Der frustrierte Hausbesitzer sitzt in der Wohnstube seines Einfamilienhauses in einer Wohnsiedlung in der Nähe von Zürich. Die Freude am Eigenheim hat er schon lange verloren. Im Oktober 2002 war er eingezogen. «Damals in einen Rohbau», wie er sagt.
Ohne Heizung fror sich Bill Kramer (Name geändert) durch zwei Winter. Noch heute sei das Haus nicht auf dem vertraglich zugesicherten Stand. «Bezüglich Energie-Effizienz haben wir Passiv-Standard vereinbart. Davon ist das Gebäude weit entfernt.»
Die Verzögerungen gingen ins Geld. Zusätzlich zu den veranschlagten Baukosten von rund 740 000 Franken musste Kramer 100000 Franken aufbringen, einen Teil davon für Anwaltskosten.
Architekt gab sich als «Betreuer der Käufer»
Begonnen hatte die Geschichte 2001, als Kramer den Architekten Gerhard Lenziger (Name geändert) kennenlernte. Er liess sich von Lenziger für das Hausprojekt begeistern und unterschrieb Anfang 2002 einen Pauschalwerkvertrag mit der Generalunternehmerin INW Bau AG mit Sitz in Zürich.
Im Werkvertrag findet sich für die INW Bau AG die Unterschrift ihres Verwaltungsratspräsidenten Heini Ziehbrunner. Lenzigers Rolle war die eines «Projektleiters und Betreuers der Käufer», wie er auf Anfrage des K-Tipp erklärte.
Erstaunlich nur: Als Kramer am INW-Geschäftssitz den Werkvertrag unterschrieb, war gemäss seinen Angaben nur Lenziger anwesend. Ziehbrunner bestreitet heute sogar, den damaligen Vertrag selber unterschrieben zu haben.
Dennoch hatte Bill Kramer damals keinen Anlass, an der Seriosität von Vermittler und Generalunternehmer zu zweifeln. Denn schliesslich trat die Credit Suisse als Hypothekengeberin auf.
Die CS allerdings – die hätte es besser wissen müssen. Denn sie war vorgewarnt. Schon 2001 hatte die CS aufgrund amtlicher Akten Kenntnis davon, dass gegen Gerhard Lenziger wegen gewerbsmässigen Betrugs ermittelt wurde. Und: In einer Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich zuhanden der Credit Suisse taucht 2002 auch der Name von Heini Ziehbrunner im gleichen Zusammenhang auf.
Pleitier Lenziger war unrühmlich bekannt
In der Öffentlichkeit war der Ruf von Gerhard Lenziger schon lange gründlich ruiniert:
- Die Wirtschaftszeitung «Cash» schrieb 1998 von der «neusten Baupleite» von Gerhard Lenziger. Er sei immer wieder unter dem Deckmantel verschiedener Firmen aktiv und habe bereits viele Hauskäufer geschädigt.
- Die «Weltwoche» nannte ihn 1999 einen «Immobilienpleitier».
Trotzdem finanzierte die CS Kramers Projekt in der geplanten Wohnsiedlung. Der enttäuschte Hausbesitzer heute: «Ich wollte zuerst zu einer anderen Bank. Gerhard Lenziger empfahl mir aber, die Hypothek bei der CS-Filiale in Oerlikon aufzunehmen.» Und er ärgert sich: «Statt mich vor Lenziger zu warnen, liess mich die Grossbank ins offene Messer laufen.»
Die CS wollte ihren Fehler ausbügeln
Im Herbst 2002 kam es zum Eklat. Lange vor der Fertigstellung der Siedlung war kein Geld mehr vorhanden. Die Zahlungen an die Handwerker blieben aus, und diese zogen umgehend von der Baustelle ab. Bill Kramer stand nun vor einem Scherbenhaufen – in einem unfertigen Haus, das obendrein eklatante Baumängel aufwies.
In der Not engagierten er und die anderen Hausbesitzer der Pech-Siedlung einen Rechtsanwalt. Dieser setzte sich mit der CS zusammen. Um das Schlimmste abzuwenden, erklärten sich die beteiligten Bankenvertreter bereit, Geld einzuschiessen. Der Kernpunkt der Vereinbarung lautete: Zwei Drittel der anfallenden Mehrkosten von drei Millionen Franken trägt die Bank, der Rest geht zulasten der geprellten Hauskäufer.
