Elektrosmog im Haushalt
Elektrosmog entsteht nicht nur durch die Mobilfunkstrahlen. Auch im Haushalt erzeugen elektrische Geräte magnetische Felder. Baubiologen raten: Geräte entfernen - oder zumindest Abstand halten.
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K-Tipp 4/2006
22.02.2006
Otto Hostettler - otto.hostettler@ktipp.ch
Der Fall geht unter die Haut: Dennis* war acht Jahre alt, sein Immunsystem schlechter als das eines alten Mannes. Eine Erkältung folgte der anderen, vereiterte Stirnhöhlen und juckende Hautausschläge. Er konnte sich kaum konzentrieren, war immer nervös, zappelig, überdreht - und entsprechend schlecht in der Schule.
Und zu Hause? Dennis' Matratze lag direkt auf dem Boden, darunter eine elektrische Fussbodenheizung. Die Feldstärke betrug 4000 Nanotesla. Als der Heizungskreisla...
Der Fall geht unter die Haut: Dennis* war acht Jahre alt, sein Immunsystem schlechter als das eines alten Mannes. Eine Erkältung folgte der anderen, vereiterte Stirnhöhlen und juckende Hautausschläge. Er konnte sich kaum konzentrieren, war immer nervös, zappelig, überdreht - und entsprechend schlecht in der Schule.
Und zu Hause? Dennis' Matratze lag direkt auf dem Boden, darunter eine elektrische Fussbodenheizung. Die Feldstärke betrug 4000 Nanotesla. Als der Heizungskreislauf vom Hauptverteiler getrennt wurde, sank die Belastung auf 50 Nanotesla. Zwei Jahre später war Dennis praktisch beschwerdefrei, das Immunsystem hatte sich erholt.
Baubiologen wie Wolfgang Maes beklagen seit Jahren die fortschreitende Verbreitung von Elektrosmog im Haushalt. Dabei spielen nicht nur kabellose Telefone und über Funk verbundene Computer eine wichtige Rolle, sondern auch die in jedem Haushalt vorhandenen, mit Strom betriebenen Apparate, wie Kochherd, Mikrowellenofen, Kaffeemaschine und Fernseher.
Sobald nämlich Installationen, Leitungen, Geräte, Motoren oder Transformatoren in Betrieb sind, entstehen magnetische Wechselfelder. Haarföhne, Rasierapparate, Staubsauger, aber auch Bohrmaschinen erzeugen zum Beispiel ähnlich hohe Werte wie eine Hochspannungsleitung. Immerhin: Man hält sich nicht während Stunden in unmittelbarer Nähe solcher Geräte auf.
Extrem hohe Werte bei Radioweckern
Alarm schlagen Baubiologen aber vor allem wegen jener feldstarken Geräte, in deren nächster Nähe sich Menschen während Stunden aufhalten. Ein netzbetriebener Wecker zum Beispiel steht womöglich keine 30 Zentimeter vom Körper entfernt auf dem Nachttisch. Und dann werden schnell mal mehr als 2250 Nanotesla gemessen.
Dieser Wert ist rund doppelt so hoch wie der Anlagegrenzwert für den Bau einer Hochspannungsleitung oder Trafostation. An einem Ort mit empfindlicher Nutzung (wie Schulen, Spitäler und Wohnungen) dürfen Magnetfelder höchstens 1000 Nanotesla aufweisen. Und die internationale Norm für Computerbildschirme - 200 Nanotesla - überschreiten Radiowecker bei weitem.
Noch stärker als bei Radioweckern ist die Feldstärke bei elektrischen Fussbodenheizungen. Das magnetische Feld beträgt bei einem Abstand von 6 Zentimetern bis zu 3800 Nanotesla.
Einen Überblick über Haushaltsgeräte und ihre Magnetfelder hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) veröffentlicht. Das Thema aufgegriffen hat jüngst auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu) mit einer Broschüre zum Thema Elektrosmog (siehe auch Tabelle). Doch weder BAG noch Bafu publizieren darin die Werte für jene Geräte, vor denen beide Amtsstellen explizit warnen: Babyphone, Heizdecken und Verlängerungskabel.
