Doktor Web kennt alle Krankheiten
Tausende von Websites bieten medizinische Informationen. Für Laien ist aber oft schwer, das Angebot zu beurteilen. Der K-Tipp stellt zehn empfehlenswerte Sites vor.
Inhalt
K-Tipp 18/2002
30.10.2002
Pirmin Schilliger redaktion@ktipp.ch
Mehr als ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer wünschen sich mehr Informationen und mehr Selbstbestimmung in Gesundheitsfragen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften. Da bietet sich das Internet als Medium geradezu an.
Der Weg durch die Datenflut ist allerdings nicht ganz einfach. Martin Denz, Beauftragter für e-Health bei der Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), empfiehlt Internet-Nutzern eine gez...
Mehr als ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer wünschen sich mehr Informationen und mehr Selbstbestimmung in Gesundheitsfragen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften. Da bietet sich das Internet als Medium geradezu an.
Der Weg durch die Datenflut ist allerdings nicht ganz einfach. Martin Denz, Beauftragter für e-Health bei der Verbindung Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), empfiehlt Internet-Nutzern eine gezielte Surfstrategie. Für einen ersten groben Überblick sind Suchmaschinen wie Altavista, Google und Yahoo hilfreich. Die Probe aufs Exempel zeigt: Auf das Stichwort «Migräne» liefert Yahoo 99 800, Google 47 200 und Altavista 20 200 Treffer.
Immerhin: Alle drei Suchmaschinen listen bereits unter den ersten zehn Treffern Sites auf, die zu sehr guten Informationen führen. Die brauchbarsten Resultate für Nutzer aus der Schweiz lieferte in der K-Tipp-Stichprobe jeweils die Suchmaschine Google.
Zweiter Schritt für vertieftere Informationen: Der Nutzer loggt sich auf spezifisch medizinischen Suchmaschinen ein: zum Beispiel auf www.dr-antonius.de, www.medizinindex.de oder www.medivista.de. Zwar liefert hier das Stichwort «Migräne» nur 292, dafür umso fundiertere Treffer. Der Nachteil dieser Methode: Oft erhält man wissenschaftliche Informationen, die den Laien überfordern.
Zehn Sites, die in jede Liste gehören
Regelmässigen Besuchern von medizinischen Sites ist deshalb - dritter und wichtigster Schritt - das Anlegen eines Verzeichnisses zu empfehlen. Eine solche Liste mit so genannten Favoriten oder Buchzeichen führt am schnellsten zum Ziel. In dieser Liste legt der Benutzer die Adressen von bereits besuchten Sites ab, die seinen Vorstellungen entsprechen.
Folgende von der K-Tipp-Redaktion empfohlene zehn Sites sollten in einer solchen Liste auf keinen Fall fehlen:
- www.netdoktor.de
Diese Site lässt keine Wünsche offen in Bezug auf Information, Grafik und Übersichtlichkeit. Sie schöpft sämtliche technischen Möglichkeiten des Internets aus. Der Besucher wird nicht einfach mit nüchternem Wissen gefüttert, sondern kann in Foren seine Erfahrungen mit anderen austauschen.
- www.patienten-information.de
Die Website des Patienten-Informationsdienstes der deutschen Bundesärztekammer ist ein gutes Einstiegsportal für fast alle Fälle: seriös, sachlich, gründlich und nüchtern. Mit selber aufbereiteten Informationen und einer Fülle von Links zu speziellen Suchmaschinen.
- www.meinegesundheit.de
Ein echter Gesundheitsratgeber, der Krankheiten alphabetisch auflistet und inhaltlich von der Schul- bis zur Komplementärmedizin ein breites Feld abdeckt.
- www.medgate.ch
Die Website des medizinischen Call-Centers in Basel: Das Medgate-Ärzteteam hat mehrere tausend Websites bewertet und gibt Empfehlungen ab - ein sicherer Wegweiser mit sehr vielen Links.
- www.doktor.ch
Übersichtlich, präzis und doch spielerisch, bis zum Intelligenztest und zu Ärztewitzen: mit Informationen, Foren, Chats, Tests, Lexiken und Links für Notfälle.
- www.almeda.de
Diese Site ist ein Muss für alle Körper- und Gesundheitsbewussten. Mit Schwerpunkten wie Abnehmen, Rauchen, Diät, Ernährung, Psyche und Lebenshilfe sowie mit Tests und Check-ups für Körper und Seele.
