchtfische
Von Bio Suisse, der Vereinigung der Schweizer Biolandbau-Organisationen, lanciert und kontrolliert. Im Zentrum stehen inländische Zuchtfische - Forellen, Egli, Karpfen. Die Züchter verpflichten sich, umweltgerecht zu produzieren und die artspezifischen Bedürfnisse der Fische zu berücksichtigen. Sie müssen 35 allgemeine und je nach Fischart weitere Richtlinien befolgen. Ab 2001 kommen erstmals Regenbogenforellen mit Knospe auf den Markt.
Marine Stewardship Council (MSC)
Internationale Nonprofit-Organisation, die sich für eine nachhaltige Meerfischerei einsetzt. Ursprünglich gegründet von WWF und dem Nahrungsmittelkonzern Unilever. Nach jahrelangen Verhandlungen ist es dem MSC gelungen, ein Gütezeichen zu lancieren - bisher für Heringe aus England und Langusten aus Australien, die die Migros ab September anbietet. Geplante MSC-Zertifizierung: Lachs aus Alaska und Herzmuscheln aus England (www.msc.org/)
fair-fish
Verein in der Schweiz, der sich für tiergerechtes Halten von Fischen einsetzt. Spezielles Anliegen: eine möglichst schnelle Tötung, bei der die Fische nicht zusätzlich leiden müssen. Initiiert von Heinzpeter Studer, seit 20 Jahren für den Tierschutz in der Landwirtschaft tätig; unterstützt von sechs Tierschutzorganisationen. Liste von Fischern mit fair-fish-Grundsätzen erhältlich bei: fair-fish, Postfach, 8465 Rudolfingen (www.fair-fish.ch)