Ein Job, der ins Geld gehen kann
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K-Tipp 8/2002
17.04.2002
Partnervermittler: Auf den Traum vom grossen Verdienst folgt oft ein böses Erwachen
Bis zu 16 000 Franken sollte er monatlich verdienen. Doch am Schluss seiner Tätigkeit als Partnervermittler für die Part-Line GmbH blieb Raymond Gräub ein Verlust von 3000 Franken.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Arbeitslosigkeit ist ein hartes Los. Der Berner Raymond Gräub weiss das aus eigener Erfahrung. «Ich brauchte unbedingt einen Job, als ich im August let...
Partnervermittler: Auf den Traum vom grossen Verdienst folgt oft ein böses Erwachen
Bis zu 16 000 Franken sollte er monatlich verdienen. Doch am Schluss seiner Tätigkeit als Partnervermittler für die Part-Line GmbH blieb Raymond Gräub ein Verlust von 3000 Franken.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Arbeitslosigkeit ist ein hartes Los. Der Berner Raymond Gräub weiss das aus eigener Erfahrung. «Ich brauchte unbedingt einen Job, als ich im August letzten Jahres auf das Inserat der Part-Line GmbH stiess», erklärt er. Darin habe die Partnervermittlungsfirma mit Sitz in Pratteln BL «Berater mit Herz» gesucht und einen hohen Verdienst in Aussicht gestellt.
Gräub meldete sich und vereinbarte ein Treffen. «Das hätte ich besser nicht getan», meint er rückblickend. Damals aber sei er sehr beeindruckt gewesen. Der Part-Line-Vertreter habe so mit Zahlen jongliert, dass ihm beinahe schwindlig geworden sei.
«Vor allem führte der Vertreter wortreich aus, dass ein Berater pro Woche problemlos zwei Partnervermittlungsverträge über je rund 6000 Franken abschliessen könne», erinnert sich Gräub. «Da konnte ich mir leicht ausrechnen, dass sich mein Monatsverdienst bei der in Aussicht gestellten Provision auf etwa 16 000 Franken belaufen würde.»
Gräub unterzeichnete den Berater-Vertrag. Er nahm auch in Kauf, dass er sich damit verpflichtete, «als Entgelt für das von der Part-Line zur Verfügung gestellte Know-how sowie zur Deckung der Ausbildungskosten» im Voraus eine Zahlung von 6000 Franken zu leisten.
«So viel Geld hatte ich damals zwar nicht», so Gräub. Doch die Part-Line bot ihm an, zunächst nur die Hälfte einzuzahlen und den Rest bis Ende Jahr nachzuliefern. Dieses unkomplizierte Entgegenkommen habe ihn zusätzlich beeindruckt, weshalb er sich kurz nach Vertragsunterzeichnung 3000 Franken geborgt und an die Part-Line überwiesen habe.
Bei der Ausbildung zum ersten Mal stutzig
Danach fuhr Gräub zur Berater-Ausbildung - und wurde zum ersten Mal stutzig: «Der Kurs beschränkte sich auf ein eintägiges Seminar, bei dem die Pausen dominierten.» Auch von den zwei, drei Referaten und Kurz-Diskussionen habe er kaum profitieren können. Gräub: «Es ging fast nur um Finanzielles; mehrmals wurden wir als angehende Berater darauf getrimmt, wir müssten potenziellen Kunden in der Regel etwas "nachhelfen", damit es zu Vertragsabschlüssen komme.»
Die Part-Line stellt das vehement in Abrede: «Die Aussage, man müsse den Kunden etwas "nachhelfen", ist schwachsinnig, da der Kunde nach geltendem Recht sowieso ein siebentägiges Rücktrittsrecht besitzt», hält die Firma gegenüber dem K-Tipp fest. Im Übrigen stehe Gräub eine Beanstandung des Ausbildungskonzeptes gar nicht zu, da er es nur selten für nötig erachtet habe, die Schulungen und Meetings der Part-Line zu besuchen.
Das weist Gräub wiederum zurück. An den Berater-Meetings zum Erfahrungsaustausch sei er mehrmals dabei gewesen.
«Dort habe ich auch festgestellt, dass keiner der Berater jemals den teuersten Vertrag über knapp 6000 Franken hatte abschliessen können.» Ihm selber sei das ebenfalls nie gelungen, sagt Gräub.
Sein erfolgreichstes Geschäft war ein Vertrag, der die Kundin rund 2500 Franken kostete. Sie erhielt dafür von der Part-Line sieben Partnervorschläge. Ob einer davon zum Erfolg führte, weiss Gräub nicht.
