Glasnost bei den Alternativen
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K-Tipp 8/2001
25.04.2001
Transparenz Kunden der Alternativen Bank ABS wissen genau, wohin ihr Geld geht
Wer hat von der Alternativen Bank ABS wie viel Kredit erhalten? Neugierige finden alle Namen in einem Verzeichnis.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Was haben die Basler SP-Nationalrätin Anita Fetz und der Tages-Anzeiger-Karikaturist Felix Schaad gemeinsam? Und was verbindet die beiden mit dem Biobauer Daniel Schläpfer aus Eptingen BL und dem Frauen-Kurszentrum Mont...
Transparenz Kunden der Alternativen Bank ABS wissen genau, wohin ihr Geld geht
Wer hat von der Alternativen Bank ABS wie viel Kredit erhalten? Neugierige finden alle Namen in einem Verzeichnis.
Ernst Meierhofer emeierhofer@ktipp.ch
Was haben die Basler SP-Nationalrätin Anita Fetz und der Tages-Anzeiger-Karikaturist Felix Schaad gemeinsam? Und was verbindet die beiden mit dem Biobauer Daniel Schläpfer aus Eptingen BL und dem Frauen-Kurszentrum Monte Vuala in Walenstadtberg SG?
Sie alle haben bei der Alternativen Bank ABS Geld aufgenommen. Karikaturist Schaad etwa hat eine Hypothek über 450 000 Franken, und zwar für ein Haus in der «Ökosiedlung am Chräbsbach» in Winterthur.
Solche Details stehen in einer Liste, welche die ABS regelmässig veröffentlicht. Auch in der bankeigenen Zeitschrift Moneta sowie im Internet (www.abs.ch) finden sich Namen von Kreditnehmern.
Dass die ABS Namen und weitere Details ihrer Kreditnehmer veröffentlicht, ist aus ihrer Sicht folgerichtig. Die ABS ist gemäss Selbstdeklaration eine «ökologisch und sozial orientierte Spezialbank», die «nach aussen Kredittransparenz» bieten will.
Motto: Wer der ABS seinen Spargroschen anvertraut, soll wissen, was die Bank mit dem anvertrauten Geld macht.
So finanziert sich die alternative Schweiz
Neugierige können im Detail studieren, welche Institutionen und Privatpersonen wie viel Geld ausgeliehen haben: Die Rudolf-Steiner-Schule in Wil SG zum Beispiel hat 3,9 Millionen Franken erhalten, die Berner Mundart-Rockband Züri West und die Sozialdemokratische Partei der Schweiz je 100000, eine Ablaugerei in Rafz ZH «mit hohen ökologischen Standards» 4,7 Millionen, die Konsumentenzeitschrift Saldo sowie eine Alpacazucht in Termen VS je eine halbe Million Franken.
Für «soziale und ökologische Anlagen» sei die ABS «die erste Adresse in der Schweiz», heisst es. So ist es nicht verwunderlich, dass sich die Liste der Kreditnehmer liest wie ein Verzeichnis der alternativen Schweiz: Vertreten sind Wohnbaugenossenschaften, Kleinkraftwerke, Bio-Bauern und -Läden, Beratungsangebote speziell für Frauen, selbstverwaltete Betriebe und verschiedene Formen sozialen Wohnens.
Kreditnehmer sind mit der Publikation einverstanden
Kunden der ABS waschen mit Held (Fr. 50000.-), lesen die WoZ (Fr. 100000.-) und Bücher aus dem linken Rio-Verlag (Fr. 165000.-), für Kurieraufträge beauftragen sie die Genossenschaft Veloblitz (Fr. 40000.-), sie trinken «Unser Bier» aus Basel (Fr. 116000.-) oder Zürcher Turbinen-Bräu (Fr. 360000.-), verreisen mit Zugvogel-Reisen (Fr. 42000.-), verhüten mit Produkten aus der Condomeria (Fr. 100000.-), gebären im Frauenambulatorium (Fr. 80000.-) und ziehen ihre Kinder mit Holle Baby Food (Fr. 100000.-) gross. Und bei juristischen Problemen lassen sie sich von der Alternativen Anwaltskanzlei in Luzern vertreten (Fr. 100000.-).
Die Betroffenen wissen, dass die ABS ihre Namen veröffentlicht. In den Kreditverträgen erklären sie sich einverstanden, «dass die ABS über diese Hypothek berichten darf».
Für Kosmas Tsiraktsopulos, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, geht das in Ordnung: «Weil die Kundschaft informiert ist und eine schriftliche Zustimmung vorliegt, kann die Bank diese Daten veröffentlichen.»
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10 Jahre alternative bank - «Die Alternative im Land der Gnomen»
Die Alternative Bank ABS hat den Betrieb im Oktober 1990 aufgenommen; Ende 2000 hatte sie 16 400 Kundinnen und Kunden sowie 609 Kreditnehmerinnen und -nehmer.
ABS-Kunden erhalten für ihre Sparbatzen marktübliche Zinsen - ausser bei Förder-Kassenobligationen, bei denen die Kundinnen und Kunden freiwillig tiefere Zinsen in Kauf nehmen. Die Gebühren für Bankdienstleistungen sind vergleichsweise hoch.
Käufer von ökologischen Eigenheimen erhalten Hypotheken zu den üblichen Konditionen (oder etwas günstiger); für sozial oder ökologisch ausgerichtete Betriebe und Projekte gibt es Förderkredite, die günstiger sind als die Angebote der «normalen» Banken.
Die ABS (Motto: «Die Alternative im Land der Gnomen») ist nicht gewinnmaximierend. Aktionäre erhalten nur eine kleine Dividende, die fürs letzte Jahr 1 Prozent betrug.