Hart an die Promillegrenze
Bisher galt: Wer fährt, trinkt nicht. Neu genügt offenbar bereits: Wer fährt, trinkt nur ein bisschen.
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K-Tipp 20/2004
01.12.2004
Gery Schwager - gschwager@ktipp.ch
Wer sich hinters Steuer setzt, darf ab 1. Januar 2005 maximal 0,5 Promille Alkohol im Blut haben. Das hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeinsam mit dem Wirteverband Gastrosuisse auf die Idee gebracht, eine Promilletabelle unters Volk zu bringen.
Mehr als drei Millionen Stück werden derzeit verteilt. Die Tabelle soll laut BAG den «verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol fördern».
Tut sie das wirklich? Verkehrsmedizinerin Munira Haag vom Institut für Rech...
Wer sich hinters Steuer setzt, darf ab 1. Januar 2005 maximal 0,5 Promille Alkohol im Blut haben. Das hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gemeinsam mit dem Wirteverband Gastrosuisse auf die Idee gebracht, eine Promilletabelle unters Volk zu bringen.
Mehr als drei Millionen Stück werden derzeit verteilt. Die Tabelle soll laut BAG den «verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol fördern».
Tut sie das wirklich? Verkehrsmedizinerin Munira Haag vom Institut für Rechtsmedizin der Uni Zürich weist auf eine Gefahr solcher Tabellen hin: «Sie können Fahrzeuglenker dazu verführen, sich an die Limite des Erlaubten zu trinken, statt völlig auf Alkohol zu verzichten.»
Und das ist problematisch. Nach Angaben der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) lassen bereits bei 0,2 Promille Sehleistung, Konzentration, Urteils- und Reaktionsvermögen nach.
Abgesehen davon: Die in der BAG-Tabelle aufgeführten Promillewerte stützen sich einzig auf Geschlecht und Gewicht - unterscheiden aber zum Beispiel nicht, ob jemand auf leeren oder vollen Magen trinkt.
Leider, denn: In einem für den Kassensturz durchgeführten Test hat das Zürcher Labor Medica bei praktisch gleich schweren Personen desselben Geschlechts total unterschiedliche Promillewerte gemessen. Die Testpersonen hatten zwar gleich viel, aber nicht gleich schnell und die einen überdies ohne Mahlzeit getrunken. Doch das BAG verteidigt die Tabelle: Es werde ja festgehalten, dass es sich nur um Richtwerte handle. Und dass man nüchtern am sichersten fahre, sei ebenfalls aufgedruckt.
Stimmt. Allerdings reichlich unauffällig.
Harte Zeiten für Alkoholsünder
Am 1. Januar 2005 treten neben der Senkung der Promillegrenze weitere neue Vorschriften in Kraft:
- Die Polizei kann Lenker auch ohne Verdacht ins Röhrchen blasen lassen.
- Bei Werten zwischen 0,5 und 0,79 Promille drohen Busse (max. Fr. 5000.-) und/oder Haftstrafe (max. 3 Monate) sowie Führerscheinentzug, sofern der fahrerische Leumund bereits getrübt ist. Akzeptiert der Lenker das Resultat der Atemkontrolle, gibts keine Blutprobe.
- Wer mit mehr als 0,79 Promille erwischt wird, bekommt eine Busse (max. Fr. 40 000.-) und/oder Gefängnis (max. 3 Jahre). Der Führerschein ist für mindestens 3 Monate weg. Eine Blutprobe gibts auf jeden Fall.