Mit gütiger Miene stehen sie da, zu Tausenden, in rotes Aluminiumpapier gewickelt, mit einem Glöcklein um den Bauch: die Samichläuse von Lindt. Das Weihnachtsgeschäft läuft auf Hochtouren. In der Schokoladenfabrik in Kilchberg arbeiten die Angestellten rund um die Uhr im Schichtbetrieb. Sie produzieren Schokolade und Pralinés in edler Verpackung.

In der Weihnachtszeit macht die Firma Lindt & Sprüngli einen Drittel ihres Umsatzes. Die Aktionäre reiben sich die Hände. Die Schokoladenfabrik hat den Umsatz in den letzten Jahren mehr als verdoppelt, der Aktienkurs kletterte nach oben, der Unternehmensgewinn nahm zu. Die Aktionäre streichen Dividenden ein, der Wert ihrer Papiere steigt und steigt.

Eine Aktie von Lindt & Sprüngli kostete vor zehn Jahren 24 000 Franken. Wer damals eine kaufte, hat heute 150 000 Franken. Sechsmal so viel. Kursgewinn: 126 000 Franken. Wer hat diesen Gewinn erwirtschaftet? Der Aktionär? Nein, die Kakaopflanzer, Confiseure, Fabrikarbeiter. Doch sie profitieren kaum davon.

Arbeiter in der Schokoladenfabrik verdienen 3400 Franken brutto plus Schichtzulage. Ihr Reallohn stieg in den vergangenen Jahren nur wenig. Das ist gewollt: Denn je weniger die Angestellten verdienen, desto mehr Gewinn macht die Fabrik, desto höher steigt der Aktienkurs, desto glücklicher sind die Aktionäre. Für den Kapitalgewinn müssen sie keinen Finger rühren und auch keine Steuern zahlen. Ganz im Gegensatz zu den Fabrikarbeitern. Sie müssen für ihren kleinen Lohn hart arbeiten und dem Fiskus Steuern entrichten. So ist das: Der Staat bestraft die, die etwas leisten. Nur wer etwas hat, der wird belohnt.

Früher brachte der Samichlaus den Armen Geschenke, heute macht er nur die Aktionäre glücklich. Eine traurige Weihnachtsgeschichte.