«Die Probleme sind erkannt»
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K-Tipp 8/2002
17.04.2002
Sunrise-Chef Kim Frimer gesteht Fehler ein
Die Klagen über den Telefonanbieter Sunrise häufen sich: Chaos mit Rechnungen, überforderte Hotlines, aggressive Neukundenwerbung. Sunrise-Geschäftsleiter Kim Frimer verspricht Besserung.
Rolf Muntwyler rom@ktipp.ch
K-Tipp: «Communication is Life» lautet ein Sunrise-Slogan. Wer Ihrem Kundendienst einen Brief schreibt, bekommt nicht einmal eine Antwort.
Kim Frimer: Wir verarbeiten im Monat...
Sunrise-Chef Kim Frimer gesteht Fehler ein
Die Klagen über den Telefonanbieter Sunrise häufen sich: Chaos mit Rechnungen, überforderte Hotlines, aggressive Neukundenwerbung. Sunrise-Geschäftsleiter Kim Frimer verspricht Besserung.
Rolf Muntwyler rom@ktipp.ch
K-Tipp: «Communication is Life» lautet ein Sunrise-Slogan. Wer Ihrem Kundendienst einen Brief schreibt, bekommt nicht einmal eine Antwort.
Kim Frimer: Wir verarbeiten im Monat einige 100 000 Anfragen, die normalerweise ohne Verzögerungen behandelt werden. Nach der Fusion von Sunrise und Diax im Januar 2001 haben wir drei Callcenter zusammengelegt. Das ergab Verzögerungen, von der auch die schriftliche Korrespondenz beeinträchtigt wurde. Die Zusammenführung befindet sich nun in der letzten Phase. Die bestehende Qualitätslücke soll im Juni geschlossen werden.
Wer Sunrise anruft, muss sich auf längeres Warten gefasst machen. Wann werden Callcenter und Kundendienst nicht mehr überlastet sein?
Es stimmt, dass wir zurzeit auf gewissen Helplines längere Wartezeiten haben. Das Problem haben wir erkannt. Wir arbeiten mit Hochdruck an einer kundenfreundlichen Lösung. Auch hier befinden wir uns in der letzten Etappe.
Verschiedene Kundenberater geben unterschiedliche Auskünfte. Sind Ihre Angestellten ungenügend ausgebildet?
Nein. Jeder neue Callcenter-Mitarbeiter wird einen Monat lang intensiv geschult. Seit der Fusion ist es aber tatsächlich zu Unsicherheiten und Unstimmigkeiten gekommen. Die Agenten mussten kurzfristig für neue Bereiche geschult werden, was nicht ohne Schwierigkeiten über die Bühne ging.
Sunrise hat immer mehr Kunden, hat aber im vergangenen Jahr massiv Stellen abgebaut. Waren da die Probleme nicht programmiert?
Es stimmt, dass wir im Zuge der Fusion Stellen abgebaut haben. Da für uns ein ausgezeichneter Kundendienst an oberster Stelle steht, haben wir seit Mitte des letzten Jahres 200 neue Callcenter-Agenten eingestellt. Es dauert aber eine gewisse Zeit, bis sie alle geschult sind.
Im Februar hat Ihr Unternehmen wachsende Kundenzahlen in allen Sparten bekannt gegeben. Wächst Sunrise der eigene Erfolg über den Kopf?
Nein, bestimmt nicht. Nach der Fusion kam es leider zu Schwierigkeiten bei den internen Prozessen, die erst bereinigt werden mussten.
Auch beim Abrechnen und bei den Adressen patzert Sunrise. Wo liegen hier die Probleme?
Bei den Adressen kam es zu Verwirrungen, da Mobile- und Festnetz-Kunden in zwei verschiedenen Computer-Datenbanken erfasst wurden. Dafür möchten wir uns bei unseren Kunden entschuldigen. Weil wir die Kundendaten nun in einer einzigen Datenbank führen, sollten fehlerhafte Rechnungen der Vergangenheit angehören.
Unbezahlte Rechnungen geben Sie der Firma Pro Inkasso AG weiter. Diese schickt Ihren Kunden Mahnungen mit happigen Zuschlägen für Umtriebsentschädigungen und «Blockierungsgebühr». Das ist unanständig, weil der Fehler zu oft bei Sunrise liegt.
Wer ohne eigenes Verschulden Mahnungen von der Pro Inkasso erhalten hat, soll sich bei den speziell eingerichteten Hotlines 0800 300 611 (Festnetz) oder 0800 300 612 (Mobil) melden. Dort behandeln wir die Reklamation speditiv. Die Nummern sind aber ausschliesslich für Fälle mit Rechnungen der Pro Inkasso reserviert.
