Die gesteuerte Ungerechtigkeit
Unsoziale Steuerentwicklung: In einigen Kantonen zahlen Kleinverdiener mehr, Grossverdiener hingegen weniger Steuern als vor zehn Jahren. Das hat eine Berechnung des Kassensturz nachgewiesen.
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K-Tipp 4/2006
22.02.2006
Pasquale Ferrara, Bennie Koprio
Die Belastung durch die kantonalen Steuern ist in den letzten Jahren im Schnitt gesunken. «Dass dies aber nicht für alle Einkommensgruppen gilt, hat mich überrascht», sagt Ökonom Markus Schärrer vom Berner Forschungsbüro Bass, das im Auftrag des Kassensturz die Entwicklung der kantonalen Steuern untersucht hat. «In einzelnen Kantonen ist die Steuerbelastung für tiefe und mittlere Einkommen sogar gestiegen, für hohe Einkommen dagegen gesunken.»
So zahlte 2004 zum Beispie...
Die Belastung durch die kantonalen Steuern ist in den letzten Jahren im Schnitt gesunken. «Dass dies aber nicht für alle Einkommensgruppen gilt, hat mich überrascht», sagt Ökonom Markus Schärrer vom Berner Forschungsbüro Bass, das im Auftrag des Kassensturz die Entwicklung der kantonalen Steuern untersucht hat. «In einzelnen Kantonen ist die Steuerbelastung für tiefe und mittlere Einkommen sogar gestiegen, für hohe Einkommen dagegen gesunken.»
So zahlte 2004 zum Beispiel in Glarus ein Ehepaar ohne Kinder mit einem Jahreseinkommen von nur 50 000 Franken 690 Franken mehr Steuern als zehn Jahre zuvor, ein Paar mit einem Bruttoeinkommen von einer halben Million Franken dagegen 3364 Franken weniger. Die Teuerung hat Schärrer bei seinen Berechnungen berücksichtigt. Ähnlich wie in Glarus ist die Entwicklung in den Kantonen Luzern, Zürich und Solothurn verlaufen.
Zürich weist darauf hin, dass der Kanton in den letzten Jahren mehrmals die Steuern gesenkt habe.
«Hohe Einkommen zu behalten, ist wichtig»
Weshalb bezahlen Kleinverdiener dennoch mehr als früher? Bernhard Greminger vom Zürcher Steueramt: «Einer der Gründe kann in der Prämienverbilligung für die Krankenkassen liegen. Dies führt zu einer Verminderung des Abzugs für Versicherungsprämien und damit zu einem höheren steuerbaren Einkommen.» Der Kanton Luzern weist auf seine schwierige Lage inmitten der Steueroasen Zug, Schwyz, Ob- und Nidwalden hin.
Und der Solothurner Finanzdirektor Christian Wanner sagt: «Es ist wichtig, dass wir die hohen Einkommen im Kanton behalten.» Ziehen diese weg, müsse der Kanton nämlich den Mittelstand stärker belasten, um dieselben Leistungen finanzieren zu können wie jetzt.
Einer der Gründe, weshalb Klein- und Normalverdiener dem Fiskus oft mehr abliefern müssen als früher: Viele Kantone lassen Jahre verstreichen, bis sie die Steuertarife der Teuerung anpassen, also die kalte Progression ausgleichen. Erhält ein Arbeitnehmer mehr Lohn - und seis auch nur den Teuerungsausgleich -, rutscht er in eine höhere Steuerstufe und zahlt mehr, obwohl seine Kaufkraft gleich geblieben ist.
Eine Gruppe von Steuerzahlern wird allerdings fast überall und zum Teil massiv stärker zur Kasse gebeten, ob sie nun über ein hohes, mittleres oder tiefes Einkommen verfügen: die Rentnerinnen und Rentner.
Statt der Reichen bezahlen die Rentner
Denn Renten müssen im Gegensatz zu früher heute voll versteuert werden. So bezahlen Pensionierte, die nur 50 000 Franken zur Verfügung haben, in Glarus, Zürich und Solothurn zwischen 1243 und 1652 Franken mehr Steuern als 1994. Die grosse Zusatzbelastung für Rentner ist in den Kantonen, die Spitzenverdiener teils massiv entlastet haben, besonders stossend.
Sparen durch richtiges Ausfüllen
Rund eine halbe Milliarde Franken schenken Schweizer jedes Jahr dem Staat. Der Grund: falsch ausgefüllte Steuererklärungen.
Die grösste Fehlerquelle bei den Steuererklärungen sind die Abzüge. Die wichtigsten, die oft vergessen werden, sind:
- Spenden absetzen. Bei kleineren Summen Empfänger angeben; grössere Beträge ab rund 300 Franken müssen Sie belegen.
- Die meisten Kantone gewähren Doppelverdienern und Alleinerziehenden einen Abzug für die Kosten der Kinderbetreuung.
- Angestellte können eine Berufspauschale abziehen - ohne sie zu belegen.
- Krankheitskosten, auch Franchise und Selbstbehalt, abziehen. In den meisten Kantonen muss die Summe aber 5 Prozent des Reineinkommens übersteigen.
- Kosten für Weiterbildung abziehen - auch Lehrmaterial und Schulweg.
- Angestellte können für auswärtige Verpflegung maximal 3000 Franken abziehen. Gibt es eine Kantine, halbiert sich der Betrag.
- Verrechnungssteuer zurückfordern.
(ko)
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