Gratis aus dem Autoleasing aussteigen
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K-Tipp 15/2002
18.09.2002
Wer ein Auto least, kann den Vertrag alle drei Monate kündigen, ohne dass er etwas nachzahlen muss. Die Rechtsschutzversicherung Winterthur-Arag wusste das nicht - und beriet einen Kunden schlecht.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Das ist wie Weihnachten», freuen sich Marion und Mark Hawkins aus Gais AR. Und auch Doris Hoefler aus Zofingen AG ist «total happy».
Die Glücklichen haben nicht etwa im Lotto gewonnen, sondern ihrer Autoleasinggesellsch...
Wer ein Auto least, kann den Vertrag alle drei Monate kündigen, ohne dass er etwas nachzahlen muss. Die Rechtsschutzversicherung Winterthur-Arag wusste das nicht - und beriet einen Kunden schlecht.
Thomas Müller tmueller@ktipp.ch
Das ist wie Weihnachten», freuen sich Marion und Mark Hawkins aus Gais AR. Und auch Doris Hoefler aus Zofingen AG ist «total happy».
Die Glücklichen haben nicht etwa im Lotto gewonnen, sondern ihrer Autoleasinggesellschaft die Stirn geboten - und damit 3800 respektive 7400 Franken gespart.
Die Vorgeschichte ist in beiden Fällen die übliche: Der Kunde steigt vorzeitig aus dem Leasingvertrag aus, worauf die Leasinggesellschaft eine happige Nachforderung schickt.
So verlangte die GE Capital Bank von Doris Hoefler zusätzlich zu den bereits bezahlten Leasingraten 8700 Franken, weil die Kundin den Nissan Primera nach zwei statt den vereinbarten fünf Jahren zurückgegeben hatte.
Mark Hawkins, der den Leasingvertrag über einen Opel Zafira ebenfalls vorzeitig gekündigt hatte, sollte der GMAC Financial Services, der Leasingfirma von General Motors, 2800 Franken nachzahlen. «Andernfalls», so GMAC, «werden wir gezwungen sein, rechtliche Schritte gegen Sie in die Wege zu leiten.»
Nachzahlungsklauseln sind nicht gültig
Beide Leasinggesellschaften beriefen sich auf ihre Allgemeinen Vertragsbedingungen, in denen sie sich selber erlauben, bei einem vorzeitigen Ausstieg des Kunden die Leasingraten nachträglich zu erhöhen. Bloss: Solche Klauseln sind gar nicht gültig.
«Artikel 266k des Obligationenrechts erlaubt dem privaten Leasingnehmer, ohne Nachzahlung aus dem Vertrag auszusteigen», stellt der Berner Fürsprecher Konrad Rothenbühler klar. «Dies haben verschiedene kantonale Gerichte bestätigt.» Das Bundesgericht habe sich mit dieser Frage noch nie befasst.
Leasingkunden müssen daher laut Rothenbühler nur für Mehrkilometer und übermässige Abnützung aufkommen, mehr nicht. Deshalb lautet sein Tipp: «Hartnäckig bleiben!»
Wie weit man mit Beharrlichkeit kommt, zeigt das Beispiel von Doris Hoefler. Ausgerüstet mit Argumenten des K-Tipp-Beratungsdienstes korrespondierte sie drei Monate lang mit der GE Capital Bank.
Und siehe da: Die Leasinggesellschaft senkte ihre Forderung erst von 8700 auf 4000, dann auf 2300 und schliesslich auf 1300 Franken. Dieser Betrag entspricht den Reparaturkosten des Autos abzüglich Kaution.
«Ich fühlte mich wie auf einem arabischen Basar», erinnert sich Hoefler. Sie ist nicht die Einzige: Die GE Capital Bank war schon früher dadurch aufgefallen, dass sie überrissene Forderungen stellt, die sie später nach Gutdünken reduziert.
Die Bank begründet ihr Entgegenkommen im Fall Hoefler damit, dass die Kundin damals ohne Anstellung gewesen sei und für den Wagen ein guter Verkaufspreis erzielt werden konnte.