Neuerdings werben wieder Strassenverkäufer für Sunrise-Neukunden. Nun erhalten Leute Rechnungen von Sunrise, obwohl sie versichern, nie einen Sunrise-Vertrag unterschrieben zu haben. Auch da läuft etwas schief.
Sunrise hat kein Interesse, unwillige Kunden aufzuschalten, da der nachträgliche Korrekturaufwand in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag steht. Die bestehenden Kontrollmechanismen sollten verhindern, dass ein Anschluss ohne Unterschrift einer unterschriftsberechtigten Person aufgeschaltet wird. Was bei den vom K-Tipp geschilderten Fällen schief gelaufen ist, klären wir ab.
Sunrise macht aus Sicht der Konsumenten einen desolaten Eindruck. Warum sollten Kunden Sunrise als Anbieter wählen?
Weil Sunrise nach wie vor das beste Preis-Leistungs-Verhältnis und neueste innovative Technologien anbietet. Bei uns steht der Kunde im Zentrum und in nächster Zeit werden wir auch wieder die gewohnte Qualität in unserem Callcenter bieten können. Denn die Probleme, die Sie angesprochen haben, sind bereits gelöst. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir bis Juni so weit sind, all unseren Kunden die gewohnt hohe Qualität im Kundenservice bieten zu können.
Pleiten, Pech und Pannen - So verärgert Sunrise seine Kundinnen und Kunden
Bei Sunrise liegt einiges im Argen. Das belegen die vielen Reklamationen, die der K-Tipp fast täglich von Lesern erhält.
- Adressen: Sunrise schickt Rechnungen und Mahnungen an falsche Adressen. Die «richtigen» Kunden können die ausstehenden Beträge gar nicht begleichen.
Mögliche Folgen: Sunrise stellt den Telefonanschluss ab oder schaltet ein Inkasso-Büro ein, das zusätzlich zum ursprünglichen Rechnungsbetrag Umtriebsspesen und eine «Blockierungsgebühr» für den abgestellten Anschluss verlangt.
- Chaos mit Rechnungen: Sunrise verschlampt die Umstellung, wenn ihre Kunden nicht mehr mit Einzahlungsschein, sondern neu mit dem Lastschriftverfahren (LSV) bezahlen oder umgekehrt vom LSV zum Einzahlungsschein wechseln wollen.
Registriert Sunrise als Folge davon den Zahlungseingang nicht korrekt, schickt die Firma ihren Kunden fälschlicherweise Mahnungen.
- Callcenter und Kundendienst sind überfordert: Wer einen Kundenberater vom Callcenter am Draht hat, bekommt bei Problemfällen oft keine konkrete Auskunft. Auf den versprochenen Rückruf kann man tagelang warten, falls er überhaupt kommt. Auf mündliche Versprechen wie Gutschriften ist kein Verlass.
- Callcenter und Kundendienst sind überlastet: Es braucht viel Geduld, bis ein Kundenberater frei wird. Das kann ohne weiteres länger als eine Viertelstunde dauern. Wer sich die Mühe nimmt, dem Sunrise-Kundendienst einen Brief zu schreiben, wartet auch Monate später noch auf eine Antwort.
- Auch die teuren 0906-Hotline-Nummern sind völlig überlastet: Der Anrufer bezahlt zwei Franken pro Minute, während er auf den Kundenberater wartet.
- Kunden wider Willen: Verkäufer sprechen Passanten auf der Strasse an oder an der Haustüre, um neue Sunrise-Kunden zu gewinnen. Es kommt immer wieder vor, dass «Neukunden» nichts davon wissen, dass sie bei Sunrise einen Vertrag unterschrieben haben sollen.
- Preiserhöhung durch die Hintertür: Sunrise hat die Mobilfunk-Preise für ankommende Anrufe im Ausland und für die schnelle Datenübertragung GPRS stark erhöht. Mitgeteilt hat sie diese «Preisanpassungen» im ersten Fall gar nicht, im zweiten mit einer unscheinbaren Notiz oberhalb des Einzahlungsscheins.
- Keine Auskunft zu 0906er-Nummern: Wer eine 0906er-Nummer auf seiner Rechnung findet, die er nie gewählt hat, kann bei Sunrise nicht nach dem Betreiber der Nummer fragen. Anders als die Swisscom hüllt sich Sunrise in Schweigen.