Haarfarben: Nach wie vor mit Allergierisiko
Wenns auf dem Kopf juckt, kann es an der künstlichen Haarfarbe liegen. Die meisten Colorationen enthalten Substanzen, die über kurz oder lang Allergien auslösen können.
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K-Tipp 14/2010
05.09.2010
Letzte Aktualisierung:
07.09.2010
Gertrud Rall
Avocado-Öl, Honigwaben, grüner Bambus: Glaubt man der Werbung, dann sind Haarfärbemittel so harmlos wie Milch und Honig. Erst im Kleingedruckten der Verpackungen erfährt man die ganze Wahrheit: Haar-Colorationen enthalten Wirkstoffe, die die Gesundheit gefährden können.
Zwar wurde ein lange bestehender Krebsverdacht wissenschaftlich bis heute nicht belegt. «Ein Krebsrisiko durch Haarfärbemittel besteht nicht», sagt Professor Andr...
Avocado-Öl, Honigwaben, grüner Bambus: Glaubt man der Werbung, dann sind Haarfärbemittel so harmlos wie Milch und Honig. Erst im Kleingedruckten der Verpackungen erfährt man die ganze Wahrheit: Haar-Colorationen enthalten Wirkstoffe, die die Gesundheit gefährden können.
Zwar wurde ein lange bestehender Krebsverdacht wissenschaftlich bis heute nicht belegt. «Ein Krebsrisiko durch Haarfärbemittel besteht nicht», sagt Professor Andreas Hensel, Präsident des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung. Forschungsbedarf bestehe aber punkto Allergien durch Haarfärbemittel, so Hensel.
Besonders kritisch sind die aromatischen Amine. Sie gelten als stark sensibilisierend und können – selbst nach jahrelanger scheinbar problemloser Anwendung – heftige Allergien auslösen. Dazu Urs Hauri, Chemiker im Kantonslabor Basel: «Man kann sich die Haare nicht ständig färben, wenn man nicht das Risiko von Allergien eingehen will.»
Eine Tatsache, die Colorations-Hersteller keineswegs verhehlen. Denn: Laut Gesetz sind sie dazu verpflichtet, alle Verpackungen mit einem entsprechenden Warnhinweis zu versehen. Der Konsument ist somit offiziell über das Risiko informiert. Dennoch sollte man erwarten dürfen, dass der Einsatz aggressiver Mittel allmählich zurückgeht – im Interesse des Konsumenten.
Gut: Rot-Ton von Schwarzkopf
Um herauszufinden, ob dies der Fall ist, liess der K-Tipp 18 dauerhafte Colorationen (Stufe III) auf kritische Inhaltsstoffe untersuchen: Je sechs braune und blonde, drei schwarze und drei rote Färbeprodukte (Details siehe unten). Die meisten Colorationen sind bei den Grossverteilern und in Drogerien erhältlich.
Resultate: Wie bereits im letzten K-Tipp-Test (Ausgabe 7/2007) weisen fast alle Mittel allergieauslösende Chemikalien auf. Einzig das Schwarzkopf-Produkt «Brillance» in Kaschmir-Rot kommt ganz ohne diese Stoffe aus und schneidet deswegen mit «gut» ab.
Am meisten Substanzen mit erhöhtem Allergiepotenzial enthalten nach wie vor schwarze und dunkelbraune Farbtöne. Deswegen gab es für fast alle die Note «ungenügend». Ausserdem: Selbst das als besonders allergen geltende p-Phenylendiamin findet sich erneut in einer der Blond-Färbungen.
Mit den Testergebnissen konfrontiert berufen sich die Hersteller L’Oréal und Schwarzkopf darauf, dass sie das Gesetz einhalten. Migros-Sprecherin Olivia Luginbühl verweist ausserdem auf eine zurzeit laufende Prüfung der Haarfarbstoffe durch die EU. Bis Ende 2010 soll ein wissenschaftlicher Ausschuss klären, welche Haarfarben tatsächlich unbedenklich sind und diese in einer Positivliste zusammenfassen.
Nachdem am 1. Dezember 2006 bereits 22 Haarfärbemittel in der EU vom Markt genommen wurden, stehen jetzt 115 Haarfarbstoffe auf dem Prüfstein. Die Hersteller müssen für jede verwendete Substanz einen Unbedenklichkeitsnachweis erbringen. Aufgrund dieser «Sicherheitsdossiers» wird entschieden, ob eine Substanz verboten wird oder nicht.
Bis sich an den Rezepturen der Haarfärbemittel aber tatsächlich etwas geändert hat, ist es ein langer Weg. Gegenwärtig ist der Gesetzgeber dabei, die Kosmetikverordnung an die bestehende EU-Gesetzgebung anzupassen.
Laut Kurt Lüthi vom Bundesamt für Gesundheit wird es ab voraussichtlich November 2010 eine überarbeitete Version der Kosmetikverordnung geben – mit zum Teil gesenkten Höchstmengen der umstrittenen Stoffe. Zudem werden die Warnhinweise verschärft.
Allerdings: Die Hersteller haben ab Veröffentlichung der neuen Verordnung ein Jahr Zeit, ihre Rezepturen umzustellen. Erst nach weiteren zwei Jahren müssen sie die verbesserten Produkte auf den Markt bringen.
Haarfarben: Diese Stoffe wurden gefunden
Die deutschen Labors CTL Bielefeld und Eurofins in Hamburg analysierten für den K-Tipp 18 dauerhafte Haar-Colorationen (Stufe III) auf heikle Stoffe.
Die Prüflabore fanden in den getesteten Produkten folgende Substanzen:
- 2,5-Toluylendiaminsulfat: stark allergieauslösend.
- Resorcin: durchdringt die Hautbarriere, kann Allergien auslösen.
- 2-Methylresorcin: durchdringt die Hautbarriere, kann Allergien auslösen.
- m- und p-Aminophenol: kann Allergien auslösen.
- p-Phenylendiamin: hoch allergen, stark sensibilisierend.
- Wasserstoffperoxid: hautreizend, sollte nicht mit Schleimhäuten in Kontakt kommen.
- Ammoniak: giftig beim Einatmen. Wirkt ätzend auf Augen, Atmungssystem und Haut. Bei über 2 Prozent Anteil muss ein Warnhinweis «enthält Ammoniak» auf die Verpackung.
Die zulässigen Höchstmengen eines Inhaltsstoffes sind in der Kosmetikverordnung festgelegt. Nicht zuletzt weil sie gegenwärtig noch relativ hoch angesetzt sind, werden sie von keinem der getesteten Haarfärbemittel überschritten.