Eine Schande für die «reiche» Schweiz
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K-Tipp 10/2001
23.05.2001
Der K-Tipp hat vor zwei Monaten bei 9 Grossverteilern 40 Artikel gekauft und dabei immer das billigste Angebot gewählt - unabhängig von Marke und Qualität. Bei diesem Preisvergleich hatte Denner die Nase vorne.
Viele von Ihnen hat das verärgert. Es gehe doch nicht an, so unkritisch einzukaufen und dabei die Qualität der Produkte ausser Acht zu lassen, hiess es unisono in den Leserbriefen. Man müsse beim Einkaufen auch schauen, unter welchen Bedingungen diese Billigwaren herg...
Der K-Tipp hat vor zwei Monaten bei 9 Grossverteilern 40 Artikel gekauft und dabei immer das billigste Angebot gewählt - unabhängig von Marke und Qualität. Bei diesem Preisvergleich hatte Denner die Nase vorne.
Viele von Ihnen hat das verärgert. Es gehe doch nicht an, so unkritisch einzukaufen und dabei die Qualität der Produkte ausser Acht zu lassen, hiess es unisono in den Leserbriefen. Man müsse beim Einkaufen auch schauen, unter welchen Bedingungen diese Billigwaren hergestellt und vertrieben werden, sind etliche Leserinnen und Leser überzeugt.
Das finden wir vom K-Tipp grundsätzlich auch. Aber es gibt Menschen, die sich diese kritische und noble Haltung schlicht nicht leisten können. Die Schweiz ist zwar gemäss internationalen Statistiken eines der reichsten Länder der Welt, wir haben immer mehr Millionäre - und dennoch ist Armut bei uns weit verbreitet. Rund 250000 Erwerbstätige verdienen in der Schweiz so wenig, dass sie und ihre Familien am Rande des Existenzminimums leben. Trotz 100-Prozent-Pensum. Sie sind bei Betrieben angestellt, die sich um das Wohlergehen der Angestellten foutieren und sie mit einem Hungerlohn abspeisen. Ab Seite 8 können Sie im Detail lesen, welche der von uns angefragten Firmen Löhne unter 3000 Franken zahlen.
Ich frage mich: Können wir es den so genannten Working Poor verargen, dass Sie beim Einkaufen nur auf den Preis achten und nicht nach der Herkunft fragen?
Ich meine Nein, denn sie haben meist keine Wahl. Die Arbeitgeber hingegen haben es in der Hand. Sie könnten ihre soziale Verantwortung wahrnehmen und anständige Löhne zahlen. Dann könnte Ethik beim Einkaufen auch für die Menschen auf der untersten Einkommensskala wieder ein Thema werden.