Jährlich gehen 460 Mill ionen am Fiskus vorbei
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K-Tipp 3/2002
06.02.2002
Lohn-Nebenleistungen: Wer sie verschweigt, wird bestraft - sofern das Steueramt davon Wind bekommt
Bezahlte Privatreisen, ein Gratis-Abo für den Fitness-Klub: Lohn-Nebenleistungen sind beim Kader beliebt. Allmählich interessieren sich auch die Steuerämter dafür.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Der Empfängerkreis ist grösser, als man denkt: Nicht nur Top-Manager erhalten heutzutage von ihrem Arbeitgeber so genannte Fringe-Benefits als Gehaltserg...
Lohn-Nebenleistungen: Wer sie verschweigt, wird bestraft - sofern das Steueramt davon Wind bekommt
Bezahlte Privatreisen, ein Gratis-Abo für den Fitness-Klub: Lohn-Nebenleistungen sind beim Kader beliebt. Allmählich interessieren sich auch die Steuerämter dafür.
Gery Schwager gschwager@ktipp.ch
Der Empfängerkreis ist grösser, als man denkt: Nicht nur Top-Manager erhalten heutzutage von ihrem Arbeitgeber so genannte Fringe-Benefits als Gehaltsergänzung, auch ganz normale Angestellte gehören in wachsender Zahl zu den solcherart Beglückten.
Allerdings bezeichnet der Begriff in der Chefetage nicht unbedingt dasselbe wie im Grossraumbüro. Kaderleute dürfen unter Fringe-Benefits Annehmlichkeiten wie Flugmeilen-Gutscheine, eine kostengünstige, aber gleichwohl standesgemässe Wohngelegenheit und ein privat benutzbarer Geschäftswagen verstehen. Bei gewöhnlichem Personal hingegen meint man damit eher Lunch-Checks, ein vergünstigtes Bahn-Abo oder das Angebot, Produkte der eigenen Firma billiger zu kaufen.
Gemeinsam aber ist all diesen Lohn-Nebenleistungen: Sie sind nicht steuerfrei und müssen aus dem Lohnausweis hervorgehen. Da lassen die Steuergesetze von Bund und Kantonen keine Zweifel aufkommen.
Kantone drücken manchmal ein Auge zu
Trotzdem entgehen dem Fiskus in der Schweiz jährlich rund 460 Millionen Franken wegen nicht versteuerter Fringe-Benefits, wie der Rechtsanwalt und diplomierte Steuerexperte Philip Funk schätzt. Funk, Mitautor eines Fachbuchs zum Thema*, verweist darauf, dass eben «das Ziel einer steuerrechtlichen Optimierung oft den Hauptgrund für die Entrichtung von Gehaltsnebenleistungen bildet». Im Klartext: Man will Steuern sparen. Und dies, obwohl der Spielraum eigentlich klar begrenzt ist.
Tatsächlich zeigt eine K-Tipp-Umfrage bei den Steuerbehörden von 14 Deutschschweizer Kantonen: Eine Limite, bis zu der Fringe-Benefits steuerfrei bleiben, gibts nur selten.
- GL und LU drücken bei Naturalleistungen bis 500 Franken, SO bei solchen bis 2000 Franken pro Jahr ein Auge zu und erheben keine Steuern.
- BL, BS, OW, SH, SZ und UR halten fest, dass Fringe-Benefits eigentlich stets steuerbar seien, man «bei kleinen Nebenleistungen aber kein Büro» aufmache, wie es Benjamin Pidoux vom Rechtsdienst der Baselbieter Steuerverwaltung formuliert.
- AG, AR, SG, TG und ZH geben an, prinzipiell keine Steuerfrei-Limite für Fringe-Benefits zu kennen.
Die Grosszügigkeit der Behörden kennt also Grenzen. Auch die Rechtsgrundlagen bezüglich Fringe-Benefits sind nicht schwammig. Wenn es trotzdem zu stattlichen Steuerausfällen kommt, dann wohl deshalb, weil «das Problem im Erkennen solcher Leistungen liegt», wie die Thurgauer Steuerverwaltung schreibt.
Es komme halt vor, dass eigentlich zu versteuernde Nebenleistungen auf dem Lohnausweis nicht aufgeführt seien, erklärt auch Pidoux. Arbeitgeber würden vorgeben, sie hätten angenommen, dass man zum Beispiel zwei Wochen Gratisferien im Gästehaus der Firma auf dem Lohnausweis des begünstigten Mitarbeiters nicht deklarieren müsse.
Profitieren können primär Angestellte auf Kaderstufe, deren Lohn-Nebenleistungen steuerlich meist ziemlich ins Gewicht fallen würden. «Gerade Top-Kader aber wüssten in der Regel sehr wohl, dass sie ihre Fringe-Benefits versteuern müssten», ist Pidoux überzeugt.