Weshalb es bei der Überbauung zu den massiven Schwierigkeiten kam, kann Architekt Gerhard Lenziger im Nachhinein nicht erklären. Nur so viel: «Ich hatte keine Einsicht in die Buchhaltung.»
Tatsache ist: Die Überweisungen der Hausbesitzer versickerten in den Konten mehrerer Firmen – etwa der Generalunternehmerin INW Bau AG und deren Subunternehmung, der Fred Heer Holding AG. Beide Firmen gingen 2003 in Konkurs.
Die Credit Suisse teilt dem K-Tipp schriftlich mit, aufgrund des Bankgeheimnisses dürfe sie zum vorliegenden Fall nicht Stellung nehmen.
Gerhard Lenziger ist weiterhin aktiv
Derweil beschäftigt sich die Justiz weiter mit Gerhard Lenziger. Im konkreten Fall geht es um 88 gescheiterte Bauprojekte aus den Jahren 1998 bis 2000. Lenziger wird vorgeworfen, er habe die Reservationszahlungen von Käufern in den meisten Fällen nicht und in einigen Fällen bloss teilweise zurückgezahlt.
2005 verurteilte ihn das Bezirksgericht Bülach zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von zwei Jahren. Der Grund: mehrfache Veruntreuung und mehrfacher Betrug. Lenziger habe das Geld zur Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten seiner anderen Firmen zweckentfremdet. Dagegen legte Lenziger Berufung ein. Zurzeit liegt dieser Fall vor dem Zürcher Obergericht.
Übrigens: Als Baufachmann ist Gerhard Lenziger weiterhin aktiv. Jüngst schloss er einen Honorarauftrag für eine Wohnbaugenossenschaft Isenbach in Effretikon ZH ab.
So vermeiden Sie Ärger mit dem Generalunternehmer
Referenzen: Verlangen Sie eine Referenzliste des Generalunternehmers (GU) und einen aktuellen Auszug aus seinem Betreibungsregister. Diesen Betreibungsauszug erhalten Sie beim Betreibungsamt am Sitz der Firma. Mit dem Kaufvertrag in der Hand sollten Sie keine Probleme haben, einen solchen Auszug zu erhalten.
Erkundigen Sie sich bei anderen Bauherren über ihre Erfahrungen mit dem GU. Fragen Sie vor allem, wie die Firma aufgetretene Mängel behoben hat.
Beratung: Bevor Sie den Vertrag unterzeichnen, lassen Sie sich von einer Fachperson, zum Beispiel einem Baujuristen, beraten. Der Hauseigentümerverband Schweiz verfügt über Kontaktadressen. Der Vertrag darf keine für Sie ungünstigen Klauseln enthalten.
Garantie: An sich ist der Werkvertrag im Obligationenrecht (OR) geregelt. Achten Sie darauf, dass zumindest bezüglich Gewährleistung (Garantie) und Verjährungsfristen die Norm 118 des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) gilt.
SIA 118 bietet hier im Vergleich zum OR eine Besserstellung der Bauherren: Es gilt eine Garantiezeit von zwei Jahren, während der ein Auftraggeber Mängel jederzeit rügen kann. Das OR hingegen fordert die sofortige Anzeige von Mängeln.
Danach läuft eine weitere Frist von noch einmal drei Jahren. In dieser Zeit können Sie Mängel immer noch rügen und eine Behebung verlangen, wenn diese innert Wochenfrist angezeigt werden. Laut OR muss der Auftraggeber beweisen, dass ein Mangel vorliegt. Bei SIA 118 muss der Unternehmer den Beweis erbringen, dass kein Mangel vorliegt, den er zu verantworten hätte.
Handwerkerpfandrecht: Wenn ein GU die Handwerker für ihre Arbeiten nicht bezahlt, können diese ihre Forderung direkt beim Grundeigentümer geltend machen. Im schlimmsten Fall muss der Bauherr die Handwerker ein zweites Mal bezahlen. Bezahlen Sie den GU erst, wenn alle am Bau beteiligten Handwerker für ihre Arbeit entschädigt wurden. Verlangen Sie Nachweise dafür.
Verpflichten Sie den GU, dass er den Handwerkern bei Anmeldung von Bauhandwerkerpfandrechten unverzüglich Sicherheiten leistet. Halten Sie – falls noch möglich – eigene Zahlungen an den GU zurück, bis die provisorisch eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechte wieder gelöscht sind.