BSE: Auch Katzen sind bedroht
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K-Tipp 9/2001
09.05.2001
Gefährliche Tiermehle Bei Nutztieren verboten, bei Haustieren immer noch erlaubt
Auch Katzen können an BSE erkranken. Doch das Futter von Haustieren darf nach wie vor BSE-verdächtige Tiermehle enthalten.
Pia Seiler pseiler@ktipp.ch
Seit zehn Jahren ist es verboten, BSE-verdächtige Tiermehle an Schweizer Rinder zu verfüttern. Seit Anfang 2001 sind Tiermehle auch im Futter aller Nutztiere verboten. Für Haustiere jedoch gilt das Verbot nicht: Kat...
Gefährliche Tiermehle Bei Nutztieren verboten, bei Haustieren immer noch erlaubt
Auch Katzen können an BSE erkranken. Doch das Futter von Haustieren darf nach wie vor BSE-verdächtige Tiermehle enthalten.
Pia Seiler pseiler@ktipp.ch
Seit zehn Jahren ist es verboten, BSE-verdächtige Tiermehle an Schweizer Rinder zu verfüttern. Seit Anfang 2001 sind Tiermehle auch im Futter aller Nutztiere verboten. Für Haustiere jedoch gilt das Verbot nicht: Katzen- und Hundefutter darf nach wie vor Tiermehle enthalten - in der Schweiz wie im EU-Raum und Nordamerika, woher 80 Prozent unseres Heimtier-Futters stammt.
Doch auch Katzen können an BSE erkranken. In den letzten zehn Jahren sind 90 Haus- und zehn Grosskatzen in Zoos daran gestorben - die meisten in England, eine in Liechtenstein, eine in Norwegen.
Und dies sind nur die erfassten Fälle. «Die Dunkelziffer liegt wesentlich höher», sagt Marc Vandervelde, Leiter des Nationalen Referenzlabors in Bern. Hunde hingegen sind nach heutiger Kenntnis resistent. Zumindest ist noch kein Fall bekannt.
Bei Katzen heisst die Krankheit FSE: feline spongiforme Enzephalopathie - felin für katzenartig statt bovin für rinderartig. Auch Schweine, Schafe, Affen und Mäuse können BSE haben. Die Symptome: Die Tiere leiden unter Koordinations- und Wahrnehmungsverlust und neigen zu Überreaktionen. Bei der Autopsie zeigt sich dann, dass die Hirnsubstanz schwammartig aufgelockert ist.
Warum verzichten Produzenten denn nicht auf Tiermehle, die sie vor allem der Trockennahrung beimischen?
Die Antworten lauten bei den zehn angefragten Firmen unisono: Erstens seien Katzen und Hunde Fleischfresser, die nicht auf tierisches Protein verzichten können.
BSE-Risiko bleibt - auch ohne Risiko-Organe
Zweitens stamme das Material im Futter von Schlachttieren, die der Fleischschauer für den Lebensmittelbereich freigegeben hat.
Drittens enthalten Tiermehle gemäss Herstellern bereits seit 1990 kein BSE-Risikomaterial wie Rinderhirn und Rückenmark mehr. Auffällig ist aber: Seit 1990 haben Forscher trotzdem 100 FSE-Fälle bei Katzen registriert.
Basis von Tiermehlen sind so genannte «fleischliche Nebenerzeugnisse» von Schlachttieren: Blut, Knochen, Fleisch- und Fettreste in Pulverform von Rindern, Schweinen, Hühnern und Schafen. Auf den Packungen ist dies meist mit «tierische Nebenerzeugnisse» deklariert.
Als BSE-problematisch gelten dabei die Rinder-Tiermehle, ob mit oder ohne Risiko-Organe. «Auch wenn Teile wie Hirn und Rückenmark fehlen, besteht ein BSE-Risiko - wenn auch ein herabgesetztes», sagt Dagmar Heim vom Bundesamt für Veterinärwesen (BVET).
Alle angefragten Hersteller von Heimtierfutter verzichten denn auch auf Rinder-Tiermehle. «Das sind Risikokomponenten bei der Nutztierhaltung», sagt Peter Gerber, Leiter Heimtiernahrung bei Kentaur. Er setzt deshalb seit 2001 nur noch Geflügelmehl statt Rindermehle ein.
Nur: Bei der Verarbeitung von Schlachtabfällen ist die Gefahr der Vermischung gross. «Bisher haben die Schlachthäuser bei den einzelnen Nutztieren meist nicht unterschieden und alles in den gleichen Topf geworfen», sagt Dagmar Heim vom BVET.
Das weiss auch Gerber von Kentaur. «Deshalb überwachen wir jeden Schritt - von den Rohstoffen des Schlachtabfall-Sammlers Centravo bis in die Futtermühle Flamatt.»
Die Verantwortung liegt bei den Lieferanten
Auch die Migros verwendet keine Rindermehle mehr, sondern nur noch solche von Schwein, Geflügel und Fisch. Wie garantiert die Migros die Trennung der verschiedenen Tiermehle? «Das können nur die Lieferanten beantworten», weicht Migros-Sprecherin Maja Amrein aus. Lieferanten jedoch will die Migros keine nennen. Sie seien aber allesamt «qualitativ hochstehend und europaweit führend».
Für Marcel Wanner, Tiernahrungsexperte an der Uni Zürich, liegt genau hier die wichtigste Frage: «Wie sicher können die Firmen sein, dass sie sicheres Material bekommen? Und wie gut überprüfbar sind die Warenflüsse?»
Wanner gibt die Antwort gleich selber: «Das ist Vertrauenssache in einer Kette von Bauer, Schlachter, Fleischschauer, Unterlieferant, Futtermühle und Hersteller - eine Kette, die reissen kann.»
Jürg Arn von der Futterfirma Eric Schweizer ist gleicher Ansicht. Zwar hätten alle Zulieferanten bestätigt, weder Risiko-Organe noch Rinder-Tiermehle zu verwenden. Das Problem für Arn: «Die Lieferanten arbeiten oft mit Unterlieferanten zusammen. Da wird eine Kontrolle aufwändig und schwierig.»
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