Ein Schlüssel für mehr als 1400 Autos
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K-Tipp 1/2001
17.01.2001
Mobility In Kombination mit dem öffentlichen Verkehr geht die Rechnung auf
Vom Carsharing profitieren heute fast 40000 Schweizerinnen und Schweizer. Der K-Tipp rechnet vor, ab wann Mitmachen bei der «Autoteilete»-Firma Mobility billiger ist.
Pirmin Schilliger redaktion@ktipp.ch
Mit der Mobility Card besitzen Sie den Schlüssel zu über 1400 Autos an 850 Standorten in der ganzen Schweiz», verspricht der landesweit einzige grössere Anbieter Mobilit...
Mobility In Kombination mit dem öffentlichen Verkehr geht die Rechnung auf
Vom Carsharing profitieren heute fast 40000 Schweizerinnen und Schweizer. Der K-Tipp rechnet vor, ab wann Mitmachen bei der «Autoteilete»-Firma Mobility billiger ist.
Pirmin Schilliger redaktion@ktipp.ch
Mit der Mobility Card besitzen Sie den Schlüssel zu über 1400 Autos an 850 Standorten in der ganzen Schweiz», verspricht der landesweit einzige grössere Anbieter Mobility Carsharing. Tatsächlich brauchen die Mitglieder bloss via Telefon oder Internet den gewünschten Wagen zu reservieren. Innerhalb einer Stunde können sie ihn abholen, meist an einem Standplatz ganz in der Nähe, ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder an irgendeinem Bahnhof.
Das Konzept besticht durch seine Einfachheit. Die Kunden können nach der Reservation mit ihrer Mobility-Karte das Auto entriegeln. Im Wageninnern weiss der Bordcomputer, der über Mobilfunk mit der Zentrale verbunden ist, ob der Wagen tatsächlich für dieses Mitglied und die gewünschte Zeit gebucht ist. Dem Handschuhfach entnimmt der Kunde danach den Schlüssel und die Fahrt kann losgehen.
Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer entdecken die Vorteile dieses Systems. Per Ende 2000 zählte Mobility fast 40000 Mitglieder, mehr als doppelt so viele wie vor drei Jahren.
Die Erfolgsstory basiert weniger auf grüner Ideologie, als auf harten finanziellen Fakten: Carsharing ist für viele Leute eine billigere Lösung als der Besitz eines Autos. Mit einem Jahresbeitrag von 250 Franken wird man Mobility-Mitglied; Halbtax-Abo-Besitzer bezahlen noch 150 Franken und GA-Besitzer 111 Franken. Die Nutzer zahlen dann je nach Autotyp 45 bis 80 Rappen pro Kilometer und Fr. 2.50 bis 4.- pro Stunde. Wer sich als Genossenschafter mit einem Anteilschein von 1000 Franken einkauft, bekommt auf den Kilometer 10 Rappen Rabatt.
Mobility-Mitglied: Je mehr ÖV, desto günstiger wirds
Carsharing lohnt sich in erster Linie für Leute, die bereit sind, einen gewissen Teil des Weges mit Zug, Tram oder Bus zurückzulegen. Wer von total 15000 Fahr-Kilometern einen Drittel mit öffentlichen Verkehrsmitteln (ÖV) bewältigt, gibt als Mobility-Mitglied ein paar Hundert Franken weniger aus als der Autofahrer mit dem privaten PW.
Prinzipiell gilt: Je grösser der Anteil der Strecke, die mit den ÖV zurückgelegt wird, desto grösser wird auch der finanzielle Vorteil. Wer 10000 Kilometer mit Zug oder Bus und 5000 Kilometer mit dem Auto fährt, spart als Mobility-Mitglied gegenüber einer Person mit eigenem PW jährlich über 3000 Franken.
Vorteilhaft ist Carsharing weiter für alle, die jährlich mit dem Auto nicht mehr als ein paar Tausend Kilometer fahren. Hier fallen nämlich beim privaten Autobesitzer die unverhältnismässig hohen Fixkosten negativ ins Gewicht. Bei Mobility-Mitgliedern hingegen sinds nur geringe Fixkosten (Jahresbeitrag und Versicherungen).
Das Konzept von Mobility trifft die Realität genau: Der Durchschnittsschweizer deckt nämlich seine Mobilität von total 15000 Kilometern zu 11500 km mit dem Auto und zu 3500 km mit dem öffentlichen Verkehr ab. Er ist deshalb allein schon aus finanziellen Gründen ein Carsharing-Kandidat.
Studien haben zudem gezeigt: Carsharing-Kunden, die vor dem Beitritt ein eigenes Auto besessen und damit 9300 Kilometer zurückgelegt hatten, fuhren danach nur noch 2600 Kilometer im Auto. Stattdessen benützten sie viel öfter Bus und Zug.
