Die geprellten Arbeitnehmer
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K-Tipp 13/2000
23.08.2000
Krankentaggeld-Versicherung Betriebe geben Prämien-Rückzahlungen oft nicht weiter
In vielen Firmen zahlen Angestellte und Betrieb je die Hälfte der Prämien für die Taggeld-Versicherung. Wird niemand in der Firma krank, gibts oft Geld zurück. Die Arbeitnehmer gehen aber meist leer aus.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Unzählige Angestellte haben auf ihrem Lohnausweis nicht nur Abzüge für AHV, Pensionskasse und Arbeitslosenversicherung, so...
Krankentaggeld-Versicherung Betriebe geben Prämien-Rückzahlungen oft nicht weiter
In vielen Firmen zahlen Angestellte und Betrieb je die Hälfte der Prämien für die Taggeld-Versicherung. Wird niemand in der Firma krank, gibts oft Geld zurück. Die Arbeitnehmer gehen aber meist leer aus.
Ernst Meierhofer emeierhofer@k-tip.ch
Unzählige Angestellte haben auf ihrem Lohnausweis nicht nur Abzüge für AHV, Pensionskasse und Arbeitslosenversicherung, sondern auch für «Krankentaggeld».
Hinter diesem Begriff steckt eine durchaus sinnvolle Kollektiv-Versicherung, die bei langwieriger Krankheit einen Lohnersatz zahlt.
Was viele nicht wissen: Oft sehen Verträge für die Krankentaggeld-Versicherung eine teilweise Prämienrückzahlung vor - und zwar dann, wenn niemand lange krank war und die Versicherung deshalb keine Schadenfälle übernehmen musste.
Der Arbeitgeber, der den Vertrag mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossen hat, erhält also unter dem Titel «Überschussbeteiligung» eine Rückerstattung - bar auf die Hand.
Und die Angestellten, die für diese Versicherung ebenfalls Prämien bezahlt haben? Sie gehen oft leer aus. Die meisten Betriebe geben den Bonus nicht weiter.
Unter der Hand bestätigen dies mehrere Versicherungsmakler, die als Vermittler für Firmen die Verträge mit den Versicherungen abschliessen.
Bonus: Maximal 30 Prozent der Gesamtprämie
Den Angestellten entgeht so viel Geld. Beispiel: In einem durchschnittlichen Betrieb mit 100 Angestellten, die im Durchschnitt auf einen Jahreslohn von 50 000 Franken kommen, könnte die Rückzahlung gemäss Branchenkennern im besten Fall fast 30 Prozent der Gesamtprämie betragen.
Grob umgerechnet heisst das in diesem Beispiel: Der einzelne Angestellte zahlt monatlich 25 Franken und könnte davon im besten Fall 7 Franken zurückerhalten. Im Jahr sind das immerhin 84 Franken - immer unter der Voraussetzung, dass die Versicherung nicht für Krankheitsfälle zahlen musste.
Und «Schadenfreiheit» ist keine Seltenheit. Bei der Marktführerin für Kollektiv-Taggelder, der Winterthur-Versicherung mit 49 000 versicherten Betrieben, sehen rund 30 Prozent der Verträge eine solche Rückzahlung überhaupt erst vor. Und von diesen komme immerhin ein Viertel (also rund 3600 Firmen) in den Genuss eines Bonus von durchschnittlich 5000 Franken, sagt die Winterthur.
Tipp: Angestellte müssen selber aktiv werden!
- Prüfen Sie, ob Ihr Arbeitgeber ein Kollektiv-Krankentaggeld versichert hat. In vielen Fällen zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je die Hälfte der Prämie für das Kollektiv-Krankentaggeld.
- Hat Ihr Betrieb kein Kollektiv-Krankentaggeld, sollten Sie selber aktiv werden.
- Falls Ihr Betrieb ein Kollektiv-Krankentaggeld abgeschlossen hat: Fragen Sie (vielleicht über die Betriebskommission), ob der Vertrag eine so genannte Überschussbeteiligung enthält, also eine Prämienrückzahlung vorgesehen ist. Das ist nicht überall der Fall, viele Verträge sehen keine Überschüsse vor.
- Falls der Vertrag eine Prämienrückzahlung vorsieht: Fragen Sie, ob der Betrieb in den letzten Jahren eine solche bekommen hat. Prämienrückzahlungen gibt es aber nur, wenn die Versicherung keine oder nur kleine «Schäden» tragen musste, wenn also keine Angestellten längere Zeit krank waren und die Versicherung ihnen den Lohnersatz zahlen musste.
- Falls Ihr Betrieb eine Prämienrückzahlung erhalten hat und die Prämien hälftig gezahlt werden: Fragen Sie, wo das Geld geblieben ist. Sollte der Betrieb argumentieren, eine Auszahlung an die einzelnen Angestellten sei kompliziert, können Sie den Chef auf die (leere) Kaffeekasse aufmerksam machen oder ihm ein Betriebsfest vorschlagen.
- Viele fortschrittliche Betriebe haben zwar ein Kollektiv-Krankentaggeld versichert, zahlen aber die ganze Prämie selber. In einem solchen Fall ist es verständlich, dass der Betrieb eine allfällige Prämienrückzahlung für sich behält.
Kollektiv-Krankentaggeld - Lohnersatz bei lange dauernder Krankheit
Bei langwieriger Krankheit muss der Betrieb dem Angestellten gemäss Gesetz nur wenige Wochen lang den Lohn zahlen - abhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses (siehe die entsprechenden Skalen im K-Tip 12/00). Oft sehen Gesamtarbeitsverträge bessere Regelungen vor.
Soziale Arbeitgeber schliessen ein Kollektiv-Krankentaggeld ab. Dann ist ein Lohnersatz in der Höhe von 80 Prozent des letzten Lohnes zwei Jahre lang garantiert.
Der Betrieb darf die Prämien für dieses Kollektiv-Krankentaggeld zur Hälfte auf die Angestellten überwälzen. Im Lohnausweis ist das der Abzug für «Krankentaggeld».
Angestellte in Betrieben ohne Kollektiv-Krankentaggeld sollten privat eine Einzel-Krankentaggeld-Versicherung abschliessen.