- www.gesundheitspilot.de
Eine komplette Website, die inhaltlich und formal kaum Wünsche offen lässt.
- www.infomed.org
Die Website der Pharma-Kritik bietet eine unabhängige Bewertung von Medikamenten.
- www.selbsthilfe-gruppen.ch
Links zu den Websites der verschiedenen Selbsthilfegruppen.
- www.mediservice.ch
Thematisch zwar nicht komplett, dafür umso spielerischer ist die Site der gleichnamigen Online-Apotheke aus Zuchwil. Sie glänzt mit witzigen Selbstchecks, Gesundheitstipps und Risikoeinschätzungen und bietet für den grösseren Wissensdurst die notwendigen Links für die weitere Suche.
Für die Beurteilung der medizinischen Websites gibt es ein Qualitätsgütesiegel, den so genannten HON-Code der Health on the Net Foundation. Es handelt sich dabei allerdings nur um eine freiwillige Zusage der Anbieter, sich an bestimmte Regeln zu halten - eine Selbstdeklaration also, ohne strikte Kontrolle.
Der e-Health-Beauftragte der FMH Martin Denz glaubt, dass das Internet zu einem neuen Rollenverständnis bei Patienten und Ärzten führen wird. «Patientinnen und Patienten entwickeln zunehmend den Anspruch, die sie betreffenden Prozesse mitzubestimmen und mitzugestalten. Das Internet bietet ihnen die Möglichkeiten, sich die dazu nötigen Informationen zu beschaffen.»
Allerdings birgt es auch Gefahren. Das Internet ist die falsche Adresse, um ein akutes gesundheitliches Problem zu lösen, das dringend einer medizinischen Behandlung bedarf.
Viel besser ist es, in diesem Fall gleich zum Arzt zu gehen. Die Auswertung wichtiger Internet-Informationen sollten Patient und Arzt im gemeinsamen Gespräch vornehmen, gibt Denz zu bedenken.
«Eine Selbstdiagnose ist fahrlässig»
«Wer sich über solche Ratschläge hinwegsetzt und sich vom Internet zu Selbstdiagnose und Selbstmedikation verleiten lässt, handelt fahrlässig», sagt der Experte.
Grösste Vorsicht ist bei Heilsversprechungen geboten. Medizinische Wunder gibt es auch im Internet keine und Websites können den Arztbesuch nicht ersetzen. Denz ist aber überzeugt: «Wer häufig auf guten Websites surft, setzt sich mit Gesundheitsfragen intensiver auseinander und entwickelt ein besseres Gesundheitsbewusstsein.»
Hans Heinrich Brunner, Präsident der FMH, sieht im Internet die Grundlagen für eine neue Arzt-Patient-Beziehung. «Der Zugang zu medizinischer Information wird demokratischer. Der Patient wird immer mehr über die notwendigen Informationen verfügen, um die Behandlung seiner Krankheit selber steuern zu können.»
Eine dänische Studie deutet darauf hin, was der generelle Nutzen des Besuchs von Medizin-Sites sein könnte: Der informierte mündige Patient kann mit einer Diagnose besser umgehen und wird schneller gesund als der unwissende, gänzlich von fremder Hilfe Abhängige. Die Information aus dem Internet kann auf jeden Fall die Selbstverantwortung des Patienten stärken.
So erkennen Sie seriöse Anbieter
1. Ist klar, wer die Informationen herausgibt, welche Qualifikation und Interessen der Autor hat?
2. Wird klar, wann die Informationen auf der Homepage erstellt wurden?
3. Werden bei empfohlenen Behandlungen auch Alternativen erwähnt?
4. Werden Nutzen und Risiken einer Behandlung erwähnt?
5. Werden weiterführende Lektüre und/oder Organisationen erwähnt, die detaillierte Informationen anbieten?
6. Ist die Werbung klar vom redaktionellen Inhalt getrennt?
7. Vorsicht bei kostenpflichtigen Diensten: Es gibt in fast allen Fällen Websites, die gleichwertige Informationen gratis zur Verfügung stellen.
Weitere Tipps zur Beurteilung der Sites unter:
www.yavivo.de
www.hon.ch
www.medcertain.com