Im Schnitt legen Mobility-Kunden drei Viertel ihrer Wegstrecke mit ÖV, Velo und zu Fuss zurück. Bei Autobesitzern verhält es sich umgekehrt. Mobility-Mitglieder sparen so gegenüber früher, als sie noch ein eigenes Auto besassen, 3000 bis 4000 Franken pro Jahr.
Autobesitzer: Wer wenig fährt, kann kaum sparen
Der Anreiz, bei jeder Fahrt die exakten Kosten abzuschätzen und nach Möglichkeit den öffentlichen Verkehr zu wählen, ist bei Carsharern besonders gross. Wer hingegen als privater PW-Besitzer den Zug benutzt, kann bei weniger als 10000 Autokilometern jährlich nicht mehr gross sparen. Beim Carsharer hingegen, bei dem die beweglichen Kosten bei der Autonutzung sehr hoch sind, lohnt sich das Umsteigen auf den Zug oder Bus bei jeder Fahrt.
Für die Besitzer eines GAs fallen die beweglichen Kosten im öffentlichen Verkehr sogar gegen null. Der Anreiz, wann immer möglich den Zug zu wählen, ist für sie besonders hoch.
Damit wird deutlich: Erst durch eine geschickte Wahl der Verkehrsmittel wird Mobility wirklich günstig. Jacqueline Bachmann, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), erklärt: «Carsharing ist eine ausgezeichnete Alternative zum eigenen Auto. Wir empfehlen den Konsumentinnen und Konsumenten, entsprechend ihrer Lebenssituation zu prüfen, ob es sie entlastet, wenn sie kein eigenes Auto besitzen, und wie viel sie mit Carsharing sparen können.» Obwohl Mobility der einzige grössere Anbieter in der Schweiz ist, will Mobility-Geschäftsführer Rainer Langendorf nicht von einer Monopolsituation sprechen. «Wir stehen in harter Konkurrenz zum privaten Autobesitzer und zum öffentlichen Verkehr.» Zudem sei ein grosser flächendeckender Anbieter viel attraktiver als eine Vielzahl von kleinen Anbietern, erklärt er und verweist auf die Situation in Deutschland.
Dort gibt es über 80 Autoteiler-Organisationen. Diese operieren aber nur im regionalen Rahmen mit kleineren Fahrzeugflotten. Die Autos sind entsprechend weniger dicht platziert. Das ist natürlich nicht so attraktiv wie das flächendeckende und dichte Mobility-Standortnetz.
Eine Alternative zu Mobility ist unter Umständen eine «Autoteilete» auf privater Basis - etwa zusammen mit Freunden oder Nachbarn. In diesem Fall sind die richtigen Versicherungen sehr wichtig.
Detaillierte Infos zur privaten «Autoteilete» finden Sie in einem Leitfaden mit Musterverträgen. Erhältlich ist er bei: VCS, Dokumentation, Postfach, 3000 Bern 2. Telefon 031 328 82 00 für 7 Franken (VCS-Mitglieder 5 Franken).
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Nichts für Viel-und Ferienfahrer
Nicht immer ist eine Mitgliedschaft bei Mobility sinnvoll.
- Vielfahrer, die jährlich 15000 Kilometer und mehr im Auto zurücklegen, sollten sich eine Mitgliedschaft aus finanziellen Gründen aus dem Kopf schlagen. 15000 Kilometer im Mobility-Auto (Mittelklassewagen Kategorie C) sind über 2000 Franken teurer als mit dem eigenen Auto.
- Auch für Leute, die partout immer das Auto, aber nie Bus und Bahn benutzen wollen, heisst es: Hände weg vom Carsharing!
- Das Gleiche gilt für all jene, die zu jeder Zeit spontan ins Auto steigen wollen. Carsharer müssen jede noch so kurze Fahrt mindestens eine Stunde vorher planen.
- Ungeeignet ist Mobility auch für jene Leute, die schlechten Anschluss an den öffentlichen Verkehr haben. Das ist vor allem in ländlichen Gebieten der Fall. Attraktiv ist Carsharing deshalb vor allem in Städten und Agglomerationen.
- Auch für Berufspendler fällt Carsharing - wegen der Mischrechnung aus Kilometer- und Stundentarif - ausser Betracht.
- Und auf längeren Reisen wird Carsharing aufgrund des Stundentarifs schnell zu teuer. Eine unter Umständen günstigere Alternative ist hier eine Automiete bei Hertz: Die Mobility-Mitglieder erhalten hier einen Rabatt von 30 Prozent. Mobility-Geschäftsführer Rainer Langendorf stellt klar: «Wir sind ein Spezialist für die Kurzzeitmiete. Ab drei Tagen ist ein normaler Autovermieter häufig günstiger.»