Der Kampf um Kunden treibt seltsame Blüten
Inhalt
K-Tipp 2/2000
09.02.2000
Secura «distanziert» sich von Juridica
Kaum zu glauben: Die Rechtsschutz-Versicherung Juridica liess Kündigungen von
etwa 500 Kunden einfach verschwinden. Mit diesem und anderen Mitteln sollten
Versicherte langfristig festgenagelt werden.
Wenn Ehepaare auseinander gehen, gibts häufig Streit um die Kinder. Bei
Versicherungen ist das ähnlich. Bloss zanken sie sich nicht um die Kinder,
sondern um die Kunden.
Eine besonders wüste...
Secura «distanziert» sich von Juridica
Kaum zu glauben: Die Rechtsschutz-Versicherung Juridica liess Kündigungen von
etwa 500 Kunden einfach verschwinden. Mit diesem und anderen Mitteln sollten
Versicherte langfristig festgenagelt werden.
Wenn Ehepaare auseinander gehen, gibts häufig Streit um die Kinder. Bei
Versicherungen ist das ähnlich. Bloss zanken sie sich nicht um die Kinder,
sondern um die Kunden.
Eine besonders wüste Kampfscheidung läuft zurzeit zwischen der Lausanner
Rechtsschutz-Versicherung Juridica und der Secura. Dabei waren die beiden
Gesellschaften über zehn Jahre lang liiert: Die Secura vermittelte der
Juridica in dieser Zeit rund 10 000 Rechtsschutz-Kunden und kassierte für
jeden von ihnen eine Provision.
Doch eines Tages verdrehte ein Italiener der Secura den Kopf. Der
Versicherungskonzern Generali, zu dem schon die RechtsschutzVersicherung
Fortuna gehörte, bot der «Versicherung von der Migros» seine starken Schultern
an. Und die Umworbene gab sich ihm mit Haut und Haar - sprich mit allen Aktien
- hin.
Bereits zuvor hatte sich die Juridica ebenfalls einem Grossen an die Brust ge-
worfen: Axa, dem französischen Marktführer in Europa. Die Folge des doppelten
Fremdgehens: Secura und Juridica lösten ihre Zweck-Ehe per Ende 1999 auf.
Alte Kunden mit neuenVerträgen fester anbinden
So weit, so gut, wären da nicht noch die Früchte der gemeinsamen Anstrengung:
die Kunden. Um sie ist zwischen den Ex-Partnern ein regelrechtes Tauziehen im
Gang. Wie der K-Tip aus zuverlässiger Quelle erfahren hat, ist der Juridica
dabei fast jedes Mittel recht, um die Kunden langfristig bei der Stange zu
halten:
o Juridica-Agenten drängen Kunden, einen neuen - fünfjährigen - Vertrag
abzuschliessen. So erhielt etwa die Juridica-Kundin L. P. im letzten Herbst
einen Anruf der «Neutralen Versicherungsbörse GmbH» in Pratteln BL. Die
Telefon-Verkäuferin versuchte, ihr einen neuen Vertrag anzudrehen, obwohl der
alte noch bis ins Jahr 2003 läuft. Als L. P. dann sogar noch ein ausgefülltes
Antragsformular ins Haus flatterte, erkundigte sie sich schriftlich bei der
Juridica, «was hier genau vor sich geht». Eine Antwort hat sie nie erhalten.
o Zahlreiche Juridica-Kunden erhielten von ihrem Agenten nicht nur ein
Antragsformular für eine neue Versicherung, sondern auch ein vorbereitetes
Schreiben, um die alte Police zu kündigen. Schickte ein Kunde der Juridica nur
die Kündigung (nicht aber den Antrag), griff die Versicherung zu einem üblen
Trick: Sie schubladisierte die Kündigung und tat so, als ob sie diese nie
erhalten hätte. Laut einem Insider ignorierte die Juridica gesamthaft rund 500
Kündigungen. Der Kniff funktionierte freilich nur, wenn der Kunde die
Kündigung nicht eingeschrieben geschickt hatte.
o Die Juridica ging sogar so weit, dass sie Kunden für ausstehende Prämien
betrieb, obwohl diese der Meinung waren, sie seien gar nicht mehr bei der
Juridica versichert. Klar, sie hatten ja gekündigt.
Bereits mehrere tausend Kunden verloren
Die Juridica will zu diesen Methoden keine Stellung nehmen - das sei eine
interne Angelegenheit. Direktor Marcel Paquier räumt lediglich ein, dass das
Erneuerungsangebot an L. P. «damals nicht wirklich nötig war». Als
Entschädigung bietet er seiner Kundin ein Jahr Gratis-Rechtsschutz an.
Paquier weiss, dass un-zufriedene Kunden das letzte sind, was die Juridica
zurzeit brauchen kann. Denn 10 000 ihrer rund 15 000 Kunden -kamen via Secura
zu ihr. Viele von ihnen sind der irrigen Ansicht, sie seien bei der Secura
versichert, weil sie damals in der Migros einen Talon mit Secura-Logo
ausgefüllt hatten.
Diese Kunden stehen auf dem Spiel. Zwar konnte die Juridica mit ihrem
zweifelhaften Vorgehen bisher etwa 2000 von ihnen an sich binden. Aber mehrere
tausend Versicherte sind bereits abgesprungen, vor allem im Raum St. Gallen.
Dass Secura-Agenten in dieser Gegend besonders aktiv sind, um Kunden für die
ebenfalls zu Generali gehörende Fortuna Rechtsschutz-Versicherung abzuwerben,
verneint Secura-Sprecher Marc Epelbaum. Trotzdem wurmt es die Secura,