Inserate-Verträge unter Gewerbetreibenden - Rücktrittsrecht für Gewerbler?
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K-Tipp 11/2001
06.06.2001
Neulich erschien ein aufsässiger Inserate-Verkäufer einer Werbefirma in unserem Betrieb und wollte mir Anzeigen für ein Telefonverzeichnis verkaufen. Ich liess mich erweichen und unterschrieb, weil ich in Eile war. Als ich am nächsten Tag den Vertrag und das klein Gedruckte in aller Ruhe studierte, sah ich, dass ich die Inserate für meine Firma gleich für drei Jahre gebucht hatte. Zudem sei ein Rücktritt vom Vertrag nur gegen Zahlung von Schadenersatz möglich. Habe ich als Kleinunternehm...
Neulich erschien ein aufsässiger Inserate-Verkäufer einer Werbefirma in unserem Betrieb und wollte mir Anzeigen für ein Telefonverzeichnis verkaufen. Ich liess mich erweichen und unterschrieb, weil ich in Eile war. Als ich am nächsten Tag den Vertrag und das klein Gedruckte in aller Ruhe studierte, sah ich, dass ich die Inserate für meine Firma gleich für drei Jahre gebucht hatte. Zudem sei ein Rücktritt vom Vertrag nur gegen Zahlung von Schadenersatz möglich. Habe ich als Kleinunternehmer dennoch eine Möglichkeit, kostenlos von diesem Vertrag zurückzutreten?
Nein. Es gilt der Grundsatz «Verträge sind einzuhalten». Wer einen Vertrag unterschrieben hat, ist grundsätzlich daran gebunden.
Das gilt auch für «gewöhnliche» Konsumenten. Im Gesetz sind nur wenige Ausnahmen vorgesehen, so etwa das siebentägige Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften. Diese Schutzbestimmungen gelten aber nur für Private und nicht für Gewerbetreibende.
Beim vorliegenden Vertrag handelt es sich um einen Insertionsvertrag. Die Werbefirma lässt Anzeigen in Zeitungen oder in Spezialpublikationen erscheinen, und die Firma, die so für sich werben lässt, muss dafür zahlen. In der Regel geht es dabei um Firmeneinträge in Telefonverzeichnissen, Werbung auf Orts- oder Stadtplänen, auf Tischsets oder in Spezialpublikationen.
Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt es sich dabei um einen Werkvertrag.
Konsequenz: Betroffene Firmeninhaber können zwar von einem solchen Insertionsvertrag zurücktreten. Die Werbefirma kann aber im Gegenzug «volle Schadloshaltung» verlangen.
Das heisst: Die Werbefirma kann den ganzen ursprünglich vereinbarten Preis (also auch den einkalkulierten Gewinn) verlangen, allerdings abzüglich der Arbeiten, die sie wegen Ihres vorzeitigen Rücktritts vom Vertrag nicht erledigen muss.
Deshalb der Tipp an Gewerbetreibende: Unterschreiben Sie keine Verträge, bei denen der Verkäufer zur Eile drängt; verlangen Sie Bedenkzeit.
Immer wieder beklagen sich Opfer, die Verkäufer hätten sie beim Gespräch unter Druck gesetzt und zur Eile gedrängt. Stellen Sie den Vertreter augenblicklich vor die Türe, wenn Sie merken, dass er Ihre Unterschrift sofort will.
(dw)