Inhalt
K-Tipp 15/2002
18.09.2002
Lebensmittel mit Ökolabels sind frei von Zusatzstoffen. Diese Meinung ist verbreitet. Aber falsch.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Gewiss, Fleischkäse gehöre nicht zu den edelsten Fleischprodukten, räumen Eva und Jean-Pierre Pochon aus Maur ZH ein. Dass aber Fleischkäsebrät mit dem Agri-Natura-Label mehrere Zusatzstoffe enthält, hat die beiden dann doch erstaunt: «Solche Label-Produkte sollten doch natürlich sein.»
Tatsache ist: Nicht nur A...
Lebensmittel mit Ökolabels sind frei von Zusatzstoffen. Diese Meinung ist verbreitet. Aber falsch.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Gewiss, Fleischkäse gehöre nicht zu den edelsten Fleischprodukten, räumen Eva und Jean-Pierre Pochon aus Maur ZH ein. Dass aber Fleischkäsebrät mit dem Agri-Natura-Label mehrere Zusatzstoffe enthält, hat die beiden dann doch erstaunt: «Solche Label-Produkte sollten doch natürlich sein.»
Tatsache ist: Nicht nur Agri Natura, auch die anderen so genannten Ökolabels erlauben - sofern sie dazu überhaupt Regeln aufstellen - gewisse Zusatzstoffe. Warum auch nicht, schliesslich verbirgt sich ja längst nicht hinter jeder E-Nummer eine gesundheitlich problematische Substanz.
Hinter einigen allerdings schon: In seinem Einkaufsführer «E-Nummern» versieht Gesundheitsjournalist Heinz Knieriemen insgesamt 53 Zusatzstoffe mit der Empfehlung «unbedingt zu meiden».
Der K-Tipp wollte nun von den Herausgebern diverser Lebensmittel-Label wissen, welche dieser 53 E-Nummern sie in Produkten mit ihrem Gütezeichen zulassen. Befragt wurden Demeter, Bio Suisse, Agri Natura, Bell Natura, Coop-Naturaplan, Migros-7-Punkte-Fleischgarantie, Migros-Bio, Kagfreiland, Fidelio, IP Suisse, Natura-Beef und Max Havelaar.
Zusatzstoffe nicht überall ein Thema
Das Resultat:
- IP Suisse, Max Havelaar und Natura-Beef machen keine Aussage zu E-Nummern. Grund: IP Suisse und Max Havelaar zertifizieren nur die Produktion beziehungsweise den Handel mit landwirtschaftlichen Rohstoffen; deren Verarbeitung bleibt ausgeklammert. Und Natura-Beef ist reserviert für Frischfleisch von Jungtieren aus Mutterkuhhaltung.
- Von den Labels, die Vorschriften punkto E-Nummern kennen, sind gemäss Eigendeklaration einzig bei Demeter alle 53 problematischen Zusatzstoffe verboten. Die anderen Gütezeichen erlauben in Fleischerzeugnissen die Konservierungsstoffe Nitritpökelsalz (E 250), einige zudem die verwandten Stoffe Natriumnitrat (E 251) und Kaliumnitrat (E 252). Bei Agri Natura darf auch der Geschmacksverstärker Natriumglutamat (E 621) vorkommen.
Das ist heikel: Gemäss E-Nummern-Datenbank der deutschen Verbraucher-Initiative kann Natriumglutamat krankheitsauslösend wirken. Typisch sind allergieähnliche Symptome sowie Kopf- und Gliederschmerzen, Nackentaubheit und Übelkeit.
Agri Natura erklärt zum E 621 in seinen Fleischwaren, dieser Stoff sei in den beigefügten Gewürzmischungen enthalten und erlaube es, den Einsatz von Kochsalz zu reduzieren. Im Übrigen werde Natriumglutamat «in den Mischungen nur als geringer Anteil eingesetzt».
Gepökeltes nur einmal pro Woche
Zurückhaltung wäre auch beim Nitritpökelsalz geboten: Nitrite wirken gefässerweiternd und blutdrucksenkend. Besonders gefährlich ist aber, dass sie zusammen mit Eiweissen im Körper Nitrosamine bilden. Und diese sind krebserregend. Fachleute empfehlen deshalb, Gepökeltes höchstens einmal pro Woche zu essen.
Um die Gefahren von E 250 weiss auch Markus Wittmer, Leiter Qualitätssicherung und Labelvergabe beim Knospe-Label Bio Suisse. Und er räumt ein, dass es «unter Einhaltung von strengsten Qualitätsanforderungen bezüglich Hygiene» heute möglich sei, ohne Nitritpökelsalz zu arbeiten.
Trotzdem lässt Bio Suisse wie fast alle anderen Labels E 250 zu. Weshalb? Vor allem, weil Nitritpökelsalz das Wachstum jenes Bakteriums hemmt, das die lebensgefährliche Lebensmittelvergiftung Botulismus verursachen kann.
Wittmer erinnert aber auch an die lange Tradition von gepökelten Fleischwaren in der Schweiz. «Stellte man diese ohne Pökelsalz her, entstünden ganz andere Produkte, welche Akzeptanzprobleme hätten.» Ohne Pökelsalz verliert das Fleisch nämlich seine rote Farbe.
Das spielt für Demeter keine Rolle: Eine streng hygienische sowie der beschränkten Haltbarkeit angepasste Verarbeitung und Lagerung vorausgesetzt, könne man problemlos auf E 250 in Fleischwaren verzichten.
Neue Ratgeber zu Ernährungsfragen
Was bedeuten die E-Nummern auf Lebensmittel-Etiketten? Welche Zusatzstoffe sind zu meiden, welche unbedenklich? Darüber und über vieles mehr geben der neue Ratgeber «Ernährung von A-Z» und der neu aufgelegte Einkaufsführer «E-Nummern» Auskunft. Letzterer enthält eine E-Nummern-Übersicht im Kreditkartenformat. Die Ratgeber können Sie bestellen unter
Tel. 01 253 90 70
Fax 01 253 90 71
www.ktipp.ch
dossiers@ktipp.ch