Pauschalspesen: Kein Gewohnheitsrecht
Tun sie dies nicht, bleibts oft im Dunkeln. «Ein Programm zur Erfassung von Fringe-Benefits kennen wir nicht», sagt etwa Hansruedi Buob, stellvertretender Vorsteher der Luzerner Steuerverwaltung. Ungemütlich wirds für Kader am ehesten dann, wenn die Behörde im Zuge einer Steuerprüfung bei der Firma auf Ausgaben stösst, die sich eigentlich im Lohnausweis finden müssten, dort aber fehlen.
Doch das scheint nicht häufig vorzukommen: Man kenne keine Mitarbeiter, die wegen Fringe-Benefits Probleme mit Steuerbehörden erhalten hätten, sagt Susanne Flückiger, Pressesprecherin bei ABB Schweiz. Ähnlich tönts auch aus den Zentralen von Credit Suisse, Coop, Swisscom, Sunrise und Swiss Re. Gleichzeitig attestieren die meisten Firmen den Steuerämtern ein wachsendes Interesse und eine strengere Praxis in dieser Sache.
Punkto Pauschalspesen, die meist leitendem Personal vorbehalten sind, trifft das sicher zu. Mitarbeiter, die solche Spesen abziehen und sich nicht auf ein behördlich genehmigtes Spesenreglement ihrer Firma stützen können, müssen heute mit Fragen des Steueramts rechnen. Ohne Belege «wird ein Teil der Spesen zum Einkommen geschlagen», so Benjamin Pidoux.
Falls seine Pauschalspesen hingegen den Segen der Steuerverwaltung erhalten, darf ein leitender Angestellter diese meist auch in den kommenden Jahren abziehen, «sofern sich an seinen Arbeitsverhältnissen nichts ändert», wie Hansruedi Buob erläutert. Allerdings machen diverse kantonale Steuerämter klar, dass daraus kein Gewohnheitsrecht abzuleiten ist: Eine Überprüfung der Pauschalspesen bleibt stets möglich.
Die Busse variiert je nach Verschulden
Und was passiert, wenn die Behörde einem Steuerpflichtigen nicht deklarierte Fringe-Benefits nachweisen kann? Dann kommts zu einem Nach- und Strafsteuerverfahren. Die Busse variiert in den meisten Kantonen je nach Höhe der Deliktsumme und Grad des Verschuldens zwischen 33 und 300 Prozent des hinterzogenen Betrags.
Zudem klopft häufig auch die AHV-Ausgleichskasse an, um die Beiträge auf dem bislang verschwiegenen Einkommen nachzufordern. Von den 14 Kantonen der K-Tipp-Umfrage geben AG, GL, OW, SG, SH, SO, SZ, UR und ZH an, bei einem Nachsteuerverfahren die AHV in der Regel zu informieren.
*Erich Bosshard und Philip Funk, «Steueroptimierte Gehaltsnebenleistungen», Cosmos Verlag, Muri/Bern 2000, ISBN 3-85621-150-0, Fr. 54.-
FRINGE-BENEFITS - Die meisten Lohn-Nebenleistungen müssen versteuert werden
Sämtliche Gehalts-Nebenleistungen sind im Lohnausweis aufzurechnen und zu versteuern. «Dieser Grundsatz gilt indessen nicht uneingeschränkt», sagt der diplomierte Steuerexperte Philip Funk. Seinen Angaben zufolge gilt konkret:
- Privat benutzbarer Geschäftswagen: Ist auf dem Lohnausweis anzugeben, damit die Behörde im Einschätzungsverfahren einen Privatanteil ermitteln und zum steuerpflichtigen Salär addieren kann.
- Naturalleistungen: Sind zum Marktwert in den Bruttolohn zu integrieren.
- Verbilligte Waren oder Dienstleistungen: Sind grundsätzlich im Umfang der bezogenen Vergünstigung zum steuerpflichtigen Salär zu addieren. In der Praxis akzeptieren die Behörden hier allerdings oft einen gewissen steuerfreien Anteil. Eine Verkäuferin zum Beispiel, die auf Einkäufe im «eigenen» Laden 10 Prozent Rabatt erhält, wird dafür vom Steueramt kaum zur Kasse gebeten.
- Flugmeilen-Gutschriften: Dürfen nur dann privat und steuerfrei verwendet werden, wenn eine geschäftliche Nutzung nicht mehr möglich ist; andernfalls sind sie bei Privatgebrauch zum Marktwert ans steuerpflichtige Salär anzurechnen.
- Versicherungsbeiträge: Sind in der Regel in den Bruttolohn zu integrieren.
- Bezahlte Wohnungsmiete, Umzugskosten, Schulgelder: Sind zum steuerpflichtigen Salär zu addieren.
- Vergünstigte Mitarbeiteraktien: Die Differenz zwischen Verkehrs- und Abgabewert ist bei frei veräusserbaren Mitarbeiteraktien als Einkommen voll zu versteuern; bei gebundenen Aktien (mit maximal zehnjähriger Sperrfrist) verringert sich die zu versteuernde Differenz jedes Jahr um einen bestimmten Prozentsatz (Diskontierung).