Fehler im Minutentakt
Als der Patient reklamierte, senkte der Arzt seine Rechnung prompt um 41 Prozent. Er hatte zu viele Minuten in Rechnung gestellt.
Inhalt
K-Tipp 06/2011
20.03.2011
Letzte Aktualisierung:
22.03.2011
Ernst Meierhofer
Es brauchte nur einen kurzen Telefonanruf. Peter Schmid (Name geändert) aus dem Kanton Aargau rief bei seinem Arzt an und beschwerte sich über die Höhe seiner Rechnung.
Diskussionslos forderte ihn der Doktor auf, die Rechnung wegzuschmeissen, er erhalte eine neue. Das Total der ersten Rechnung hatte Fr. 114.35 betragen. Beim zweiten Mal stellte Schmids Arzt nur noch Fr. 66.90 in Rechnung.
Zu lange Konsultation verrechnet
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Es brauchte nur einen kurzen Telefonanruf. Peter Schmid (Name geändert) aus dem Kanton Aargau rief bei seinem Arzt an und beschwerte sich über die Höhe seiner Rechnung.
Diskussionslos forderte ihn der Doktor auf, die Rechnung wegzuschmeissen, er erhalte eine neue. Das Total der ersten Rechnung hatte Fr. 114.35 betragen. Beim zweiten Mal stellte Schmids Arzt nur noch Fr. 66.90 in Rechnung.
Zu lange Konsultation verrechnet
Peter Schmid war nur ganz kurz – höchstens fünf Minuten – in der Praxis gewesen, um Antibiotika zu holen. Deshalb wunderte er sich, dass der Arzt beim ersten Anlauf insgesamt 15 Minuten verrechnet hatte.
Und zwar für eine «Konsultation, erste 5 Min.», dann noch eine «Konsultation, jede weitere 5 Min.» und schliesslich noch eine «Konsultation, letzte 5 Min.». Bei der zweiten, tieferen Rechnung war die Konsultationstaxe nur noch einmal aufgeführt, also nur noch für 5 Minuten.
Das Beispiel zeigt: Es kann sich lohnen, Arztrechnungen genau anzuschauen. Konkret sollte man auf folgende Punkte achten:
- Stimmt das Datum der Konsultation?
- Entsprechen die jeweiligen 5-Minuten-Zeiteinheiten der tatsächlichen Konsultationsdauer? Gemäss dem Krankenkas-senverband Santésuisse kommt es haufig vor, dass zu viel Konsultationszeit verrechnet wird.
- Wurden die Untersuchungen gemacht, die auf der Rechnung aufgeführt sind?
- Wurden die Medikamente, die aufgeführt sind, in der angegebenen Packungsgrösse und Dosierung abgegeben?
- Wurde der Notfalltarif verrechnet? Eine Konsultation so zu verrechnen, ist nur zulässig, wenn sich der Arzt laut Tarmed «sofort, verzugslos» um Sie gekümmert hat. Er darf Sie also nicht zuerst ins Wartezimmer schicken, und er muss sogar die Behandlung eines anderen Patienten abbrechen.
«Tarifziffern» geben genau Auskunft
Wer einen Internetanschluss zur Verfügung hat, kann auf www.tarmedsuisse.ch jede einzelne der aufgeführten Positionen aufrufen. In der Arztrechnung sind diese Positionen als «Tarifziffern» bezeichnet.
Dort können Sie nachlesen, wie genau die einzelnen Tarifziffern definiert sind. Und es steht auch, welche Positionen der Arzt nicht miteinander kumulieren darf.
Noch ein paar weitere Tipps zum Thema:
- Achten Sie darauf, dass Sie immer eine Kopie der Arztrechnung erhalten, falls der Arzt mit Ihrer Krankenkasse direkt abrechnet.
- Machen Sie Ihre Krankenkasse darauf aufmerksam, wenn Ihnen eine Rechnung zu hoch erscheint. In vielen Fällen können auch versierte Spezialisten Fehler nur erkennen, wenn sie dazu Angaben des Patienten haben.
- Auch die Patientenstellen überprüfen auf Wunsch Arztrechnungen.
- Bei Unklarheiten sollten Sie allerdings immer zuerst den Arzt konsultieren. Dabei gilt: Solche Reklamationen darf der Arzt nicht als Behandlungstermin verrechnen.
- War die Behandlung des Arztes erfolglos, müssen Sie seine Rechnung trotzdem zahlen.
Natürlich lohnt es sich, auch Spitalrechnungen unter die Lupe zu nehmen – insbesondere punkto Dauer des Aufenthalts im Spital.
Für 90 Minuten eine Tagespauschale
Da kann es aber Überraschungen geben, wie Carla Graf aus Bern erfahren musste. Sie war schwanger und hatte in der Nacht überraschend Wehen. Deshalb ging sie in die Berner Klinik Engeried, wo sie für die Geburt angemeldet war.
Dort wurde sie aber als Risikopatientin eingestuft und schon nach rund 90 Minuten ans Berner Inselspital weiterverwiesen. Ohne dass sie einen Arzt gesehen hatte. Dafür durfte die Engeried-Klinik gemäss den Verträgen mit den Krankenversicherern eine volle Tagespauschale von 1878 Franken verlangen.
Dennoch: Gemäss Angaben der Krankenversicherer birgt die konsequente Kontrolle aller eingereichten Rechnungen ein riesiges Sparpotenzial. Bei jeder der grossen Kassen sind es zwischen 100 und 400 Millionen Franken pro Jahr.