Geschmacklose Früchtchen
Fad und fasrig, trocken und zäh: Bei einer K-Tipp-Degustation hat keine Clementine rundum überzeugt. Von 18 Stichproben waren 2 ungeniessbar.
Inhalt
K-Tipp 20/2005
30.11.2005
Vera Sohmer - vera.sohmer@ktipp.ch
Enttäuschte Gesichter beim Clementinen-Testessen mit den Experten Walter Keller und Luciano Marinello sowie drei Laien. Einhellige Meinung: Die Früchte schmecken nicht mehr so gut wie früher.
Bei den meisten Stichproben vermisste das Testteam das Wichtigste, nämlich den Geschmack. «Langweilig und fade, nichtssagend und allenfalls durchschnittlich», lauteten die Urteile. Früchte- und-Gemüse-Händler Luciano Marinello machte hier und da sogar einen unnatürlichen und artfrem...
Enttäuschte Gesichter beim Clementinen-Testessen mit den Experten Walter Keller und Luciano Marinello sowie drei Laien. Einhellige Meinung: Die Früchte schmecken nicht mehr so gut wie früher.
Bei den meisten Stichproben vermisste das Testteam das Wichtigste, nämlich den Geschmack. «Langweilig und fade, nichtssagend und allenfalls durchschnittlich», lauteten die Urteile. Früchte- und-Gemüse-Händler Luciano Marinello machte hier und da sogar einen unnatürlichen und artfremden Beigeschmack aus. Und einige Proben fand er katastrophal, weil die Früchte nicht mehr frisch und daher vertrocknet und zäh waren. «Grossverteiler beziehen die Ware für alle Filialen meist von einem Lager. Dort bleiben grosse Mengen manchmal zu lange liegen», bemängelt er.
Auch den Frucht- und-Gemüse-Grosshändler Keller aus Zürich vermochte kaum eine Mandarine oder Clementine richtig zu überzeugen. Eines der Hauptprobleme: Kunden verlangen die Zitrusfrüchte zu früh. Viele werden gepflückt, noch bevor sie reif sind. Die Ernte kommt in Wärmeräume und wird im Eiltempo nachgereift. Und dieses Turbo-Verfahren geht auf Kosten des Geschmacks: «Solche Früchte werden nie so gut schmecken wie jene, die am Baum reif wurden», bedauert Keller. Marinello rät: Mandarinen und Clementinen, die kernlosen Verwandten, von Anfang Dezember bis Ende Februar kaufen. Dann ist mit ordentlicher Qualität zu rechnen.
Experten setzen auf italienische Früchte
Das Gros der Mandarinen und Clementinen wird aus Spanien importiert. «Massenproduktion, der es oft an Qualität fehlt», weiss Marinello. Er und Keller schwören deshalb auf Früchte aus Italien. Die italienischen Clementinen von Manor schnitten bei der Degustation denn auch am besten ab (siehe Tabelle), allerdings auch nur mit einer Gesamtnote 4,7. «Ausgewogenes Aroma, angenehm im Biss», lauteten die Urteile. Eine andere Probe von Manor hingegen fasste die schlechteste Note: alte und überlagerte Ware, so die Kritik der Experten. Ebenfalls ungenügend waren die «harten, ledrigen und zähen» Clementinen von Denner aus Weinfelden.
Beide Anbieter zeigten sich überrascht über die miserablen Ergebnisse, räumten aber gleichzeitig ein, dass die Früchte manchmal aus Versehen über die vorgesehene Verkaufsdauer hinaus liegen bleiben. «Das mindert natürlich die Qualität», heisst es bei Denner. In einem solchen Fall werde die Ware aber anstandslos ausgetauscht.
Doch: Die Denner-Früchte bleiben im Regal. «Wir konnten keine Qualitätsminderung feststellen und gehen davon aus, dass es sich um einen Ausreisser handelte», lautet die Begründung. Manor hat seine Verkaufsstellen aufgefordert, die Früchte zu degustieren und sie - falls notwendig - an den Lieferanten zurückzuschicken.
Darauf sollten Sie beim Kauf achten:
- Kleinere Früchte den grossen vorziehen.
- Ein Hohlraum zwischen Schale und Frucht («Lampion») deutet darauf hin, dass die Ware zu lange gelagert wurde und nicht mehr frisch ist.
- Auf den Stielansatz achten: Ist er grünlich, sind die Früchte frisch, ist er bräunlich oder fehlt er ganz, handelt es sich um ältere Ware.
- Eine Clementine mit Blatt garantiert, dass die Frucht am Baum reifte. Haftet das Blatt noch fest am Stiel, ist das ein Zeichen von Frische. Früchte, die mit Blatt und Zweig gepflückt werden, sind jedoch teurer, weil sie handverlesen werden.
Mitarbeit: Annik Ott