Kein Verlängerungskabel unterm Bett
Das Bafu hält in der Elektrosmog-Publikation fest: «Die elektrischen Geräte zur Überwachung von Säuglingen und Kleinkindern sollten mindestens 2 Meter von deren Bett platziert werden.» Das BAG spricht allgemein von «beachtlichen magnetischen Feldstärken», verfügt aber wie das Bafu über keine genauen Angaben (siehe auch Test im K-Tipp 20/2004).
Die beiden Amtsstellen verbreiten bisweilen sogar widersprüchliche Angaben: «Verlegen Sie unter dem Bett keine Verlängerungskabel», warnt das Bundesamt für Umwelt und bestätigt damit Baubiologen, die schon lange auf diese Magnetfelder aufmerksam machen. Das BAG verharmlost dagegen in einer Stellungnahme: «Die Magnetfelder von Verlängerungskabeln sind uns nicht bekannt, und wir kennen auch keine entsprechenden Literaturangaben.»
*Fall aus: «Stress durch Strom und Strahlung», Wolfgang Maes (baubiologie.de)
So verhindern Sie Magnetfelder
- Verbannen Sie Geräte, die am Strom hängen, aus dem Schlafzimmer - vor allem Halogen-Nachttischlampen und Radiowecker. Schaffen Sie stromfreie Bereiche.
- Halten Sie 1 bis 2 Meter Abstand zu Strom führenden Leitungen und Geräten wie Sicherungskästen, TV, HiFi-Anlagen, Büro- und Küchengeräten usw. (auch in und hinter Wänden).
- Kaufen Sie keine Leuchtstoffröhren, Niedervoltbeleuchtungen und Dimmer oder verwenden Sie Kabelschalter oder Steckdosenleisten.
- Verzichten Sie auf elektrische Fussbodenheizungen, elektrische Heizdecken, Heizkissen usw., elektrisch verstellbare Betten und beheizte Wasserbetten.
- Kaufen Sie strahlungsarme Computermonitore (TCO-Norm).
- Achten Sie auf 100 bis 200 Meter Abstand zu Hochspannungsleitungen und etwa 100 Meter zu Bahnstromanlagen.
- Wehren Sie sich gegen Transformatorenhäuschen, die an Ihrem Haus «kleben» oder im Haus selber untergebracht sind.
Wie sie entstehen, was sie bewirken
Magnetische Wechselfelder entstehen durch in Leitungen, Installationen und Geräten fliessenden Wechselstrom. Bei der im Alltag dominierenden Frequenz von 50 Hertz spricht man von niederfrequenten Feldern.
Magnetische Wechselfelder sind ebenso problematisch wie elektrische. Letztere entstehen durch die Spannung in Installationen, verkabelten Wänden, Leitungen, Geräten usw. (auch wenn kein Strom fliesst).
Gemessen wird die Feldstärke der magnetischen Felder in Tesla bzw. Nanotesla (nT). 1000 Nanotesla entsprechen 1 Mikrotesla. Einen eigentlichen Anlagegrenzwert für Haushaltsgeräte gibt es nicht.
Für neue Hochspannungsleitungen und Trafostationen gilt an Orten mit empfindlicher Nutzung - wie Schulen und Spitäler - ein Anlagegrenzwert von 1000 nT. Schweden empfiehlt beim Neubau von Kindergärten in der Nähe von Hochspannungsleitungen den Grenzwert von 200 nT.
Der internationale Grenzwert für Computermonitore (TCO) beträgt ebenfalls 200 nT. Der strengere baubiologische Richtwert für Schlafzimmer liegt bei 20 nT. Zahlreiche internationale Studien belegen schon seit Jahren einen Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und gesundheitlichen Problemen - bis hin zu Krebserkrankungen. Sogar das Bundesamt für Gesundheit hielt trotz aller Zurückhaltung fest: «Niederfrequente Magnetfelder sind möglicherweise krebserregend.»
(ohs)
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