Gemeldet hatte sich die Frau nebst einigen weiteren Interessentinnen auf ein Part-Line-Inserat mit Gräubs Telefonnummer. Darin suchte ein 47-jähriger «sympathischer Brummbär» eine «süsse Honigbiene». Bloss: Gräub wusste über «Brummbär» nicht viel mehr als im Inserat stand. «Ich war nicht einmal sicher, ob es diesen Mann überhaupt gibt.»
Daher habe er den Anruferinnen etwas vorflunkern müssen, um sie bei der Stange zu halten - und wenn möglich gar zu einem Partnervermittlungsvertrag zu bewegen. «Seriös schien mir die Sache jedenfalls nicht. Wie hätte ich so als "Berater mit Herz" arbeiten können?»
Nach rund sechswöchiger Tätigkeit als Berater beschloss Raymond Gräub auszusteigen: «Für mich war inzwischen klar, dass ich von der Part-Line über den Tisch gezogen wurde.» An Provisionen hatte er unter dem Strich gerade mal 1500 Franken erwirtschaftet; auf das Geld warte er aber noch heute, so Gräub. Jetzt fordert er von der Part-Line die zu Beginn einbezahlten 3000 Franken zurück.
Die Part-Line nimmt dazu gegenüber dem K-Tipp nicht Stellung. Und zur Frage der ausstehenden Provisionen äussert sie sich nur unverbindlich. Hingegen bestreitet sie heftig, Gräub je einen Monatsverdienst von gegen 16 000 Franken versprochen zu haben. Man spiele auf keinen Fall mit Fantasiezahlen und habe auch Gräub «ein realistisches Bild bezüglich der Verdienstmöglichkeiten aufgezeichnet». Allerdings: Raymond Gräubs Schilderung ist kein Einzelfall. Schon früher sind ehemalige Partnervermittler mit dem Vorwurf an die Öffentlichkeit getreten, von der Part-Line mit der Aussicht auf einen Topverdienst zum Unterzeichnen eines Berater-Vertrags animiert worden zu sein.
Daher gilt nach wie vor, was Rechtsprofessor Thomas Geiser schon vor zwei Jahren in der Zeitschrift Saldo empfohlen hat: «Hände weg von solchen Verträgen.» Raymond Gräub kann das nur unterstützen.
Sieben Tage Rücktrittsfrist
Neben frustrierten Beratern melden sich auch enttäuschte Kunden von Partnervermittlungsinstituten immer wieder beim K-Tipp. Das sind ihre Rechte:
- Ein Partnervermittlungsvertrag tritt erst sieben Tage, nachdem die Kundin oder der Kunde ein beidseitig unterzeichnetes Vertragsdoppel erhalten hat, in Kraft. Vorher darf das Institut keine Zahlung entgegennehmen.
- Die Kunden haben innerhalb der Sieben-Tage-Frist das Recht, schriftlich und entschädigungslos vom Vertrag zurückzutreten. Die Rücktrittserklärung ist spätestens am siebten Tag bei der Post aufzugeben.
- Man darf den Vertrag auch nach Ablauf der siebentägigen Frist jederzeit schriftlich kündigen. Allerdings ist in diesem Fall der Aufwand zu bezahlen, den das Institut bis zum Zeitpunkt der Kündigung geleistet hat.
- Gültig ist ein Vermittlungsvertrag nur, wenn er zumindest Namen und Wohnsitz der Vertragsparteien, Anzahl und Art der vom Institut zu erbringenden Leistungen, deren Preise (inkl. Einschreibegebühr), die Zahlungsbedingungen, das Kündigungs- und das siebentägige Rücktrittsrecht sowie das siebentägige Inkassoverbot für das Institut enthält.
- Wer das Risiko möglichst gering halten möchte, in die Fänge bloss auf Gewinn bedachter Firmen im Partnervermittlungsgeschäft zu geraten, setzt mit Vorteil auf seriöse Namen - zum Beispiel auf das Angebot «Herzklopfen» des Hilfswerks Heks.
Partnersuchende erhalten hier Beratung im persönlichen Gespräch sowie innert Jahresfrist entweder drei aussichtsreiche Kontaktadressen oder aber einen Teil des Geldes zurück. Derzeit betragen die Vermittlungskosten 590 Franken; im Sommer dürfte das Angebot aber aufschlagen.
Kontakt (jeweils Mittwoch bis Freitag, 16 bis 20 Uhr): Partnervermittlung «Herzklopfen» Tel.: 062 825 02 36 Fax: 062 825 02 37 E-Mail: herzklopfen@bluewin.ch