Nicht nur gegen seine Leasinggesellschaft, sondern auch gegen seine Rechtsschutzversicherung musste Mark Hawkins ankämpfen. Denn statt sich für ihren Kunden einzusetzen, schrieb ihm die Winterthur-Arag: «Wir empfehlen Ihnen, die Schlussabrechnung der Leasinggesellschaft zu akzeptieren.»
Unterschrieben war der Brief von einer «Sachbearbeiterin im Rechtsdienst» der Filiale St. Gallen.
Es komme bei der Winterthur-Arag durchaus vor, dass auch Nicht-Juristen Leasingfälle bearbeiten, bestätigt Adrian Bryner, Leiter der Rechtsdienste. Diese Sachbearbeiter würden aber von einem Juristen oder einer Juristin betreut.
Alle anderen Schweizer Rechtsschutzversicherungen teilten dem K-Tipp mit, dass sich bei ihnen ausschliesslich Juristen um Leasingfälle kümmern.
Zum Glück hat die Familie Hawkins nicht nur eine Rechtsschutzversicherung, sondern auch ein Abo des K-Tipp. Dessen Beratungsdienst half der Winterthur-Arag mit zwei kantonalen Gerichtsentscheiden auf die Sprünge.
«Diese Entscheide waren bei unserem Rechtsdienst in St. Gallen nicht bekannt», räumt Adrian Bryner ein. «Es kann nicht vorausgesetzt werden, dass jeder Rechtsschutzjurist Urteile kennt, die nicht in Fachzeitschriften publiziert wurden.»
Rechtsschutzjuristen sollten Urteile kennen
Da ist Fürsprecher Rothenbühler anderer Meinung: «Alle Konsumenten-Zeitschriften haben in den letzten Jahren mehrmals über die vorzeitige Auflösung von Leasingverträgen berichtet. Das dürfte eigentlich an jemandem, der sich beruflich mit Konsumentenrecht befasst, nicht spurlos vorbeigehen.»
Wie dem auch sei: Die verspätete Intervention der Winterthur-Arag bei der Leasingfirma von Mark Hawkins zeigte Wirkung. Die GMAC verzichtete postwendend auf ihre Forderung - und zahlte ihrem Kunden Mark Hawkins sogar noch die Kaution von 1000 Franken zurück.
Leasing: So sichern Sie sich ab
Als Leasingnehmer sollten Sie Folgendes beachten:
- Holen Sie mehrere Offerten ein. Vergleichen Sie nicht nur die Leasingraten, sondern auch die Vertragsdauer. Es gilt nämlich: Je niedriger die Rate, desto länger die Dauer. Der K-Tipp empfiehlt, keine Verträge mit einer Laufzeit von mehr als vier Jahren abzuschliessen.
- Manche Garagisten suggerieren, dass der Wagen nach Ablauf des Vertrages Ihnen gehöre. Das stimmt nicht. Sie müssen das Auto zurückgeben und haben kein Recht, es zu kaufen.
- Wenn Sie das Auto erwerben wollen, kann die Leasinggesellschaft die Bedingungen diktieren. In der Regel verlangt sie nach Vertragsablauf den vollen Eurotax-Occasionspreis.
- Bedenken Sie, dass zur monatlichen Leasingrate weitere Kosten kommen: Reparatur, Service, Benzin, Pneus, Steuern sowie die Prämien für die vertraglich vorgeschriebene Vollkasko-Versicherung. Je nach Fahrzeuggrösse sind das pro Monat nochmals zwischen 600 und 1400 Franken.
- Achten Sie darauf, dass die in der Leasingrate inbegriffenen Fahrkilometer (zum Beispiel 12 000 Kilometer im Jahr) Ihnen reichen. Mehrkilometer kosten meist zwischen 20 und 50 Rappen.
- Verlangen Sie, dass Ihre Kaution verzinst wird.
- Bestehen Sie darauf, dass der Garagist alle mündlichen Zusicherungen im Vertrag festhält.
