Demoscope muss nachzahlen
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K-Tipp 19/2000
15.11.2000
K-Tip-Leser konnte Feriengeld-Zahlung durchsetzen
Weil das Feriengeld auf seinen Lohn-Abrechnungen nicht separat ausgewiesen war, konnte ein Teilzeitler im Stundenlohn 8,33 Prozent des ausbezahlten Lohnes nachverlangen.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Das Urteil des Arbeitsgerichts Luzern ist klar: «Die Beklagte hat dem Kläger Fr. 1170.40 netto zu bezahlen.» Die Beklagte - das ist die renommierte Meinungsforschungs-Firma Demoscope in Adligens...
K-Tip-Leser konnte Feriengeld-Zahlung durchsetzen
Weil das Feriengeld auf seinen Lohn-Abrechnungen nicht separat ausgewiesen war, konnte ein Teilzeitler im Stundenlohn 8,33 Prozent des ausbezahlten Lohnes nachverlangen.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Das Urteil des Arbeitsgerichts Luzern ist klar: «Die Beklagte hat dem Kläger Fr. 1170.40 netto zu bezahlen.» Die Beklagte - das ist die renommierte Meinungsforschungs-Firma Demoscope in Adligenswil LU. Sie muss diese Summe dem 23-jährigen André R. aus Luzern überweisen.
R. hatte bei Demoscope neun Monate lang sporadisch und unregelmässig als Telefoninterviewer gearbeitet; er war als Teilzeitler im Stundenlohn angestellt mit einem Ansatz von 17 Franken pro Stunde. Gemäss «Leitfaden für Telefoninterviews» der Demoscope sind in diesem Stundenansatz 8,33 Prozent Ferienentschädigung inbegriffen.
R. hat den Leitfaden zu Beginn seiner Tätigkeit erhalten. Aber: Die Firma Demoscope hat es unterlassen, die 8,33 Prozent Ferienentschädigung jeweils auch in den einzelnen Lohn-Abrechnungen gesondert aufzuführen.
Ein Formfehler mit Folgen: Er berechtigt die Betroffenen, das Feriengeld nachträglich noch einmal einzufordern. R. hat das (ermutigt durch den K-Tip-Bericht in Nummer 12/00) auch getan.
Zuerst weigerte sich die Demoscope. Doch vor Gericht hat Teilzeitler R. 100-prozentig Recht bekommen. Der Ausgang des Verfahrens entspricht der gängigen Gerichtspraxis.
Formfehler in den Lohn-Abrechnungen korrigiert
Inzwischen sind die 1170 Franken auch bei R. eingetroffen. Und Demoscope hat den Formfehler in den Lohn-Abrechnungen korrigiert. Die Frage ist nur: Wird die Firma Demoscope auch allen anderen betroffenen Teilzeitlern das Feriengeld nachzahlen?
Der K-Tip wollte deshalb von Demoscope wissen:
- Wie gross ist die Anzahl der betroffenen Teilzeitler, die Abrechnungen mit dem gleichen Formfehler erhalten haben?
- Wird Demoscope diesen Betroffenen das Feriengeld freiwillig nachzahlen, damit sie gleich behandelt werden wie R.?
Der K-Tip hat auf diese Fragen keine konkrete Antwort erhalten. Demoscope-Chef Werner Wyss schreibt vielmehr: «Wir sind der Meinung, dass unser Rechtssystem nicht dazu da sein sollte, einzelnen Personen unrechtmässige Vorteile wie zum Beispiel doppelte Ferienentschädigung zu verschaffen. Es stellt sich nicht die Frage, ob dem Betroffenen etwas vorenthalten wird, sondern ob er zusätzlich zur korrekten Entschädigung noch bereichert werden soll.»
Und: «Es passt nicht zum K-Tip, solche Machenschaften am Rande des Rechtsmissbrauchs zu fördern.»
Diesem Vorwurf kann der K-Tip entgegensetzen, was das Arbeitsgericht Luzern schrieb: «Die Geltendmachung der Feriengeldforderung kann nicht gerade als missbräuchlich bezeichnet werden.»
Feriengeld: Gut zu wissen
Ein Hinweis vorweg: Das Folgende gilt für alle privatrechtlich Angestellten, aber nicht für Beschäftigte im öffentlichen Dienst.
- Wenn Teilzeit-Angestellte im Stundenlohn unregelmässig arbeiten oder nur für eine kurze Zeit beschäftigt sind, gilt punkto Ferien eine Ausnahmeregelung: Während im Normalfall Ferien in natura zu beziehen sind, darf der Betrieb solchen Angestellten die Ferien bar als Lohnzuschlag auszahlen.
Der Grund: In solchen Fällen ist es schwierig, den bezahlten Ferienanspruch in Tagen oder Wochen genau zu berechnen.
- Der Ferienzuschlag beträgt 8,33 Prozent des Bruttolohnes bei vier Wochen Ferien und 10,64 Prozent bei fünf Wochen (abzüglich AHV und ALV).
- Der Ferienlohn-Zuschlag muss im Arbeitsvertrag und in jeder Lohnabrechnung erwähnt sein (in der Lohnabrechnung mit Prozent- oder Frankenbetrag).
- Ist der Ferienlohn in den einzelnen Lohnabrechnungen nicht beziffert, können Betroffene dieses Feriengeld innert fünf Jahren nachfordern. Der Betrieb kann nicht im Nachhinein behaupten, das Feriengeld sei im Stundenlohn inbegriffen gewesen. Er kommt nur ungeschoren davon, wenn er nachweisen kann, dass der Angestellte den Prozentsatz oder den Frankenbetrag des Ferienlohns jederzeit kannte - und das dürfte schwierig sein.
- Sollte der Arbeitgeber das Feriengeld verweigern, gelangen Sie ans zuständige Gericht - je nach der geltenden Prozessordnung müssen Sie zuerst zum Friedensrichter oder Vermittler. Bis zu einem Streitwert von 20000 Franken ist das gratis; Sie brauchen keinen Anwalt.