In den Kühlschrank statt ins Nest
Inhalt
K-Tipp 6/2001
28.03.2001
Verderbliche Ostereier Für gekochte Eier gibts keine Vorschrift für das Lagern und Datieren
Aufgepasst bei Ostereiern: Im Innern können sich Keime rasant vermehren, wenn die Eier ungekühlt im Verkaufsregal oder wochenlang im Osternest liegen bleiben.
Pia Seiler pseiler@ktipp.ch
Schweizerinnen und Schweizer greifen bei Ostereiern eifrig zu: Rund 25 Millionen gekochte Eier gehen jeweils um die Osterzeit über den Ladentisch. Ohne die grellpastellen...
Verderbliche Ostereier Für gekochte Eier gibts keine Vorschrift für das Lagern und Datieren
Aufgepasst bei Ostereiern: Im Innern können sich Keime rasant vermehren, wenn die Eier ungekühlt im Verkaufsregal oder wochenlang im Osternest liegen bleiben.
Pia Seiler pseiler@ktipp.ch
Schweizerinnen und Schweizer greifen bei Ostereiern eifrig zu: Rund 25 Millionen gekochte Eier gehen jeweils um die Osterzeit über den Ladentisch. Ohne die grellpastellene Pracht zu zerschlagen, geht es nicht - man merkt also erst zu Hause, ob das Ei einwandfrei ist.
Der K-Tipp machte Mitte März in 18 Läden in Bern, Luzern und Zürich die Probe aufs Exempel. Das Resultat: 16 Eier-Proben wiesen kaum Verderbnisbakterien auf.
Einen Ausreisser fand der K-Tipp in der Migros Worb bei Bern: Die Gesamtkeimzahl betrug 60 Millionen Keime pro Gramm - 600-mal mehr als der Toleranzwert. «Das ist eine massive Überschreitung», kommentiert Urs Müller, Kantonschemiker in Bern, und beanstandet: «Wert stark vermindert.»
Der K-Tipp liess die Eierschachtel aus Worb einen Tag nach Ablauf des aufgedruckten Datums «zu verkaufen bis» testen. Die Schalen der sechs Eier waren in tadellosem Zustand. Und beim Schälen der Eier wies nichts darauf hin, dass sich Verderbnisbakterien im Innern bereits millionenfach vermehrt hatten.
Verdorbene Eier schon vor dem Verbrauchsdatum
Laut Etikette wären die ungekühlt gelagerten Ostereier noch neun weitere Tage «mindestens haltbar» gewesen. «Spätestens dann aber hätte der Genuss der Eier zu Erbrechen und Durchfall geführt», sagt Günter Schnell, Chef des Prüflabors Qualis in Rubigen BE.
In einer weiteren Eierschachtel aus der Migros Winkelried in Bern fand das Labor 19 000 Keime pro Gramm - soweit kein Problem: Der Toleranzwert beträgt 100 000 Keime. «Doch je näher das Verbrauchsdatum rückt, desto belasteter sind auch diese Eier», sagt Günter Schnell. Diesmal wären die Eier noch 17 weitere Tage «mindestens haltbar» gewesen.
Labor-Chef Schnell weiss, wovon er spricht: Letztes Jahr prüfte er in zwei Serien hartgesottene Eier am Verfalldatum. Schnell fand vor allem bei Eiern, die bei Raumtemperatur gelagert waren, zu hohe Keimzahlen.
Erstaunlich aber: Das Kühlen von gekochten Eiern ist in der Lebensmittelverordnung nicht vorgeschrieben - im Gegensatz zu rohen Eiern. Der K-Tipp fand denn auch in zehn Geschäften Eier in ungekühlten Gestellen und nur in acht im Frigo.
Nicht einmal das Datieren der Eier ist fix geregelt. Bei Migros und Coop gilt: Nach dem Kochen und Färben verstreichen 20 Tage bis zum Verkaufsdatum, 10 weitere Tage bis zum Verbrauchsdatum.
Migros will die «Kühlfrage prüfen»
Peter Diethelm, Migros-Marketingleiter Eier und Käse, glaubt nicht, dass bei der verdorbenen Probe der Migros Worb ein Kühlproblem vorlag. Der K-Tipp habe «einen Einzelfall» erwischt.
Die Migros verkaufe pro Jahr rund 30 Millionen gekochte Eier und erhalte «nur sehr wenige» Beanstandungen. «Trotzdem werden wir die Kühlfrage prüfen und in einer umfassenden Untersuchung beurteilen», verspricht Diethelm. Tatsache ist: Die Eischale ist porös. Feuchtigkeit und Mikro-Organismen können eindringen. Dieser Prozess wird erst durch die industrielle Färbung gestoppt - Lacke und Pigmente versiegeln die Oberfläche.
Eier erst kurz vor Ostern kochen und färben
Heikel ist deshalb die Phase nach dem Kochen bis zum Färben, wenn die Eier abgeschreckt und gereinigt werden. Eierfärber brauchen dafür manchmal entkalktes Wasser, das keimanfällig ist. Peter Diethelm von der Migros bestätigt: Eine von fünf Anlagen verwendet entkalktes Wasser. «Wenn Eier dann noch bei Raumtemperatur gelagert werden, können sich die eingedrungenen Keime sehr schnell vermehren», so Labor-Chef Günter Schnell.
Das gilt auch für Eier, die zu Hause gekocht und gefärbt werden. Kommt hinzu, dass natürliche Farben das Ei nicht versiegeln. Die Schale bleibt weiterhin porös und lässt Verderbnisbakterien durch. Kantonschemiker Urs Müller: «Ein Ei zwei Wochen im Osternest liegen lassen - das geht nicht. Zumal Eiweiss relativ schnell verdirbt.»
Urs Müller rät, die Eier möglichst kurz vor Ostern zu färben und innert Tagen zu essen. Und: «Sollen sie länger gelagert werden, dann nur im Kühlschrank.»
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Stichproben
Der K-Tipp hat Ostereier aus 18 Läden in Zürich, Luzern und Bern auf die Gesamtkeimzahl testen lassen.
In der Probe aus der Migros Worb BE (Bild) fand das Labor 60 Millionen Keime pro Gramm - 600-mal mehr als der Toleranzwert. In der Probe aus der Migros Winkelried Bern fand das Labor 19 000 Keime pro Gramm. In folgenden Geschäften waren die Eier einwandfrei: Bern: Chäslade Bahnhof; Loeb; Chäsi Worb; Pick Pay Bremgarten; Coop Schönbühl. Luzern: Primo Maihofstrasse; Coop Löwencenter; Globus; Migros Sonnenplatz Emmenbrücke; Manor Shopping Center Emmen. Zürich: Huber Hottingerplatz; Coop Engimärt; Migros Enge; Volg Wangen bei Dübendorf; Coop Oberuster; Globus Glattzentrum.