- Nur unterschreiben, wenn Sie den Vertrag in Ruhe gelesen und alle Bedingungen verstanden haben.
- Schliessen Sie eine Rechtsschutzversicherung ab. Sie kostet zwischen 70 und 200 Franken pro Jahr.
- Falls Sie aus dem Vertrag aussteigen wollen, schicken Sie der Leasinggesellschaft - und nicht dem Garagisten - eine eingeschriebene Kündigung. Einen Musterbrief finden Sie unter www.ktipp.ch (Button «Gratis-Service»).
- Laut Gesetz können Sie nur auf das Ende des dritten, sechsten, neunten usw. Monats seit Vertragsbeginn kündigen. Die meisten Leasingverträge erlauben aber eine Kündigung auf jedes Monatsende. Halten Sie eine Kündigungsfrist von 30 Tagen ein.
- Achtung: Wer das Leasingfahrzeug geschäftlich nutzt, kann nicht entschädigungslos aussteigen.
- Das Rückgabeprotokoll nur unterschreiben, wenn es korrekt ausgefüllt ist.
- Zahlen Sie nur für Schäden, die auf übermässige Abnützung zurückzuführen sind.
- Prüfen Sie die Abrechnung der Leasinggesellschaft genau. Grundsätzlich schulden Sie nur noch die Monatsraten bis zum Kündigungstermin sowie allfällige Kosten für Mehrkilometer und Schäden, die Sie verursacht haben. Ihre Kaution muss die Leasingfirma abziehen.
- Achtung: Ab nächstem Jahr gilt für Leasingverträge das neue Konsumkreditgesetz. Leasingkunden können dann nicht mehr entschädigungslos aus dem Vertrag aussteigen. Auf bereits laufende Verträge und solche, die noch bis Ende Jahr abgeschlossen werden, ist aber laut dem Juristen Felix Schöbi vom Bundesamt für Justiz «weiterhin das bisherige Recht anwendbar».
Nicht jeder Schadenfall landet beim Juristen
Dürfen Kunden einer Rechtsschutzversicherung davon ausgehen, dass ihr Fall von einem Juristen behandelt wird? Nicht unbedingt.
«Der Kunde will einen Juristen und hat Anspruch auf einen Juristen», sagt Rolf Günter, Chef des Rechtsschutzversicherers Protekta. Deshalb beschäftige seine Gesellschaft im Schadendienst keine Sachbearbeiter ohne juristische Ausbildung.
Das gleiche Credo gilt auch bei Juridica und Orion. «Wir wollen bei der Leistungserbringung etwas bieten», begründet Orion-Betriebsleiter Martin Sigrist die kundenfreundliche Praxis.
CAP und Fortuna geben an, dass bei ihren Schadendiensten im Hintergrund auch Nicht-Juristen arbeiten; Ansprechpartner für die Kunden seien aber ausschliesslich Juristen.
Bei den übrigen Versicherungen haben auch geschulte Sachbearbeiter Kundenkontakt. Sie befassen sich - meist unter Aufsicht eines Juristen - mit kleineren Fällen, vor allem aus dem Strassenverkehr.
Eine Ausnahme macht die Winterthur-Arag. Bei ihr kümmern sich Sachbearbeiter auch um juristisch heikle Leasingfälle.
Der Anteil der Sachbearbeiter mit Kundenkontakt beträgt bei DAS rund ein Zehntel, bei Coop Rechtsschutz ein Viertel, bei Assista und Winterthur-Arag je ein Drittel.
Für Adrian Bryner, Leiter Rechtsdienste bei der Winterthur-Arag, ist der relativ hohe Anteil Nicht-Juristen kein Problem: «Ein erfahrener Sachbearbeiter steht einem jungen Juristen in nichts nach.» Das sieht Protekta-Chef Rolf Günter nicht ganz so: «In einem Streitfall ist die Gegenpartei häufig eher kompromissbereit, wenn die Post von einem Juristen unterschrieben ist.»
Übrigens: Auch bei den Beratungsdiensten von K-Tipp und Saldo arbeiten nur Juristinnen und Juristen.